SoZ - Sozialistische Zeitung |
♦Die Gestirne, die
Jahreszeiten und menschliche Grenzen geben dem Leben einen Rhythmus: Der Augenblick, der
Tagesmarsch, das Tagewerk in der Landwirtschaft...
♦Im 13.Jahrhundert wird
die mechanische Uhr erfunden, in Klöstern und Städten beginnen Turmuhren, das
soziale Leben zu takten.
♦Im 17.Jahrhundert wird
das Wort „pünktlich” bekannt.
♦Im 18.Jahrhundert werden
Uhren massenhaft verbreitet. Sie genügen nicht mehr an den Kirchtürmen, statt zum
Gebet, rufen sie nun zur Arbeit in die Werkshallen.
♦1901 und 1902 zieht
Frederick W. Taylor mit der Stoppuhr durch den Betrieb und zerlegt die Arbeitsschritte.
Mit der Industrialisierung wird die Sonntagsarbeit breit eingeführt, die Schichten
werden länger und länger, wöchentlich sind 80-90 Stunden üblich.
1828Generalleutnant Horn klagt, Nachtarbeit der Kinder gefährde deren
spätere Wehrfähigkeit.
1839In Preußen
dürfen Kinder erst ab 9 Jahren arbeiten, bis 12 Jahre nicht mehr als 10 Stunden; für
Jugendliche wird Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit verboten.
1853 Fakultative
Fabrikinspektionen werden eingeführt, bleiben aber wirkungslos.
1878Eine Novelle zur
Gewerbeordnung regelt Fabrikinspektionen verbindlich in allen deutschen Bundesstaaten.
1891Das
Arbeiterschutzgesetz verbietet grundsätzlich Sonn- und Feiertagsarbeit, Kinderarbeit
unter 13 Jahren und Nachtarbeit für Arbeiterinnen. Die Gewerbeaufsicht wird
eingeführt.
1908Für Frauen wird
die Schichtlänge auf 10 Stunden begrenzt.
Die Arbeitszeitordnung von 1938 lässt bis 1994 zu:
werktäglich 8 Stunden
(§3), also im Wochendurchschnitt 48 Stunden, plus die als Arbeit unbeachteten (weil ja
nicht werktäglichen) sonntäglichen Arbeitsstunden, falls sie von der Gewerbeordnung
in den vielgestaltigen Ausnahmen des §105 b-g gestattet wurden.
1908Die
Schutzbestimmungen der Gewerbeordnung nehmen in §154 ausdrücklich die Heilanstalten
aus; die Arbeitszeit der Krankenpflege ist unbeschränkt.
1910Von den in der
Krankenpflege Beschäftigten arbeiten ununterbrochen täglich:
46,2% zwischen 12 und 14 Stunden;
39,3% zwischen 14 und 17,5 Stunden.
„In den Irrenanstalten lagen die Verhältnisse noch ungünstiger, dort
galt teilweise totale Anwesenheitspflicht, d.h. das Personal aß und schlief in den
Sälen der Kranken, wobei die Betten des Personals oft mit Gittern gegen die Angriffe der
Geisteskranken geschützt waren” (C.Bischoff, in: Frauen in der Krankenpflege,
Campus-Verlag).
Oft schließen sich an diese Schichten mehrmals wöchentlich noch halbe oder ganze
Nachtwachen mit Haus- und Reinigungsarbeiten für die Frauen an. Danach arbeiten sie ohne
Ruhezeit direkt weiter. Das bedeutet Arbeitszeiten von 30—40 Stunden in einem
Stück.
Üblich sind pro Woche ein
halber Tag arbeitsfrei sowie jeden 3. oder 4.Sonntag zusätzlich ein halber oder ganzer
Tag. Oft ist „Ausgang” nur mit einem Erlaubnisschein der „Mutter”
Oberin gestattet.
1924Die Arbeitszeit des
Pflegepersonals in Krankenpflegeanstalten wird gesondert von den allgemeinen
Arbeitsschutzbestimmungen (AZO) in der KrAZO (Verordnung über die Arbeitszeit in den
Krankenpflegeanstalten vom 13.Februar 1924) geregelt. Bis 1996 gelten diese acht Paragrafen
fort. So sind bis zu 60 Stunden im Wochendurchschnitt erlaubt.
1956Angestellte im
Pflegedienst sind im Wochendurchschnitt 60 Stunden im Einsatz.
1961Angestellte im
Pflegedienst sind im Wochendurchschnitt 48 Stunden im Einsatz.
1970Angestellte im
Pflegedienst sind im Wochendurchschnitt 45 Stunden im Einsatz.
1974Angestellte im
Pflegedienst sind im Wochendurchschnitt 40 Stunden im Einsatz und damit erstmals nicht
länger als die übrigen Beschäftigten im öffentlichen Dienst.
1990Angestellte im Pflegedienst
sind im Wochendurchschnitt 38,5 Stunden im Einsatz.
1994Die Regelungen des
Arbeitszeitgesetzes gelten nun erstmals einheitlich auch für das Gesundheitswesen, doch
sie enthalten weiterhin zahlreiche Ausnahmen für Krankenhäuser und andere
Einrichtungen zur Behandlungen, Pflege und Betreuung von Personen. Für Ärzte und
Pflegepersonal erlaubte eine Übergangsvorschrift, das ArbZG erst ab dem 1.Januar 1996
anzuwenden. Das Nachtarbeitsverbot für Frauen wird aufgehoben.
Frauen dürfen auch
ununterbrochen bis zu 6 Stunden eingesetzt werden. Die Begrenzung auf 1 Überstunde
über die betriebsübliche Schichtlänge hinaus (§17 AZO) entfällt.
2000Im SIMAP-Urteil
stellt das EuGH fest, dass die Schutzbestimmungen für Arbeitszeit auch dann vorliegen,
wenn diese Arbeitszeit „Bereitschaftsdienst” genannt wird.
2006Angestellte an den
Unikliniken setzen in einem mehr als 16 Wochen langen Streik durch, dass ihre Arbeitszeit bei
38,5 Stunden im Wochendurchschnitt bleibt. Zugleich wird die Arbeitszeit der Mehrzahl der
übrigen Angestellten auf fast 40 Wochenstunden angehoben.
2006Nach einem Streik
der Beschäftigten im ärztlichen Dienst werden vom Marburger Bund und von Ver.di
für diese Gruppe Regelarbeitszeiten von 42 Wochenstunden tariflich festgelegt.
Über Opt-out-Regelungen
werden hier bis zu 66 Stunden im Wochendurchschnitt möglich: „Die
Tarifvertragsparteien gehen davon aus, dass es für die Vereinbarung einer
durchschnittlichen wöchentlichen Höchstarbeitszeit von bis zu 66 Stunden einen
Bedarf geben kann” (Sonderregelung für Ärztinnen und Ärzte an
Universitätskliniken).
2008In den Altenheimen
und in der Behindertenpflege wird die Arbeitszeit um 30 Minuten auf 39 Stunden
verlängert.
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