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"Unserer Gesellschaft geht die Arbeit aus. Die Arbeitslosen werden nicht weniger”, schrieb
Ralf Dahrendorf in der Zeit vom 17.Januar 1986. Man war entsetzt: Die Konjunktur kam oder ging — die
Arbeitslosigkeit blieb. Riesenprofite und Stellenvernichtung geschahen gleichzeitig. Man
„übersah” jedoch, dass nur die bezahlte reguläre Lohnarbeit ausging.
So ward ein neuer Verblendungszusammenhang
geboren: Rationalisierungsbedingter Arbeitsmangel führt zu Dauermassenerwerbslosigkeit führt zu
Dauermassenarmut führt zur Krise des Sozialstaats. Das bGE erschien als „last exit” und das
in zweifacher Gestalt: neoliberal und kapitalismuskritisch.
Erstere entstammte der US-Diskussion der
60er Jahre: sie nennt sich Negative Einkommensteuer und verstand sich als systemkompatibles
Armutsbekämpfungsprogramm.
Letztere entstand hierzulande im
grünalternativen Milieu der 80er Jahre und profilierte sich als Systemüberwindungsprogramm. Man
glaubte, das System zwingen zu können, „politischen Lohn” für politische Arbeit oder
alternative Ökonomie zu bezahlen. Dazu noch Lohn für Hausarbeit — nicht vom Ehemann, sondern
vom Gesamtpatriarchen. Und Lohn fürs Ehrenamt. Und „Befreiung von falscher Arbeit": Alle
können das arbeiten, was sie wirklich, wirklich arbeiten wollen!
Die wirkliche Wirklichkeit indes schlug
zurück. Nur wenigen gelang die Befreiung von falscher Arbeit; die übergroße Mehrheit sah sich
befreit zum Unglücklichsein: Erwerbslosigkeit macht einsam und krank an Körper und Seele; man
verdämmert im Abseits, entfähigt, perspektivlos.
Heute biedert sich das Mainstream-bGE als
asoziales Entfaltungsprogramm an: Das Kapital soll sich zu seinen Zwecken, und du sollst dich zu deinen
Zwecken entfalten können — auf Kosten der Anderen.
Kuriosum am Rande: Neuestens versucht man,
eine bGE-Tradition zu entdecken — in Thomas Morus Utopia, ausgerechnet in einem totalitären
Arbeitsstaat, wo, wer nicht arbeitet, nichts zu essen bekommt: „Ihr seht: es ist unmöglich sich
um Arbeit zu drücken, und es gibt keinen Vorwand für den Müßiggang” — sagt
Morus.
Nicht alle bGE-Modelle sind bedingungslos für alle, für die Reichsten wie für die
Ärmsten. Die Negative Einkommensteuer wird nur an Einkommenslose voll ausbezahlt; für alle
über dem Nullpunkt (ca. 1600 Euro) wirkt sie nur als Steuerfreibetrag.
Das bGE der Katholischen Jugend wiederum
verlangt von den 18- bis 65-Jährigen eine Gegenleistung: mindestens 500 Stunden ehrenamtliche Arbeit
pro Jahr.
Die „Für-Alle-Modelle”
müssen nach ihrem Verhältnis zum Sozialstaat beurteilt werden. Wollen sie ihn zerschlagen oder
ergänzen? An der Spitze der Sozialstaatszerschlagung steht das Modell „Sonderwirtschaftszone
BRD” von Götz Werner: Das Kapital wird von allen Steuern und Abgaben entlastet; das bGE wirkt als
gigantische flächendeckende Lohnsubvention; die Finanzierung läuft über eine sehr hohe
Mehrwertsteuer. Die Modelle Straubhaar und Althaus verlangen wenigstens noch 50% bzw. 25% Flat-Tax.
Sozialstaatserhaltend sind das Existenzgeld
und das Modell der BAG Weg mit Hartz IV der Partei DIE LINKE — Letzteres zum Preis von 1600 Mrd. Euro,
das entspricht einer Staatsquote von ca. 71% des Bruttoinlandsprodukts, ein Wolkenkuckucksheim, das niemand
ernst nehmen kann.
Was die Höhe betrifft, ist der 1500
Euro-Medien-Hype vorbei; bei den asozialen Modellen geht es nur noch um 600 Euro netto (800 brutto); bei
Straubhaar gar um 425 netto (625 brutto). Brutto umschließt eine Grundkrankenversicherungs-
Kopfprämie von 200 Euro, bei Althaus umfasst sie auch die Pflegeversicherung.
Alle bGEs liegen unter dem Brutto von Hartz
IV = etwa 850 Euro + Sozialstaat. Das Argument, das bGE verhindere Niedriglöhne, ist somit vom Tisch!
425 bis 600 Euro zwingen zum Zuverdienst!
Die magische Zahl 800 ergibt sich aus einer
Milchjungenrechnung: Man teilt 720 Mrd. Euro (= jährliche Kosten der Sicherungssysteme) durch 82 Mio.
Berechtigte.
Faustregel: Wer allen ein bGE von brutto 800
Euro bezahlen will, muss den Sozialstaat zerschlagen.
Dennoch haben die asozialen bGE-Modelle kaum
Rückhalt in den etablierten Parteien; alle schreiben Hartz IV fort. Vielleicht wird man die
milliardenschweren Integrationsprogramme gegen Null kürzen, v.a. die 1-Euro-Jobs, denn Workfare ist
längst zu teuer.
So oder so — es wird böse enden.
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