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Am 16.Juli wurde der Menschenrechtsanwältin und engagierte
Kämpferin für die Rechte der Palästinenser, Felicia Langer, das
Bundesverdienstkreuz überreicht. Seitdem sieht sie sich einer Hasskampagne von Seiten
rechter Israelverteidiger ausgesetzt, in der PETER NOWAK eine „antisemitische
Grundierung” erkennt.
"Zum ersten Mal seit 1945
wurde in Deutschland wieder ein Orden für besonders engagiertes Vorgehen gegen Juden
verliehen”, heißt es auf dem rechtskonservativen Internetportal Politically
Incorrect. Gleich darunter gibt es Betätigungsmöglichkeiten: „Wer dem
Bundespräsidialamt zur ersten antijüdischen Verdienstkreuzverleihung seit Kriegsende
NICHT gratulieren möchte”, kann eine Mail schreiben.
Der Kommentarbereich dieser
Seite wurde allerdings schon nach 24 Stunden geschlossen. Denn dort tobte sich die Wut
über diejenige, die Gegenstand der Kritik war, in nicht mehr zitierfähigen
Beschimpfungen aus. Es war die Person Felicia Langer, die angegriffen wurde: die Jüdin,
die nur knapp der Vernichtung im Nationalsozialismus entkommen war, die Kommunistin, die bis
Ende der 80er Jahre Mitglied des Zentralkomitees der israelischen KP war, und die
selbstbewusste Frau, die sich auf keine Nation und kein Vaterland festlegen lässt. Diese
Kombination: Jüdin, Kommunistin, Antinationalistin und emanzipierte Frau ließ Rosa
Luxemburg schon zur Hassfigur der deutschen Rechten werden. Ihre dümmsten Nachfolger
schwadronieren nach wie vor vom Weltjudentum und sind in ihrem Antisemitismus auch bereit, mit
Islamisten zu paktieren, wenn sie sich nur nicht in Deutschland ansiedeln.
Die schlaueren Epigonen der
Rechten scheinen die Lektion aus der Geschichte gelernt zu haben. Sie respektieren Juden, wenn
sie in Israel wohnen und die israelische Politik verteidigen. Ihr antisemitisches Mütchen
kühlen sie dann an den Jüdinnen und Juden, die Israel nicht als ihre Heimat ansehen.
Im Umfeld von Politically Incorrect gibt es diese Sorte von Rechten. Während Israel dort
außerhalb jeder Kritik steht, ist jeder Jude, der nicht gleichzeitig stolzer israelischer
Staatsbürger ist, zum verbalen Abschuss freigegeben.
Felicia Langer bietet sich
für sie besonders als Feindbild an. Sie hat nämlich etwas gemacht, was den deutschen
Rechten besonders verwerflich erscheint: Sie hat sich in Deutschland angesiedelt. Der schlaue
Rechte hat gelernt: Da die Juden doch jetzt einen eigenen Staat haben, sollen sie auch dort
leben. Felicia Langer aber lässt sich auf kein Heimat- und Vaterland festschreiben. Sie
steht damit in einer kosmopolitisch-jüdischen Tradition, die von den Nazis und ihren
Verbündeten weitgehend zerstört wurde. Die falschen Freunde Israels haben auf
Versuche, diese Tradition wieder zu beleben, immer mit besonderer Aversion reagiert. Die Juden
sollen gefälligst in Israel bleiben. Für den rechten Israelkritiker ist die
Verteidigung Israels oft ein Ticket, mit dem er belegen will, gar kein Antisemit sein zu
können. Das konnten wir in Deutschland schon in den späten 60er Jahre erleben, als
sich NS-Täter und Mitläufer als besonders laute Israel-Verteidiger aufspielten. Die
damalige Konkret-Publizistin Ulrike Meinhof hat damals in ihrer Kolumne Die falschen Freunde
Israels die richtigen Worte dazu gefunden.
Doch davon scheint heute wenig
übrig geblieben. Denn die Kampagne der rechten Israel-Verteidiger fand keine
adäquate linke Antwort. Es gab einige Solidaritätserklärungen für Felicia
Langer. Doch die ließen sich in der Regel inhaltlich ein und verteidigten die vehemente
Israelkritik der Ausgezeichneten. Doch genau darum geht es mir nicht. Ich verteidige weder
Langers Erklärungen zu Israel noch ihre manchmal fragwürdige Bündnispolitik,
die sie sogar dazu brachte, einen Jürgen Möllemann vor dem Vorwurf des
Antisemitismus zu verteidigen. Ich verteidige das Recht einer linken Jüdin im Jahr 2009,
in Deutschland zu leben und hier ihre Meinung zu vertreten. Ich verteidige das Recht von Frau
Langer, sich nicht auf einen Verhaltungscodex gegenüber Israel festlegen zu lassen und
sich für ihre Haltung nicht rechtfertigen zu müssen. Das gilt natürlich auch
Anhänger der israelischen Politik. Henryk M. Broder hat genau so das Recht, seine Lesart
des Nahostkonflikts zu verbreiten, ohne einer Kampagne ausgesetzt zu sein. Es ist völlig
normal, dass unter in Deutschland lebenden Juden auch zur israelischen Politik
unterschiedliche Ansichten bestehen. Ein auch polemisch ausgetragener Streit darum ist das
Normalste auf der Welt. Antisemitische Töne bekommt die Auseinandersetzung erst, wenn den
Personen ihr Judentum vorgehalten oder abgesprochen wird.
In Teilen der deutschen Linken
ist es üblich, sich ihre Kritik an der israelischen Politik durch jüdische Stimmen
beglaubigen zu lassen. Die Kritik daran war berechtigt. Genau so vehement muss aber der
Versuch von Israel-Verteidigern zurück gewiesen werden, gegen Juden vorzugehen, die eine
andere Sicht auf Israel haben. Genau diese Haltung vermisse ich gerade auch von einer
israelsolidarischen Linken.
In den letzten Jahren wurde
viel über eine Israelkritik diskutiert, in der antisemitische Elemente enthalten sind.
Dabei stellte sich natürlich zwangläufig die Frage, wann Israelkritik antisemitisch
wird. Jetzt wäre es an der Zeit, eine Israelverteidigung mit antisemitischer Grundierung
einer genau so schonungslosen Kritik zu unterziehen. Dabei müsste auch die Frage gestellt
werden, wann die Israelverteidigung mit antisemitischen Stereotypen einhergeht. Im Fall von
Felicia Langer ist diese Grenze überschritten worden.
Ein Argument von
israelkritischer Seite wird am Beispiel von Felicia Langer gestärkt. Israel ist
tatsächlich eine Schutzmacht für Juden. Diejenigen Juden, die sich wie Langer nicht
unter israelischen Schutz stellen, sind dafür Hass und Hetze umso stärker
ausgesetzt. Das ist ein Grund, einen Antisemitismusbegriff stark zu machen, der den Schutz
aller jüdischen Menschen, auch den von Frau Langer beinhaltet.
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