SoZ - Sozialistische Zeitung |
Hermann Dierkes, OB-Kandidat der LINKEN: „Wir müssen mutig die Wahrheit
verbreiten. Wir dürfen es nicht länger zulassen, dass im Namen des Holocaust und mit
Unterstützung der Bundesregierung derart schwere Menschrechtsverbrechen begangen und
geduldet werden. Jede und jeder kann z.B. durch den Boykott von israelischen Waren dazu
beitragen, dass der Druck für eine andere Politik verstärkt wird. Während des
furchtbaren Angriffs der israelischen Armee auf den Gaza-Streifen haben die norwegischen und
griechischen Gewerkschaften mit ihrer Weigerung, israelische Schiffe zu laden, gezeigt, was
möglich ist."
Natürlich weiß ich, wo der Spruch herkommt: „Deutsche, kauft nicht bei Juden”, sagte Dierkes, in Anlehnung an die Tatsache, dass Terror und Massenmord an Deutschen jüdischen Glaubens vom Nazi-Regime einst mit einem Boykott eingeleitet wurden: „Klar bekommt so eine Geschichte leicht einen Beigeschmack.”
Bereits gestern sagten deutsche Teilnehmer und Mit-Organisatoren des Gipfels gegenüber der WAZ, dass es in der Erklärung [des WSF] keinen Aufruf zum Boykott israelischer Waren gegeben habe, es sei lediglich von einem Aktionstag die Rede. Außerdem sei die Erklärung keinesfalls bindend für alle Gipfel-Teilnehmer, wie Frauke Distelrath, Pressesprecherin des Mitorganisators Attac sagt: „Diese Erklärung enthält nichts Verpflichtendes.” Attac Deutschland rufe jedenfalls nicht zu einem Boykott von Israel auf.
Ich habe die Dierkes-wird-abtreten-müssen-Nummer ja in der Regie obwaltet, obschon
ich der Linkspartei wegen des Claimes mit dem Sozialen sympathisierend verbunden bin.
Das mit der Dierkesnummer ging
so: Ich las zufällig die Website des Ortsvereines der Duisburger Linken, auf der mit
dieser inkriminierten Äußerung zitiert war. Ich dachte: So geht das ganz und gar
nicht.
Dann hab ich dem CvD vom Tage der Ruhrbarone mitgeteilt. (Und nach der Fama soll ich diese
ja auch mitbegründet haben. (http://www.ruhrbarone.de/ chefsache/)
Dann hab ich den Link Werner Jurga geschickt.
Dann hab ich den Link guten Kollegen geschickt.
Dann hab ich Dierkes und dessen Pressesprecher — ich spiele immer mit offenen Karten
— eine Strompost geschickt, mit den Worten: mal schauen, wer sich in den
nachrichtenarmen Zeiten des Karnevals noch so dafür interessiert. Ich freue mich auf euer
Krisenmanagement.
In den üblichen Abläufen hab ich dann mal ein wenig Regie geführt,
gute Akteure machen mit einem guten Regisseur halt gute Stücke auf der Bühne; was
man so macht mit Herzblut. Ähem, Herzlblut. (-;
Dann hab ich die Sentenz vom Aschermittwoch auf den Baronskis geschrieben.
Aber — mehr war das nicht.
Dierkes wäre ohnehin gefallen. Mit dem O-Ton. Früher oder später. Der hat
sich um Kopf um Kragen geredet. Sowas geht nicht an.
Also — No big. Von meiner Seite.
Rufmordkampagne ... Sie gleicht einer öffentlichen Steinigung
Mit Rufmord dürfte er
[Dierkes] wohl seine Darstellung als Antisemiten meinen — ja, da war ich
möglicherweise der erste. Und eine Kampagne — ja, die hat es unzweifelhaft gegeben.
Und daran war mir auch sehr gelegen, worüber sich auch Hermann Dierkes im Klaren ist ...
