SoZ - Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, März 2009, Seite 04

Trauer

für Eisenbahnfreunde

von Rolf Euler

Zwei schlechte Nachrichten für Eisenbahnfreunde gab es in der ersten Februarwoche: Märklin ist pleite und Mehdorn (immer noch) nicht zurückgetreten.
Nun ist ein elitärer Vitrinenlokschuppen, gefüllt mit detailgetreuem fahrenden Material, nur schlecht in Kinderhände zu bringen — die frühere Märklinkundschaft orientierte sich auf anderes Spielzeug, und die Eisenbahnenthusiasten werden unter anderem durch die Geschäftspolitik der Deutschen Bahn auch immer weniger. Möglicherweise haben die ständigen Preiserhöhungen fürs Bahnfahren auch etwas mit der Pleite bei Märklin zu tun?
Aber da sind ja auch die Finanzinvestoren, die zuerst auf Kostensenkungen setzen, und denen die Interessen von Märklin-Getreuen und Beschäftigten weitgehend egal sind, solange der Cash-Flow stimmt.
So ähnlich wie bei der großen Bahn. Und dort dann ein Datenskandal ohne Ende, der zu Anfang als „normale Überprüfung wegen Korruptionsverdacht” hingestellt wird. Mehrfache Datensammlung bei allen Beschäftigten, Abgleiche von Verbindungsdaten, und das bei einer externen Prüffirma — und ein unfähiger Verkehrsminister auf Kontrollposten. Der Skandal bei der Bahn — wie vorher bei Telekom und Lidl — zeigt vor allem, dass da, wo riesige Datenberge anfallen, auch die Begehrlichkeiten wachsen. Und dass bei Privatunternehmen, noch weniger als bei der öffentlichen Hand, keine Bremsen eingebaut sind. Geheime Dienste wirken bei beiden. Information der Betroffenen oder der Öffentlichkeit nur nach massivem Druck. Beschönigungen jederzeit.
Arbeitnehmerschutzrechte sind nicht nur nicht mit der Ausweitung der Möglichkeiten der Informationstechnologien mitgekommen, sie werden durch sie auch massiv beeinträchtigt. Neue Gesetze werden von der Lobby abgeblockt. Eine Kontrolle durch Betriebsräte und betriebliche Datenschutzbeauftragte? Eine Kontrolle durch die öffentlichen Datenschützer? Es fehlt an Personal, Information und Aufklärung, und auf der anderen Seite des Tisches ganz offensichtlich an Unrechtsbewusstsein.
Natürlich muss Mehdorn gehen — aber auch ohne ihn steht die Notwendigkeit der Sicherung der persönlichen Daten und einer grundlegenden Änderung der gesamten Bahnpolitik — damit die Interessen der Reisenden und der Beschäftigten zur Geltung kommen.
Und für die Märklin- Beschäftigten (und die Kunden) könnte vielleicht das Beispiel der besetzten und weiterproduzierenden Fahrradfabrik in Thüringen eine Lösung sein?
Man wartet dringend auf gute Nachrichten auf dem Eisenbahnsektor!


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