SoZ - Sozialistische Zeitung |
Für die in Hamburg lebende Leyla Oktay scheinen bessere
Zeiten heraufzuziehen. Die Vorfreude über die Reise in die Türkei zur Hochzeit ihrer
Tochter hat die dunklen Schatten der Trauer seit dem Tod ihres Mannes vertrieben. Und dann
erscheint auf einmal Issa Karpow an ihrer Tür, ein elendig und verstört aussehender
junger Mann, den sie in den Haushalt trotz des anfänglichen Widerstands ihres Sohnes
Melik aufnimmt. Nach einiger Zeit ist auch der aufstrebende Hamburger Jungboxer fasziniert von
dem gläubigen Flüchtling aus Tschetschenien, der nichts anderes will, als Medizin zu
studieren. Es gibt aber auch noch ein Erbe anzutreten, weshalb die Juristin und Mitarbeiterin
des Fluchthafens Annabel Richter das Bankhaus Brue Freres aufsucht. Der Vater des jetzigen
Inhabers hatte vor Zeiten als Geldwäscher fungiert und es gibt da noch ein geheimes
„Lipizzaner"-Konto, auf das Issa Karpow Ansprüche hat. Was keiner von ihnen
auch nur ahnt: Seit Issas Auftauchen am Hamburger Hauptbahnhof sind sie im Visier diverser
konkurrierender deutscher Geheimdienste, die seit den Anschlägen von 9/11 in paranoider
Wachsamkeit alle zu verdächtigenden Personen auf mögliche Verbindungen zu
islamischen Terrorzellen durchleuchten oder nach aussichtsreichen V-Männern suchen. Und
dann gibt es noch die US-amerikanischen Dienste, die seit den New Yorker Anschlägen
völlig enthemmt operieren dürfen.
Bis auf das abrupte Finale
kommt John Le Carrés Roman Marionetten ohne die heutzutage üblichen Actionszenen und
Blutorgien aus. Richtig verstörend aber mag es auf unvorbereitete Leser wirken, dass Le
Carré, seit er den klassischen Spionageroman hinter sich gelassen hat, sich die
herrschenden Kreise der westlichen Gesellschaften vornimmt und ihre wirtschaftliche,
politische und geheimdienstliche Brutalität offen demaskiert, ohne — wie in diesem
Buch — auch zumindest gleichwertig gegen den islamisch begründeten Terrorismus
Stellung zu beziehen. Was er mit Der ewige Gärtner, Absolute Freunde und Geheime Melodie
begonnen hat, wird in Marionetten konsequent fortgeführt: Der Siegeszug des Kapitalismus
nach 1989 hat eben nicht mehr Freiheit, Demokratie und Wohlstand für alle gebracht.
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