Und Andreas Scholz, ein Blogger bei den Ruhrbaronen, weiß auch ziemlich genau, warum ich
so böse Sachen mache. Meine Erklärung gegenüber den Ruhrbaronen erklärt er
augenzwinkernd so:
Na also. So geht das. Wenn man
weiß, dass es keine Stichwahl bei der OB-Wahl gibt, ist ein aussichtsreicher linker
Kandidat neben einem Brandt-Beschleuniger ziemlich störend. Und was gibt es wirksameres
als die Antisemitismuskeule in D. Das gibt doch bestimmt ne Belohnung für Dr.Jurga ;-)
Im Zusammenhang mit der derzeitigen Krise werden den Menschen systematisch Rechte
vorenthalten. Die wilde Aggression der israelischen Regierung gegen das palästinensische
Volk ist ein Verstoß gegen das Völkerrecht und läuft auf ein Kriegsverbrechen
und ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit hinaus; sie symbolisiert die Vorenthaltung von
Rechten gegenüber einem Volk, was auch in anderen Teilen der Welt zu beobachten ist. Die
schändliche Straflosigkeit muss gestoppt werden. Die sozialen Bewegungen bekräftigen
ihre aktive Unterstützung für den Kampf des palästinensischen Volkes sowie
für alle Maßnahmen, die sich gegen die Unterdrückung von Völkern weltweit
richten. [...]
Folglich verpflichten wir uns
[...] (zur) Mobilisierung gegen Krieg und Krise am 30.März, dem Tag der Solidarität
mit dem palästinensischen Volk, der Unterstützung von Boykott, Investitionsstopp
(Disinvestment) und Sanktionen gegen Israel.
Damit dieser Tag ein historischer Schritt für diese Anti-Apartheid-Bewegung wird,
wollen wir uns konzentrieren auf:
1) BDS-Aktionen gegen
israelische Konzerne und solche Multis, die die Besatzung und die israelische Apartheid
unterstützen; gegen den Freihandel und Präferenzabkommen mit Israel; gegen
Waffenhandel mit Israel;
2) strafrechtliche Aktionen,
um der Straffreiheit Israels ein Ende zu setzen und seine Kriegsverbrecher vor nationale und
internationale Strafgerichte zu stellen.
link zur Quelle
Wir teilen die Auffassung vieler Menschen in- und außerhalb der Partei, dass die
Unterstützung eines Boykotts gegen die israelische Regierung und Wirtschaft nicht nur vor
dem Hintergrund der deutschen Geschichte schwierig ist. Ein Boykott gegen Israel ist keine
Position der LINKEN und soll es auch nicht werden. Ein Boykott muss in erster Linie der
deutschen und internationalen Rüstungsindustrie gelten. Wir fordern einen sofortigen
Stopp aller Waffenlieferungen an beide Konfliktparteien und einen sofortigen Stopp des Krieges
gegen die Menschen in Gaza. Das Existenzrecht Israels ist für uns ebenso unantastbar, wie
das Existenzrecht der Palästinenserinnen und Palästinenser.
Wir erleben mit der
Presseberichterstattung gegen unsere Partei in diesem Fall erneut, was uns von Seiten der
bürgerlichen Medien in den kommenden Monaten blühen wird. [...] Immer wieder werden
dabei Personen der LINKEN und mit diesen die gesamte Partei zur Zielscheibe von
Pressekampagnen, denen es nicht um die Menschen im Krieg oder um reaktionäre Tendenzen
wie etwa den Antisemitismus geht, sondern darum, uns als politische Kraft mit allen Mitteln zu
bekämpfen. [...]
Wir können verstehen,
dass Hermann von seiner Kandidatur zurücktritt, weil er dem Druck nicht standhalten kann:
Aber wir bedauern seinen Rücktritt sehr und hoffen, dass er die Ruhe und die Kraft
findet, weiterhin auch mit und in der Partei DIE LINKE für eine solidarische Welt zu
kämpfen, in der die Menschenrechte für alle gelten und von allen geachtet
werden!
