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Am 13.Mai verabschiedete der Bundestag mit 326 gegen 234 Stimmen die
Verschärfung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes; 52 Abgeordnete waren zur Abstimmung nicht
erschienen.
"Heute ist ein guter Tag in diesem
Parlament”, so begann Johannes Singhammer (MdB-CSU) seine Rede am 13.Mai im Bundestag. Das war noch
vor der namentlichen Abstimmung über seine Initiative für ein Gesetz zur Änderung des
Schwangerschaftskonfliktgesetzes.
Singhammer hatte kurz vorher, am
11.März, in einem persönlichen Gespräch in Rom Papst Benedikt XVI. über den Sachstand
seiner Initiative zur Verbesserung der Situation bei Spätabtreibungen in Deutschland informiert. Der
Papst hat die Hoffnung geäußert, dass es zu einer besseren Regelung komme als bisher. Das hatte
Singhammer am 12.März in einer Presseerklärung den Münchener Medien mitgeteilt.
Offen bleibt, was er ihm versprochen hat.
Bereits bei der ersten Lesung hatte er sich auf Kirchen und Ärzte und den lieben Gott, der das
„ungeborene Leben” schützt, berufen und damit seinen Eifer begründet. Renate Schmidt
(SPD) sprach bei der Debatte im Bundestag nicht für Gott und Papst, sondern für
„Parlamentarismus, Demokratie und unser Land”
Es war ihre letzte Rede in diesem Parlament,
und vor allem ihr war es zu verdanken, dass der Antrag — anders als bei den früheren
Anträgen der CDU — nun mit den Stimmen der SPD, der Grünen und der FDP verabschiedet werden
konnte.
Tatsächlich ging es nicht nur um
Spätabtreibungen. Die Gesetzesänderungen wirken sich auf die gesamte medizinische Indikation aus,
welche Abtreibungen nach der 12.Woche erlaubt. Abtreibungen nach der 12.Woche sind nur erlaubt, um
„eine Gefahr für das Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des
körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren abzuwenden”, und nur dann, wenn
„die Gefahr nicht auf eine andere für sie zumutbare Weise abgewendet werden kann”
(§218a Abs.2). So war die Regelung bereits vor der Gesetzesverschärfung.
Eine medizinische Indikation kann auch vor
der 12.Woche gestellt werden, wenn die Frau erkrankt ist oder embryoschädigende Substanzen eingenommen
hat. Abtreibungen aufgrund einer zu erwartenden Behinderung des Fötus sind seit 1995 nicht mehr
erlaubt.
Deutschlandweit gibt es etwa 3000 Frauen
(2008), die nach der 12.Woche mit medizinischer Indikation abgetrieben haben, darunter zählen auch die
ca. 600 Frauen, die schon jetzt ins Ausland ausgewichen sind. Die Anzahl der Frauen, die eine sehr
späte, indizierte Abtreibung haben durchführen lassen, obwohl sie sich das Kind wünschten,
liegt bundesweit seit Jahren bei 180 bis 230 Fällen.
Ihre Zahl wird auch durch diese
unnötige Gesetzesänderung nicht weniger werden. In den allermeisten Fällen handelt es sich
hier um Kinder, die nicht lebensfähig sind.
Künftig sind Ärzte verpflichtet,
schwangere Frauen nach einer Diagnose medizinisch zu beraten und sie auf die Möglichkeit einer
psychosozialen Beratung hinzuweisen. Tun sie das nicht, können sie mit einer Geldbuße bis zu 5000
Euro belegt werden. Frauen müssen zudem eine Bedenkzeit von drei Tagen zwischen Diagnose und Abbruch
einhalten. Der Antrag auf statistische Erfassung mit dem Ziel, „belastbare Zahlen” zu bekommen,
fand keine Mehrheit.
Die Unionsfraktion hatte bereits 2001 und
2004 „Anträge zur Vermeidung von Spätabtreibung” im Deutschen Bundestag eingebracht.
Die damals vorgesehene verpflichtende Beratung für die Frauen stieß auf den Widerstand von
Beratungsverbänden und frauenpolitisch engagierten Frauen im Bundestag. Mit dem Umweg über
verpflichtete, bußgeldbedrohte Ärzte hatte Singhammer mehr Erfolg.
Die beschlossenen Gesetzesänderungen werden keinen Schwangerschaftsabbruch verhindern. Sie sind ein
erheblicher Rückschritt nach Jahrzehnten des Kampfes der Frauen gegen den §218, der noch immer im
Strafgesetzbuch steht, und sie bleiben auch hinter dem 1995 mühsam errungenen Kompromiss zurück.
Im Vorfeld haben sich Parlamentarierinnen der SPD, der Grünen und der LINKEN entschieden gegen jede
Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes ausgesprochen — ebenso der Berufsverband der
Frauenärzte, Pro Familia und elf weitere Verbände. Berücksichtigt wurden jedoch lediglich
ihre datenschutzrechtlichen Einwände.
Insgesamt bedeutet die Verschärfung des
Schwangerschaftskonfliktgesetzes eine weitere Bevormundung von Frauen. Ihnen wird unterstellt, dass sie
leichtfertig Entscheidungen zur Abtreibung fällen würden, und dass sie daher gezwungen werden
müssten, zumindest drei Tage darüber nachzudenken. Die psychische Belastung für betroffene
Schwangere wird erheblich wachsen. Die Bereitschaft von Ärzten, eine medizinische Indikation
auszustellen, wird weiter sinken, weil sie juristische Konsequenzen wegen der Nichtbeachtung der
Beratungspflicht fürchten. Frauen werden verstärkt ins Ausland fahren, was sich nicht alle werden
leisten können.
Niemand hat so laut über das neue
Schwangerschaftskonfliktgesetz gejubelt wie die selbsternannten „Lebensschützer” Man darf
gespannt sein, was sie und der liebe Gott samt seiner Vertreter auf Erden weiter fordern.
Doch das Problem liegt woanders. Heute
gehört es scheinbar zum Standard, sich einem Set von pränatalen Untersuchungen zu unterziehen,
gerade so, als hätten Frauen das Recht auf ein perfektes Designerbaby. Hier muss die Beratung —
und zwar eine freiwillig angebotene Beratung — ansetzen. Frauen haben ein Recht, darüber
aufgeklärt zu werden, was sie erwarten kann und welche Behandlung sinnvoll ist oder nicht, und sie
haben auch ein Recht auf Nichtwissen und auf Ablehnung bestimmter technisch initiierter Untersuchungen. Und
behinderte Kinder und ihre Angehörigen haben ein Recht auf Unterstützung und auf ein
menschenwürdiges Leben wie andere Menschen auch. Daran hapert es in unserer Gesellschaft erheblich.
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