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Am Pfingstsonntag, dem 31.Mai 2009, wurde der Arzt Georg Tiller
im US-Bundesstaat Kansas von einem fanatischen religiösen Abtreibungsgegner während
des Gottesdienstes niedergeschossen. Tiller war einer der wenigen US-Ärzte, die sich auf
Spätabtreibungen spezialisiert haben. In seiner Klinik führte er
Schwangerschaftsabbrüche auch nach der 12.Schwangerschaftswoche durch, wenn eine Frau
darauf angewiesen war. Bereits 1993 war er bei einem Mordanschlag verwundet worden.
Der wenige Stunden nach dem
Mord festgenommene mutmaßliche Mörder Scott Roeder war laut Medienberichten schon
seit Jahren in der Antiabtreibungsbewegung aktiv. Er habe regelmäßig an
Demonstrationen gegen Abtreibungen teilgenommen, habe rechtes Gedankengut vertreten und
sympathisiere mit der rechtsextremen Freemen-Bewegung. Einen Tag vor dem mutmaßlichen
Attentat habe er versucht, eine andere Abtreibungsklinik zu zerstören. 1996 war er wegen
Besitz von Material zum Bombenbau zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Auf der Webseite der
militanten Pro-life-Organisation Operation Rescue verglich er Tiller mit Josef Mengele, dem
Naziarzt von Auschwitz.
Der feige Mord führte in
der BRD zu entsetzten Reaktionen. Aber auch in Deutschland werden Menschen, die für
sexuelle und reproduktive Rechte und die Selbstbestimmung von Frauen eintreten, nicht selten
als Mörder bezeichnet, denn die „Lebensschützer” bedienen sich einer
aufhetzenden Rhetorik und ignorieren die grundgesetzlich verbriefte Würde der Frau. Mit
ihren fanatisch und missionarisch vertretenen Positionen schüren sie ein Klima von Hass,
Verachtung und Gewalt.
Die Versuche, die sexuellen
und reproduktiven Rechte von Frauen und Männern sie zu unterlaufen und zu diskreditieren,
sind vielfältig. Ärzte, medizinische Zentren, Verbände und Beratungsstellen,
die Frauen bei der Inanspruchnahme dieser Rechte unterstützen, sehen sich
hasserfüllten Reaktionen ausgesetzt. Die katholische Internetplattform kreuz.net hatte
nichts Eiligeres zu tun, als den ermordeten Arzt als „Mörder” hinzustellen.
Sie zitierte Abtreibungsgegner, die schrieben: „Gestern traf ihn das Schicksal, das er
Hunderttausenden von kleinen Buben und Mädchen bereitet hat, die auch gerne die Sonne
gesehen hätten."
Die in Deutschland monatelang
vor allem hinter den Kulissen der Öffentlichkeit geführte politische
Auseinandersetzung um das Gesetz, das einen Abbruch mit medizinischer Indikation erschweren
soll, liegt gerade hinter uns. Am 13.Mai 2009 beschloss der Bundestag mehrheitlich die
Verschärfung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes. Zur Freude der
„Lebensschützer” Denn nun müssen Ärzte zusätzliche Auflagen
erfüllen, wodurch ihre Bereitschaft, eine medizinische Indikation auszustellen, weiter
sinken wird.
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