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Die iranische Revolution von 1979 bewirkte eine Umkehr in den
US-iranischen Beziehungen: einst „Gendarm des Golfs” für die USA avancierte
der Iran nun zum „großen Satan” Dies hatte erhebliche Folgen für die
Ausbeutung seiner wichtigsten Reichtumsquelle: das Öl.
Der Iran ist der viertgrößte Ölförderer der Welt, aber die Ausbeutung
ist nicht effizient, weil der Zugang zu fortgeschrittener Technologie fehlt. Mit dem Abzug der
Amerikaner zogen auch die ausländischen Techniker aus den Erdölraffinerien ab und
die Rohölproduktion ging drastisch zurück. Der Iran verfügte zwar über
ausreichend finanzielle Mittel, um die für eine effiziente Ausbeutung nötigen
Instrumente und Technologien zu kaufen, aber die Feindseligkeit der Erdölgesellschaften
versperrte ihm diesen Weg. Viele Ölfelder haben den Höhepunkt ihrer Ausbeutungsrate
erreicht, auch wenn sie noch nicht erschöpft sind. Die westlichen Unternehmen
verfügen über sehr fortgeschrittene Technologien, die diesen Zeitpunkt
hinauszögern können. Außerdem gibt es neue, noch nicht ausgebeutete Vorkommen.
Die staatliche Erdölgesellschaft National Iranian Oil Company hat erklärt:
„Wenn es keinen umfassenden Plan gibt, durch Gasliften den Druck im Förderstrang zu
stabilisieren, werden wir nicht in der Lage sein, die aktuelle Produktion zu halten, und erst
recht nicht, sie zu steigern. Wir werden das Begleitgas weiter verbrennen und so eine kostbare
Ressource vergeuden."
Für die USA besteht das
Problem nicht so sehr in den iranischen Ölvorkommen, sondern in der Möglichkeit,
dass eine Ölpipeline vom Kaspischen Meer zum Persischen Golf gebaut wird. Sie bildete
für das Erdöl aus den ehemals sowjetischen Republiken eine kurze Strecke zum Meer
und wäre eine Alternative zu den vom Westen geplanten Pipelines und von den USA
kontrollierten Pipelines. Deshalb untersagte Clinton 1995 den US-Unternehmen und ihren
Filialen Handelsbeziehungen mit dem Iran und verhängte Sanktionen gegen die —
amerikanischen wie ausländischen — Unternehmen, die im Jahr mehr als 20 Millionen
Dollar in den Erdölsektor des Iran investieren würden (1996). Zum Ausgleich wurde im
Jahr 2000 das Embargo für Teppiche und Pistazien aufgehoben — und damit der
„Reformer” Rafsanjani und seine Familie begünstigt, die nahezu das Monopol
über Pistazien besitzt.
Der Benzinverbrauch ist im
Iran unverhältnismäßig gestiegen infolge der äußerst niedrigen
Preise, die das Regime festlegt, um den Konsens zu bewahren. Im Juni 2007 war Ahmadinejad
gezwungen, eine Höchstgrenze von 100 Litern pro Monat festzulegen; darüber hinaus
steigt der Preis. Die Höchstgrenze soll viele Probleme lösen: den Schmuggel, also
den Verkauf großer Mengen Benzin ins Ausland, die im Iran zu Schleuderpreisen erworben
wurden; aber auch die begrenzten Raffineriekapazitäten. So gibt es zwar eine illegale
Ausfuhr von Benzin, der umgekehrte Weg aber ist legal. Einer der größten
Ölproduzenten der Welt ist gezwungen, Benzin im Ausland zu kaufen. Wenn dies so
weitergeht, wird der Iran den Vorteil aus der Ölrente verlieren, die ungeheure Mengen von
Mehrwert, das den Proletariern anderer Nationen abgepresst wurde, in die Kassen der
Islamischen Republik leitet. Die Herstellung von Atomenergie soll auch dazu dienen, keinen
Treibstoff für die Produktion von elektrischer Energie zu verschwenden —
unabhängig von möglichen Atmbombenplänen.
Die auf die Revolution
folgenden Jahre haben ein Wirtschaftswachstum gebracht, im Vergleich zum Schah-Regime gab es
auch einige Fortschritte: der Analphabetismus ging stark zurück und die
landwirtschaftliche Produktion nahm zu. Der Iran war einmal der weltweit größte
Importeur von Nahrungsmitteln; heute ist er nahezu Selbstversorger.
In absoluten Zahlen ist die
landwirtschaftliche Bevölkerung, die im ersten Jahrzehnt nach der Revolution um 9
Millionen zugenommen hatte, im zweiten Jahrzehnt um fast 4 Millionen zurückgegangen
— von 22,3 auf 18,5 Millionen. Es ist außerdem sehr wahrscheinlich, dass, wie in
allen Ländern, die sich in einem Urbanisierungsprozess befinden, ein großer Anteil
der Einkommen landwirtschaftlicher Familien von Angehörigen stammt, die in die
Städte ausgewandert sind. Mit einem Anteil der landwirtschaftlichen Arbeitskraft von
26,5% hat der Iran im Jahr 2000 das Niveau von Italien in den frühen 60er Jahren
erreicht. Von 1975 bis 2000 ist der Einsatz von Düngemitteln je bestellbaren Hektar von
22 auf 94 kg gestiegen; die Anzahl der Traktoren hat sich in dieser Zeit mehr als
verfünffacht (von 43900 auf 237000. Der Kapitalismus schreitet in der iranischen
Landwirtschaft mit Riesenschritten voran.
Betrachtet man die
Zahlungsbilanz, die in den letzten Jahren deutlich positiv war, erkennt man jedoch, dass die
Exporte hauptsächlich vom Öl getragen werden, während Nahrungsmittel immer noch
in einem gewissen Umfang importiert werden müssen.
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