SoZ - Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, November 2009, Seite 09

IGM-Kundgebung wählt Wirtschaftsrat

Regionalfonds sollen Liquidität der Unternehmen sichern

Die IG Metall Esslingen gibt den Anstoß zur Bildung eines Wirtschafts- und Sozialrats.

Rund 1500 Menschen folgten im Juni einem Aufruf der IG Metall Esslingen zum „Aufstand der Anständigen” und demonstrierten für die Sicherung der Arbeitsplätze. Konkret forderten sie die Einrichtung eines regionalen Fonds zur Sicherstellung der Liquidität der Unternehmen und eine andere Zinspolitik der Banken. Als erster Landkreis in Deutschland wurde ein Wirtschafts- und Sozialrat gewählt. Vor mehreren Banken fanden Aktionen statt.
Die Metallindustrie im Kreis Esslingen ist wegen ihrer Exportstärke besonders von der Wirtschaftskrise betroffen, im Maschinenbau mit Aufragseinbrüchen bis zu 80%. Die meisten Betriebe haben bislang mit Kurzarbeit reagiert, aber die IG Metall befürchtet, dass viele spätestens im Herbst Liquiditätsprobleme bekommen und dann Personal abbauen werden. Intern befürchtet die IG Metall, dass bis zu 30% der Metallbetriebe in Baden-Württemberg in die Insolvenz getrieben werden können. Schon in den letzten Monaten wurden rund 2000 Arbeitsplätze abgebaut, v.a. Leiharbeitnehmer und Befristete. Weitere Entlassungen sind angekündigt, allein beim Betonpumpenhersteller Putzmeister mehrere hundert. Mit der Kundgebung hat die IG Metall ein Signal gesetzt, dass sie sich gegen die Vernichtung von Arbeitsplätzen zur Wehr setzen wird.
Das Konzept der IG Metall lautet „Stunden entlassen, statt Menschen!” Kurzarbeit soll fortgesetzt werden, vor allem auch für die Auszubildenden, die Anfang nächsten Jahres auslernen; sie dürfen nicht in die Arbeitslosigkeit geschickt werden. Mit einem Stipendiummodell können sich junge Fachkräfte über eine längere Zeit qualifizieren. Entschieden wendet sich die IG Metall gegen die Rente mit 67 und fordert im Gegenteil die Schaffung von besseren Ausstiegsmöglichkeiten aus dem Berufsleben für ältere Arbeitnehmer. „Lasst die Älteren in Würde raus, damit die Jungen rein können”, sagt Sieghard Bender, Geschäftsführer der IG Metall Esslingen.
Vehement kritisiert wurde die Politik der Banken. „Die Bankenmanager sind nicht bereit, den Karren aus dem Sumpf zu ziehen, in den sie ihn selbst gesteuert haben” (Helga Schwitzer, Mitglied des geschäftsführenden Vorstands der IG Metall). Die IG Metall kritisiert, dass die Banken 17% und mehr Überziehungszinsen verlangen. Sie fordert, dass Kurzarbeiter für bis zu 300 Euro Überziehung im Monat nicht mehr als 3% bezahlen. Vor mehreren Banken hängten die Demonstranten symbolisch alte Hemden auf, mit der Aufschrift „Mein letztes Hemd”
Zentrale Forderung der IG Metall ist die Einrichtung eines regionalen Fonds, aus dem Unternehmen mit Liquiditätsproblemen Kredite bekommen können. „Aus dem zentralen Rettungsfonds der Bundesregierung wird kaum ein Unternehmen im Kreis Esslingen Gelder bekommen. Sie sind nicht systemrelevant. Erstes Beispiel ist die Firma AKsys, die deshalb Insolvenz anmelden musste. Wir wollen, dass ein regionaler Wirtschafts- und Sozialrat vor Ort entscheidet, wer Unterstützung erhält”, sagt Bender. Dieser Wirtschafts- und Sozialrat soll paritätisch besetzt sein mit Vertretern der Arbeitgeber, der Öffentlichen Hand und der Arbeitnehmer.
Die Kundgebung wählte sogleich die Vertreter der IG Metall im Wirtschaftsrat: Hans Jürgen Drung, Betriebsratsvorsitzender der Firma Festo, Esslingen; Giovanni Conforti, Betriebsratsvorsitzender der Firma Index, Esslingen; Dietmar Kuhn, Betriebsratsvorsitzender der Hirschmann Car Communication, Neckartenzlingen; Elmar Brummer, Betriebsratsvorsitzender Single Temperiertechnik, Hochdorf; Sieghard Bender, IG Metall Esslingen.
Der Aufstand der Anständigen wird weitergehen — in jedem Betrieb, in dem Arbeitsplätze abgebaut werden sollen, und vor den Banken, wenn sie ihre Politik nicht ändern.
Quelle: www.esslingen.igm.de


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