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SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, November 2009, Seite 20

Jakob Moneta wird 95

Herzlichen Glückwunsch!

von Manuel Kellner

Am 11. November 2009 wird Jakob Moneta 95 Jahre alt. Seit Bestehen der SoZ, 1986, bis 2003 hat er in jeder Ausgabe eine Kolumne geschrieben. Geboren in Blasow, Ostgalizien (heute Polen), aufgewachsen in Köln, wurde er 1931 Mitglied des Sozialistischen Jugendverbands (SJV) der links von der SPD stehenden Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP). Er emigrierte kurz nach seinem Abitur im Jahr 1933 auf der Flucht vor den Nazis nach Palästina.
Zunächst lebte er in einem Kibbuz — eine Erfahrung kommunistischer Lebensweise, die ihn stark prägte. Als er merkte, dass die Gemeinschaftlichkeit der meisten Kibuzzim untrennbar gebunden war an eine feindselige Einstellung gegenüber der umgebenden arabischen Bevölkerung, konnte er dort nicht mehr bleiben. Später arbeitete er u.a. als Orangenkistennagler und organisierte einen Streik für den 8-Stunden-Tag.
Bei der britischen Mandatsregierung machte er sich mit seinen Ansichten so unbeliebt, dass sie ihn für 27 Monate inhaftierte. Zurück in Deutschland wurde er 1948 Redakteur der sozialdemokratischen Rheinischen Zeitung. Da zeigte er sich aufmüpfig, indem er z.B. vorschlug, linke Mandatsträger sollten im Monat nicht mehr als 2000 Mark verdienen. Als er Artikel von Ernest Mandel zum Thema Arbeiterselbstverwaltung in Jugoslawien ins Blatt rückte und einen Betriebsrat organisieren wollte ("Wozu denn das in einem sozialistischen Betrieb?”, fragte der Chef), war seines Bleibens auch bei der RZ nicht länger.
Von 1953 bis 1962 war Jakob Moneta Sozialreferent der Deutschen Botschaft in Paris. Von 1962 bis 1978 arbeitete er als Chefredakteur bei Metall (Zeitung der IG Metall) — in dieser Zeit erlebte Metall einen beispiellosen Aufschwung. Das hielt ihn nicht davon ab, gleichzeitig mit Klarnamen als Kolumnist von Was tun, Zeitung der Gruppe Internationale Marxisten (GIM), zu wirken. Er war seit langem Mitglied der IV. Internationale, deren deutsche Sektion die GIM war, eine Organisation, die im Verfassungsschutzbereicht als „verfassungsfeindlich” geführt wurde.
Es war bezeichnend für den politischen Lebensweg von Jakob Moneta, dass er an seiner Mitgliedschaft in dieser Organisation (und später in ihrer Nachfolgeorganisation Internationale Sozialistische Linke — ISL), festhielt, während er zugleich Mitglied der PDS (später der Partei DIE LINKE) und immer bemüht war, im Rahmen möglichst breiter Strömungen der Arbeiterbewegung und der Linken mitzuwirken.
Jakob Moneta war ein sehr beliebter Autor der SoZ. Bei Umfragen unter Leserinnen und Lesern schnitt er in aller Regel am Besten ab. Er konnte lebendig und glaubwürdig schreiben, und auch komplizierte und kniffelige politische Fragen in allgemeinverständlicher Art und Weise darstellen und wirksam zuspitzen.
Weniger bekannt als seine Artikel sind seine Buchveröffentlichungen. Auf eine soll hier hingewiesen werden.
Im Jahr 1991 erschien im Frankfurter ISP-Verlag eine Sammlung von Reden und Aufsätzen von Jakob Moneta unter dem Titel Mehr Macht für die Ohnmächtigen. Jakobs Beiträge befassen sich mit der Aktualität der unvollendet gebliebenen französischen Revolution, mit 100 Jahren Sozialistengesetz, mit den Lehren aus der revolutionären Periode 1918—1923 in Deutschland, mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs durch den Überfall Deutschlands auf Polen, mit dem damaligen Grundsatzprogramm des DGB — und mit der Frage der Gewalt.
Der vorletzte Beitrag trägt den Titel „Mehr Gewalt für die Ohnmächtigen” Er stammt aus dem Jahr 1978, also aus der Zeit der Terrorhysterie. Ausgangspunkt sind seine persönlichen Lebenserfahrungen. Als Vierjähriger musste er schon erleben, wie seine Familie Opfer eines Judenpogroms wurde. Mit wenigen Federstrichen zeichnet er die Verzweifung der wehrlosen Opfer. Jedoch:
"Der von den polnischen Nationalisten genährte Judenhass konnte sich nicht überall an Wehrlosen entladen. Dort, wo der Bund, die stärkste organisierte Kraft im jüdischen Proletariat, seine bewaffneten Kampfgruppen gebildet hatte, holten sich die Pogromisten meist blutige Köpfe. Gegenwehr leisteten nicht nur Juden, sonden auch klassenbewusste Arbeiter jeder Nationalität. Für sie war der Antisemitismus eine gefährliche Propagandawaffe des Klassenfeindes. Man musste sie bekämpfen. Mit allen Mitteln."
Herzlichen Glückwunsch, Jakob! Dein Leben war dem Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung gewidmet, und du bleibst uns ein Vorbild.


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