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Womit hat sich die Konferenz beschäftigt?
Ihr Hauptergebnis ist ein Dokument, das schon seit einem Jahr vorbereitet wird, es handelt sich um eine
Überarbeitung der Durban-Deklaration. Darin sind Vorschläge enthalten, wie man in den
verschiedensten Bereichen und Regionen Rassismus und Diskriminierung bekämpfen und wieder gut machen
kann.
Welche Vorschläge gibt es dazu?
Die Erklärung listet auf, was Regierungen oder Staaten, aber auch die nicht-staatliche
Zivilgesellschaft, Medien oder Unternehmen, tun können. Es geht um die internationalen Instrumente zur
Bekämpfung von rassistischer Diskriminierung und darum, dass die internationalen Regelungen zur
Bekämpfung von Diskriminierung in die jeweilige nationale Gesetzgebung aufgenommen werden. Die
Erklärung dokumentiert den zwischenstaatlichen Konsens im Bereich der Bekämpfung von Rassismus und
Diskriminierung und macht Vorschläge zur Verbesserung machen, auf der Basis des Programms von 2001.
Ist Ihrer Ansicht nach diese Konferenz von Nutzen?
Das Problem ist, dass die Staaten versuchen, sich gegenseitig vor Kritik zu schützen und
Verpflichtungen zu vermeiden. Der gemeinsame Nenner wird auf ein Minimum reduziert; deshalb ist die Rolle
der nichtstaatlichen Organisationen so wichtig. Sie sind nahezu die einzigen, die Themen aufgreifen, welche
die Staaten nicht diskutiert haben wollen. Deshalb ist es auch so problematisch, dass diesmal in Genf die
nichtstaatliche Ebene fast komplett ausgeschlossen wurde, da gibt es nichts an Substanz hier in Genf, sehr
im Gegensatz zu Durban in 2001.
Wurden denn die NGOs gar nicht eingeladen?
Doch, die Regelungen sehen vor, dass man sie einladen muss. Aber natürlich kann man viel tun, um
ihre Beteiligung klein zu halten. Das fängt schon damit an, dass man sich Zeit lässt mit dem
Beginn der Vorbereitungen, denn die NGOs brauchen Visa und Unterstützung für die Reisekosten, vor
allem wenn eine Konferenz in Genf stattfindet. Wenn man da nicht frühzeitig beginnt, schließt man
automatisch den Großteil der NGOs aus der sog. Dritten Welt aus. Das ist hier passiert, es gab sehr
wenig substantielle Unterstützung. Deshalb sind hier nur die Organisationen vertreten, die ständig
bei der UNO arbeiten, Vertreter in Genf und genügend Ressourcen haben. Das ist sehr schade.
Welchen Stellenwert hat die Israel-Auseinandersetzung? Hier in der Presse kamen Zitate des iranischen
Präsidenten. Wie seht Ihr das?
Das ist eben der zweite Aspekt. Bei dieser Konferenz läuft alles schief, was nur schief laufen
kann. Nicht nur jetzt in Genf, auch im Vorbereitungsprozess gab es massiven Druck seitens der
europäischen Staaten und der USA auf die Abschlusserklärung, obwohl sie dann letztendlich nicht
mitmachten. Man wollte verhindern, dass Israel in der Erklärung auch nur genannt wird; und das kann man
am besten dadurch erreichen, indem man die Palästinenser, vor allem die Zivilgesellschaft, so weit wie
möglich ausschließt.
Es ist ein Debakel. Dazu kommt noch, dass
der iranische Präsident im Namen der Palästinenser spricht, obwohl ihn niemand darum gebeten hat.
Die palästinensischen Organisationen waren nicht glücklich mit dem Auftritt von Ahmadinejad.
Erstens gibt es sehr wenig am Iran, das irgendwie für palästinensische
Menschenrechtsorganisationen attraktiv wäre, und zweitens sehen wir, wie das alles von der westlichen
Presse und den europäischen Regierungen gegen uns gemünzt wird.
Für die palästinensischen
Organisationen ist diese Konferenz sehr schwierig, weil man fast nichts machen kann, ohne automatisch auf
der falschen Seite zu stehen oder ausgeschlossen zu sein. Einzelne Vorschläge zur Situation zwischen
Israel und den Palästinensern aus dem Dokumente von 2001 wollte man bei dieser Konferenz gar nicht mehr
aufnehmen.
Gibt es sonst jemanden, der auf dieser Konferenz für die Palästinenser auftritt?
Wir sind eine breite Koalition von NGOs, wir haben, unabhängig von der UNO-Konferenz, eine
Konferenz zu Israel und Palästina organisiert, weil wir wussten, dass wir wahrscheinlich keine
Möglichkeit haben, mit Leuten bei der UNO selber zu diskutieren. Das gilt für mehr oder weniger
alle palästinensischen Organisationen, die in den besetzten Gebieten und in Israel arbeiten, auch
für einige aus arabischen Ländern und für die offizielle palästinensische Delegation.
Die kommt selber auf der Konferenz zu Wort?
Ja, die hat Beobachterstatus bei der UNO, sie ist an den staatlichen Diskussionen beteiligt, aber eben
auf staatlicher Ebene, nicht auf der NGO-Ebene.
Welcher Organisation gehören Sie an?
Ich bin die Leiterin von Badil, dem Resource Center for Palestinian Residency and Refugee Rights. Wir
arbeiten für die Rechte der palästinensischen Flüchtlinge. Wir sind hier als Teil eines
breiten Bündnisses von Organisationen.
Ihr habt noch eine Gegenkonferenz gemacht?
Ja, wir haben sie Israel Review Conference genannt. Mit Experten haben wir beraten, inwieweit Israels
Politik Züge von Apartheid und Kolonisierung aufweist. Außerdem gab es Arbeitsgruppen zu
verschiedenen Kampagnen, darunter die Boykott und Desinvestment Kampagne.
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