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Tyco ist ein Multi, der auf die Herstellung von Schaltern spezialisiert ist.
Er hat 100000 Beschäftigte weltweit, davon 1000 in Frankreich. Er arbeitet vornehmlich als Zulieferer
für die Autoindustrie. Die Beschäftigten teilen sich auf drei Standorte auf.
Am 5.September 2008 kündigt die
Geschäftsleitung die Schließung von zwei Produktionsstandorten an; die Überraschung ist
groß: „Wir sind rundum gesund, das Unternehmen hat enorme Gewinne gemacht, 6 Millionen 2006 und
2007, und wir haben ein volles Auftragsbuch.” Der Nettoprofit des amerikanischen Konzerns Tyco
International hat sich auf internationaler Ebene mehr als verdoppelt.
Die allgemeine Stimmung ist: Es gibt
„keinen Bankrott, das ist Wettbewerbsideologie auf Konzernebene, eine organisierte
Überkapazität” Spontan weigern sich die Beschäftigten, die geforderte Arbeitsleistung
zu bringen, die Produktivität sinkt auf 20% des üblichen Niveaus ab. Der Betriebsrat erstattet
Anzeige wegen Unterschlagung von Unterlagen. Die Anklage konfrontiert die Richter mit der Grundsatzfrage:
Sind betriebsbedingte Kündigungen zulässig?
Im Dezember 2008 wird die Bewegung
härter: Zwei Wochen lang blockiert ein spontaner Streik den Standort Val-de-Reuil, während
Lohnverhandlungen geführt werden. Ein Spruchband erinnert an den tieferliegenden Grund für den
Kampf: „Heute Tyco, morgen wer?"
Der Streik wird zu 98% befolgt, die Tore
sind blockiert, die Produktion 15 Tage lang stillgelegt: „Mit diesem Konflikt haben wir unseren
Gemeinschaftssinn wiedergefunden.” In Verhandlungen wird eine Lohnerhöhung von 100 Euro für
alle und eine Prämie von 400 Euro durchgesetzt. Dieser Konflikt hat ein neues
Kräfteverhältnis geschaffen, das man benötigt, um die Arbeitsplätze zu verteidigen. Und
die Lohnerhöhung hat vor allem zur Folge, dass das Arbeitslosengeld steigt (das auf der Basis des
letzten Gehalts errechnet wird).
In Bezug auf den Schutz der
Arbeitsplätze bleibt die Gewerkschaft dennoch pessimistisch. Es dominiert die Ohnmacht. Nach Monaten
der Anspannung akzeptieren die Beschäftigten im Februar 2009 die Schließung, begleitet von einer
Abfindung, die viel höher ausfällt als das gesetzliche Minimum — das gibt ihnen ein
Stücke Würde wieder.
Die Auseinandersetzung hat eine
Vorgeschichte: Im Januar 2001 kündigte Danone die Schließung von sieben Niederlassungen in Europa
an. Das Unternehmen kann die Kündigungen nicht mit Verlusten begründen. Ein Flugblatt der
Beschäftigten bei LU-Danone in Evry ruft zu einem allgemeinen Boykott auf: „Danone aus unseren
Einkaufswagen entlassen.” Rund um die Beschäftigten von Danone und anderen Unternehmen, in denen
Entlassungen drohen, bildet sich eine Koordination, die eine Gesetz über das „Verbot von
Entlassungen” fordert. Eine Demonstration wird für den 9.Juni angekündigt und von
zahlreichen politischen Parteien unterstützt. Sie wird mit mehreren zehntausend Teilnehmern ein voller
Erfolg.
Dennoch: alle Kämpfe enden mit einem
Misserfolg, keine Schließung wird verhindert.
Die CGT regt ein neues Konzept an: einen
neuen Lohnarbeiterstatus. Die gesamte Berufslaufbahn hindurch soll der Arbeitsvertrag fortgesetzt werden.
„Du verlierst die Arbeit, aber der Vertrag ist nicht beendet, du suchst eine neue Arbeit.” Der
Vorstoß ruft Debatten und Widerspruch hervor: „Wenn das heißt, dass Chefs nicht mehr
einseitig einen Arbeitsvertrag kündigen dürfen... und dass der Lohnarbeiterstatus ein dauerhafter
wird, mit allen Rechte und Einkommen, bin ich natürlich dafür. Das Hauptproblem aber ist, dass man
nichts erreichen wird, wenn man zuvor nicht in der Lage ist, die Werksschließungen zu verhindern und
die Auslagerung der Produktion sowie Entlassungen zu verbieten."
Kündigungen müssen begründet
werden. Der Streit beginnt dort, wo es um die Stichhaltigkeit des Kündigungsgrunds geht. Ein Urteil in
Sachen Videocolor aus dem Jahr 1995 lässt Entlassungen nur zu, wenn Restrukturierungen eingeleitet
werden, „um die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu sichern, die also bedroht sein
muss” Unter Wahrung der Wettbewerbsfähigkeit ist hier der Wille zu verstehen, den Profit auf dem
weltüblichen Durchschnittsniveau zu halten.
Kann man aber davon reden, dass ein
Unternehmen „in größeren Schwierigkeiten” ist, wenn es Gewinne macht? Müsste
nicht vielmehr im Fall von Tyco die Größe des Konzerns den Ausschlag geben? Kann ein
Umsatzrückgang, selbst über einen längeren Zeitraum, als größere Schwierigkeit
bezeichnet werden, wenn das Unternehmen seit Jahren Dividenden an die Aktionäre ausschüttet?
Kann sich das Handeln jetzt auf die
Verteidigung von Arbeitsplatz und Einkommen beschränken? Der Arbeitskampf bei Tyco wirft die Frage auf,
ob nicht auch über die Kontrolle der Wirtschaftstätigkeit diskutiert werden muss. Über die
Organisation der Arbeit bestimmen immer noch die Geschäftsleitung und auch der Eigentümer, der
Aktionär. Eigentum an Produktionsmitteln beinhaltet aber die Entscheidung darüber, was produziert
wird, von wem und nach welchem Verfahren. Die aktuelle Krise regt dazu an, nach der Kontrolle über den
Inhalt der Produktion und auch nach der Übernahme der ökonomischen Entscheidungen durch die
Beschäftigten zu fragen.
Der Autor ist verantwortlich für die
Betriebsarbeit der Neuen Antikapitalistischen Partei (NPA).
Übersetzung: Angela Huemer
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