SoZ - Sozialistische Zeitung |
Schon Monate vor der Bundestagswahl ist die Weltwirtschaftskrise in den Häfen angekommen.
Nicht nur die Existenz der Werften steht auf dem Spiel. Auch viele Hafenbetriebe stecken auf Grund des Frachtrückgangs um
bis zu 50% vor der Frage, wie sie sich unkalkulierte Mehrkosten möglichst vom Hals halten können.
Über den vom Hafen-Personaldienstleister GHB
(Gesamthafenbetriebsverein) in Bremerhaven gewählten Weg gibt es nun einen offenen Konflikt. Ver.di und der
Gesamtbetriebsrat hatten einem Sozialplan zugestimmt, um eine drohende Insolvenz abzuwenden. Seine Eckpunkte haben die
Belegschaft, die noch vor einigen Jahren erfolgreich an der Bekämpfung der Port Package II (der EU-Hafenrichtlinie)
teilgenommen hatte, jedoch gespalten.
Der Sozialplan sieht Entlassungen bzw.
Änderungskündigungen mit massiven Verschlechterungen für insgesamt 1300 der bisher 2700 Beschäftigten vor.
Nach den neuen Beschäftigungsbedingungen werden die Löhne von 15 auf gut 8 Euro gesenkt, weitere tarifliche Leistungen
werden eingeschränkt, und der Arbeitgeber kann die Schichtzeiten bei Bedarf auf vier Stunden verkürzen.
Gegen diese krasse Prekarisierung und gegen eine
Personalauswahl, bei der sich ein Teil der älteren KollegInnen benachteiligt sieht, hat sich ein Komitee der betroffenen
Arbeiter gebildet, das unter dem Namen Wir sind der GHB öffentlich auftritt und die Solidarität mit anderen
Lohnabhängigen sucht. Die Aktivisten haben eine Unterschriftensammlung für den Rücktritt des Betriebsrats
initiiert, mehr als ein Viertel der Belegschaft hat unterschrieben. Auch wurden schon mehrere Demonstrationen und
Veranstaltungen organisiert.
In einem Flugblatt der Initiative heißt es unter Was wir
fordern: „Jeder Arbeitnehmer sollte von dem Geld, das er durch seiner Hände Arbeit verdient, in Würde leben
können und nicht durch Lohndumping zum Hartz-IV-Aufstocker werden. Es muss verhindert werden, dass die Lohnschraube immer
mehr nach unten gedreht wird."
Das Komitee fordert, „dass die Geschäftsführung
des GHBV Bremen und Bremerhaven alle Änderungs-, sowie Beendigungskündigungen im Bereich Hafen und Distribution wieder
zurücknimmt und mit uns einen vernünftigen und fairen Sozialplan ausarbeitet”
An die Adresse der eigenen Gewerkschaft gerichtet fordern die
Gemaßregelten „absolute Loyalität des GHBV Betriebsrates und der Gewerkschaft Ver.di gegenüber allen
Arbeitnehmern, Eingestehen der Fehler und für die Zukunft keine existenzbedrohenden Tarifverträge sowie keine
Unterwanderung durch Fremdfirmen”
Die hier in Bewegung geratenen Teile der GHB-Belegschaft haben
in der kurzen Zeit erfahren, dass sie von ihrer Geschäftsleitung nach dem Ende der fetten Jahre wie lästige Mitesser
abserviert wurden. Sie mussten aber auch lernen, dass die von ihnen gewählte Interessenvertretung sie nicht mehr vertreten
wollte. Schließlich sehen sie sich auf der Suche nach Unterstützung noch damit konfrontiert, dass diverse
selbsterklärte Avantgarden sie gerne als Parteisoldaten in ihre Schlachtordnung integrieren möchten. Doch bisher
lassen sie sich nicht ihren Schneid abkaufen. Zur Verteidigung ihrer Autonomie haben sie u.a. geregelt, dass nur
Beschäftigte der GHB oder von der GHB-Entlassene Mitglieder des Komitees werden können.
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