SoZ - Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, September 2009, Seite 24

Ein Augenblick Freiheit,

Frankreich/Österreich 2008, Buch und Regie: Arash T. Riahi. Kinostart: 13. August 2009

Nach einer Statistik des UNHCR gab es Ende 2007 weltweit etwa 16 Millionen Flüchtlinge und ca. 26 Millionen Binnenvertriebene. Ein Augenblick Freiheit nimmt sich dieser Thematik in Form eines Spielfilms an. Regisseur Riahi beschreibt die Flüchtlinge, die er in seinem Debütfilm porträtiert, so: „Hier sind Helden, die nichts getan haben, als an dem Tag, an dem ihr Kampf für ihre Ideale nicht mehr mit ihrem Überleben zu vereinen war, zu fliehen.” Die Eltern des Regisseurs waren bereits zur Zeit des Schahs im Iran politisch verfolgt und flohen mit ihrem Sohn, sodass im Film auch Autobiografisches steckt. Es sind aber auch die Erfahrungsberichte anderer Flüchtlinge verarbeitet worden.Der Film erzählt drei Geschichten. Ali und Merdad fliehen mit zwei Kindern über die iranisch-türkische Grenze. Ihr Ziel ist Wien, wo die Eltern der Kinder politisches Asyl gefunden haben. Sie müssen aber zunächst in Ankara bleiben, wo sie auf die Erlaubnis zur Weiterreise durch die örtliche Stelle des UNHCR warten.
Dort landet auch das Ehepaar Lale und Hassan mit ihrem Sohn Kian. Sie haben die gleiche abenteuerliche Flucht über die Berge hinter sich, wo sie fast von einem betrügerischen Schlepper verraten worden wären.
Das ungleiche Freundespaar Manu und Abbas ist schon länger in Ankara. Manu verkörpert den Lebenskünstler, der sich nicht unterkriegen lässt. In Telefonaten in sein irakisch-kurdisches Heimatdorf schwindelt er den Leuten dort vor, wie gut es ihm geht und dass er es „in Deutschland” schon weit gebracht hat, einen Mercedes fährt usw. Gegenüber seinem schwermütigen Freund Abbas rechtfertigt er sich damit, seinen Freunden und Verwandten zu Hause würde es dann besser gehen, sie brauchten sich keine Sorgen zu machen. Hinter seiner Fröhlichkeit steckt viel Traurigkeit, das merkt man daran, dass er Gasmasken nach Hause schickt. Sein Heimatdorf gehörte zu denen, die Ende der 80er Jahre von der irakischen Armee mit Giftgas angegriffen wurden.
Sie alle stehen Tag für Tag Schlange vor der UNHCR-Vertretung in Ankara. Da sie in der Türkei nur geduldet sind, hoffen sie auf ein Visum für die Weiterreise in ein EU-Land. Dabei spielen sich sehr traurige, aber auch durchaus witzige Szenen ab. Jeder Flüchtling hat seine eigene Methode, die Bürokratie zu überlisten. Manchen gelingt es, für andere endet es tragisch.
Der Film ist sehr dicht inszeniert. Der Regisseur will alle Sinne der Zuschauer ansprechen, was ihm auch gelingt. Im ersten Teil des Films, der die Fluchtgeschichten erzählt, ist viel Bewegung. Der mittlere Teil, das Warten auf den Bescheid des UNHCR, ist scheinbar ruhig, es gibt aber immer wieder dramatische Wendungen. Im dritten Teil setzen sich die Protagonisten wieder in Bewegung, wobei nicht alle an ihr Ziel kommen.
Wie kann es sein, dass so ein Film auch lustige Momente hat? Die Jagd auf einen Schwan in einem öffentlichen Park, der einen Festbraten abgeben soll, gehört zu den komischen Highlights des Films. Als besonderer Gag wird im Abspann noch versichert, dass im Film keine Schwäne getötet wurden. Diese Komik hat auch in einem Film mit so einer ernsten Thematik ihren Platz, denn „wenn Menschen lachen, öffnet sich ihr Kopf”

Andreas Bodden


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