Boykottaufrufe verbieten sich vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte und treffen die Zivilbevölkerung. [...] Wir unterstützen die Forderung von amnesty international nach dem Stopp aller Waffenlieferungen nach Israel und an die Hamas und teilen auch deren Vorwürfe gegen über Israel und der Hamas. Die Kriegs- und Blockadepolitik der israelischen Regierung gegen den Gaza-Streifen verdient ebenso internationale Kritik wie der fortgesetzte Raketenbeschuss Israels durch die Hamas. Dabei geht es um eine Kritik an der Verletzung des Völkerrechts durch beide Seiten.
In der vergangenen Woche hat ein Duisburger Kommunalpolitiker mit Verweis auf den Krieg im
Gaza-Streifen zum Boykott israelischer Waren aufgerufen. Dies hat zu Recht öffentliche
Empörung hervorgerufen. In einer Erklärung der Bundesebene wurde klar gestellt: Mit
Boykottaufrufen ist eine Lösung im Nahost-Konflikt nicht zu erreichen.
Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau verdeutlichte, dass solche Äußerungen
„angesichts der deutschen Geschichte unsägliche Assoziationen wecken und finsterste
Klischees bedienen”
Der Kommunalpolitiker trat von
seiner Kandidatur zurück. Damit hätte diese unerfreuliche Angelegenheit nicht mehr
Thema des Bundesparteitages werden müssen.
Stattdessen wurde an unseren
Bundesparteitag ein Antrag gerichtet, mit dem die Kritik an dem Kommunalpolitiker gerügt
werden sollte, da dies ein Mangel an Solidarität darstellen würde. Dieser Antrag
wurde mit Nichtbefassung beschieden.
Äußerungen, die
antisemitisch sind oder wirken, sind für uns gänzlich inakzeptabel und wir werden
sie auch künftig immer zurückweisen, mit und ohne Erlaubnis von Parteigremien. Und
das erwarten wir selbstverständlich von unseren Gremien und SpitzenpolitikerInnen. Gerade
eine Partei, die sich dem Kampf gegen Faschismus, Antisemitismus und Rassismus programmatisch
verschrieben hat wie die Linke, darf sich hier keine Zweideutigkeiten erlauben.
Nach Lage der Dinge handelt es sich um einen Vorgang, der keineswegs nur als Duisburger
Provinz-, sondern als bundesweiter Demokratieskandal bedauert werden muss. Dabei wird
Dierkes Position von breiten Teilen der internationalen sozialen Bewegungen —
darunter auch unzählige christ- und sogar evangelisch-kirchliche und
selbstverständlich viele jüdische Organisationen — getragen. [...]
Superintendenten und Leiter
kirchlicher Einrichtungen in Deutschland irren, wenn sie glauben und verbreiten, dass die von
den Nazis ausgegrenzten, vertriebenen, geschädigten und ermordeten Juden mit Israel
gleichzusetzen sind. Auch sehen sich viele der heute lebenden Juden und Jüdinnen
keineswegs durch Israel vertreten. Als Juden und Jüdinnen in Deutschland halten wir es
für hochproblematisch, alle Juden und Jüdinnen in einen Topf zu schmeißen. Es
entspricht einer stereotypen Einstellung, die uns nur als homogene Gruppe zu sehen fähig
ist. Ein Zugang, der jeder Form des Rassismus zu Grund liegt. Um es klar zu sagen: Ihren Bezug
auf „unsere (?) jüdischen Glaubensgeschwister” finden wir anmaßend!
[...]
Als Mitglieder der
Jüdischen Stimme [...] weisen wir das Ansinnen, den Aufruf zum Boykott israelischer Waren
als antisemitisch zu diskreditieren, auf das Schärfste zurück! [...]
Die Wählbarkeit der
Partei DIE LINKE halten wir, angesichts der offenkundig undemokratischen und mit
Solidarität unvereinbaren Dirigismen von oben, für mehr als fraglich. Herr Dierkes
muss rehabilitiert werden!
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