SoZ - Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Juni 2009, Seite 22

Mario Benedetti

(1920—2009)

von Hans-Günter Mull

Am 17.Mai starb 88-jährig in Montevideo der uruguayische Dichter, Journalist und Essayist Mario Benedetti. Der direkte und schlichte Stil seiner Verse über Liebe, Zorn und Widerstand machte ihn zu einem der populärsten Dichter Lateinamerikas, dessen Lyrik an Beliebtheit nur noch mit den Gedichten Pablo Nerudas vergleichbar ist.
Benedetti wurde am 14.September 1920 in der Kleinstadt Paso de los Toros in der Provinz Tacuarembó als Sohn italienischer Einwanderer geboren. Mit vier Jahren zog er mit den Eltern in die Hauptstadt Montevideo. Der junge Benedetti beschloss schon früh, Schriftsteller zu werden, musste aber anfangs zahlreiche Jobs annehmen, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Nachdem er einige Jahre in Buenos Aires verbracht hatte, kehrte er 1945 nach Montevideo zurück und wurde Redakteur der Wochenzeitung Marcha. Im selben Jahr veröffentlichte er seinen ersten Lyrikband, La víspera indeleble.
Das erste Werk, das in Uruguay zu seinem Renommee als Schriftsteller beitrug, war Montevideanos, eine Sammlung von Kurzgeschichten im Geist von James Joyce‘ Dubliners. Dort, wie auch in seinem ersten populären Gedichtband Poemas de la oficina ("Bürogedichte"), zeigt Benedetti das unspektakuläre Leben der Angehörigen der Mittelschicht, die in ihrer kleinen Welt der alltäglichen Spannungen und Routine gefangen sind. 1960 erscheint La tregua (dt. Die Gnadenfrist, Bornheim-Merten: Lamuv, 1984), sein erfolgreichster Roman, der 1974 verfilmt wurde. Er erzählt den Versuch eines mittleren Büroangestellten, durch die Liebe zu einer jungen Frau sein leer gewordenes Dasein mit neuem Sinn zu erfüllen, was jedoch tragisch endet.
Nachdem Benedetti bereits 1948 an der Protestbewegung gegen Militärabkommen mit den USA beteiligt war, beginnt er sich in den 60er Jahren deutlicher politisch zu äußern — auch beeinflusst durch den Sieg der kubanischen Revolution, der er ein Leben lang verbunden bleibt. In Artikeln in Marcha tritt er für radikale gesellschaftliche Veränderungen ein. 1971 gründet Benedetti zusammen mit Mitgliedern der Tupamaros das Movimiento de Independientes 26 de Marzo, das Teil der linken Koalition Frente Amplio wurde. Nach dem Staatsstreich vom 27.Juni 1973 muss Benedetti ins Exil gehen, das ihn zuerst nach Argentinien führt. Dort wird er sofort von Paramilitärs bedroht, sodass er nach Peru und schließlich nach Kuba geht, wo er in leitender Stellung für den Verlag Casa de las Américas arbeitet, dessen Mitarbeiter er bereits in den 60er Jahren war.
1983, nach dem Ende der Diktatur, kehrt Benedetti nach Montevideo zurück und schreibt weiter Gedichte, Romane und Kurzgeschichten sowie literarisch-politische Essays. Eine Sammlung seiner Essays erschien 1985 im Züricher Rotpunktverlag unter dem Titel Literatur und Revolution.
In den 80er Jahren trat Benedetti mehrfach allein oder zusammen mit dem Sänger und Autor Daniel Viglietti mit Rezitationen seiner Gedichte auf, die auch auf Schallplatten erschienen sind. Zahlreiche seiner Texte wurden vertont, von namhaften Sängerinnen und Sängern (u.a. Nacha Guevara, Joan Manuel Serrat, Daniel Viglietti) interpretiert und dadurch zusätzlich populär (z.T. downloadbar.


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