SoZ - Sozialistische Zeitung |
Am 11.Oktober trafen sich in Caracas Wissenschaftler aus Lateinamerika, Asien, den USA und einigen
Ländern Europas (Deutschland war nicht darunter), um über die Folgen der Weltwirtschaftskrise für die Länder des
Südens zu diskutieren.
Anfänglichen Hoffnungen, Lateinamerika werde von der Krise
nur am Rande betroffen sein, erteilten sie ein Abfuhr; sie erwarten einen anhaltenden Rückgang des Außenhandels auf
diesem Kontinent, eine schwere Rezession sowie infolge der Finanzkrise Kapitalflucht, Währungskrisen und starke
Ungleichgewichte auf den Finanzmärkten.
Weder im neuen Staatsinterventionismus, wie er sich in den
milliardenschweren Rettungspaketen zeigt, noch in der damit in Gang gesetzten weiteren Ankurbelung der öffentlichen
Verschuldung sehen sie einen Ausweg aus der Krise.
"In einem so kritischen Augenblick muss die nationale und
regionale Politik die Priorität auf die sozialen Ausgaben und den Schutz der natürlichen und produktiven Ressourcen legen.
Die Staaten müssen dringend die Finanzen regulieren, um die Ersparnisse zu schützen, die Fortsetzung der Produktion zu
ermöglichen und umgehend Kontrollen über den Außenhandel und die Kapitalbewegungen verhängen.”
Es muss verhindert werden, dass die Länder und Bevölkerungsschichten bestraft werden, die am wenigsten geschützt
sind.
Die Wissenschaftler fordern neue multilaterale Institutionen, um die
Anarchie der Spekulation einzudämmen.
— Die Staaten werden aufgefordert, umgehend das gesamte
Bankensystem unter ihre Kontrolle zu stellen, Verstaatlichung muss ohne Entschädigung erfolgen; die Banken sollen daran
gehindert werden, ihr Guthaben ins Ausland zu transferieren und die Einlagen, die sie erhalten, nicht als Kredite weiterzugeben. Alle
Offshore-Banken sollen trocken gelegt werden.
Besonderen Nachdruck legen die Wissenschaftler darauf, dass die
Bücher der Banken offen gelegt werden; die Bankenaufsicht muss verschärft werden, die Banken sind der Öffentlichkeit
rechenschaftspflichtig; ausländische Einlagen dürfen einen bestimmten Anteil an den einheimischen Anlagen nicht
überschreiten. Die Staaten müssen sich die Kosten der Rettungspakete von den Bankeignern zurückholen.
— Um zu verhindern, dass die Staaten Lateinamerikas in eine
„Konkurrenz um die Abwertung ihrer Währungen” getrieben werden, schlagen die Wissenschaftler eine koordinierte
Politik ihrer Zentralbanken vor, z.B. ein lateinamerikanisches Währungsabkommen, bei dem die Länder des Kontinents sich
vorzugsweise gegenseitig mit Liquidität unterstützen und sich vor den Folgen der Dollarkrise abschirmen. Die Kontrolle der
Wechselkurse soll verschärft werden.
Gleichfalls schlagen sie die Bildung einer Bank des Südens als
Alternative zum IWF vor. Diese Bank soll absichern, dass ökonomische Mikroaktivitäten ausreichend mit Krediten versorgt
werden und dass der einheimische produktive Apparat gestärkt wird. Ökologische und soziale Kriterien sollen dafür
ausschlaggebend sein.
Die Bedienung der Auslandsschulden soll ausgesetzt werden, um die
Ressourcen der Länder des Südens zu schonen.
— Die Wissenschaftler schlagen auch einen Regionalen
Notfallfond vor; damit soll das Recht der Bevölkerung auf Nahrungsmittel- und Energiesouveränität unterstützt
werden — d.h. deren Kontrolle erforderlichenfalls den Konzernen entzogen werden — und es sollen die MigrantInnen
unterstützt werden, die im Ausland arbeiten und ihre Ersparnisse in ihre Heimatländer transferieren. Die Haushalte der Staaten
müssen in erster Linie dazu dienen, Jobsicherheit und ein garantiertes Einkommen zu schaffen sowie enie öffentliche
Daseinsvorsorge aufzubauen.
Preiskontrollen sollen der Inflation entegegen wirken.
— Die Wissenschaftler rufen dazu auf, dass die Staaten
Lateinamerikas dem Beispiel Boliviens und Venezuelas folgen, sich aus dem IWF und aus der Weltbank zurückziehen und eine
eigene Finanzarchitektur aufbauen.
Eine zweite Internationale Konferenz über Politische
Ökonomie ist für das erste Quartal 2009 geplant.
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