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Mit dem Sieg der bäuerlichen Armeen und der Ausrufung der
Volksrepublik im Jahre 1949 endete eine historische Phase, die das Reich der Mitte zum Opfer
kolonialer Ausbeutung gemacht hatte. China wurde zum selbständigen Akteur auf der
Weltbühne, doch nicht als neuer Konkurrent auf dem kapitalistischen
Weltmarkt.Spätestens durch die von der KP unter Mao Zedong initiierte Kulturrevolution
erprobten die chinesischen Kommunisten eine eigene Variante antiimperialistischer
Entwicklungspolitik und wurden zum Bezugspunkt für revolutionäre Bewegungen. Diese
Periode endete 1978.
Vor dem Hintergrund des
Scheiterns des Experiments der Volkskommune und einer für die Ernährung der
Bevölkerung zu geringen Wachstumsrate vollzog die Parteimehrheit unter Führung des
langjährigen Mao-Widersachers Deng Xiao Ping den Abschied vom maoistischen
Entwicklungspfad und stellte Weichen zu marktorientierten Reformen, deren entfesselnde Dynamik
China zu einer führenden kapitalistischen Weltmacht im 21. Jahrhunderts gemacht hat. Doch
es ist die schamlose Ausbeutung der chinesischen Arbeiter und ihre Rückverwandlung in
schutzlose Lohnarbeiter, die diesen Wandel ermöglicht hat. Nach dem Gini-Index, der
weltweit die Ungleichverteilung des Einkommens misst, liegt China mittlerweile hinter den USA.
Die Empörung über diese Entwicklung entlädt sich heute in Tausenden von zumeist
vereinzelten Widerstandsaktionen, bei deren Bekämpfung Partei und Regierung nicht
zufällig Konfuzius wiederentdeckt haben, der die stabile Ordnung und die Harmonie
idealisierte und empfahl, Unruhen bereits im Keim zu ersticken. Bekanntlich hatten die
Maoisten mit den Parolen „Konfuzius kritisieren” und „Rebellion ist
berechtigt” versucht, eben diese zu organisieren. Das wirft die Frage auf, ob der
Maoismus in den aktuellen Unruhen eine Chance auf eine Renaissance hat und wenn ja, worin
seine emanzipatorische Erbschaft bestehen könnte, und wo seine Irrtümer und Grenzen
liegen.
Das von Felix Wemheuer
herausgegebene Buch Maoismus. Ideengeschichte und revolutionärer Geist versucht, dazu
einen Beitrag zu leisten. Das Buch umfasst Artikel von Mao aus verschiedenen Perioden der
chinesischen Revolution und macht nachvollziehbar, wie der chinesische Revolutionär auf
der Basis einer Klassenanalyse der chinesischen Gesellschaft eine Theorie der sozialen
Revolution in einer bäuerlichen Gesellschaft entwickelte, die zu anderen Ergebnissen kam
als die KPdSU-Orthodoxie.
Einen zweiten Schwerpunkt des
Buches bildet die Beurteilung der Kulturrevolution. Neben Artikeln des ZK von 1966 und von Yao
Wenyuan 1975 (er war Mitglied der sog. Viererbande) kommen Theoretiker und Aktivisten der
westeuropäischen Arbeiterbewegungslinken zu Wort. Dokumentiert wird u.a. ein
Streitgespräch zwischen dem ehemaligen Aktivisten der Gauche Prolétarienne, Benny
Lévy, und Michel Foucault, das sich um die heute etwas befremdend wirkende Frage dreht,
ob die Massen frei über den Umgang mit ihren Peinigern bestimmen sollen oder ob es
dafür eine „dritte Instanz”, ein Gericht, geben muss. Charles Bettelheim
entwickelt auf der Basis eigener Erfahrungen und Gespräche im China der Kulturrevolution
eine marxistische Theorie von Übergangsgesellschaften. Rossana Rossanda begründet,
warum sie in der chinesischen Herausforderung eine Erneuerung des Marxismus sieht. Edorda Masi
analysiert Theorie und Praxis der maoistischen KP als notwendigen, aber unvollständigen
Bruch mit dem Leninismus.
Am Ende des Buches finden sich
Empfehlungen deutscher und englischer Literatur zum Thema.
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