SoZ - Sozialistische Zeitung |
Das Aktionsbündnis „Wir zahlen
nicht für eure Krise” hat am 14. und 15.November in Stuttgart
seine Marschroute für das erste Halbjahr 2010 festgelegt.
Etwa 150 Menschen kamen auf Einladung von Ver.di Stuttgart ins Willi-
Bleicher-Haus, um nach der Bekanntgabe des Koalitionsvertrags das Terrain
und die Schwerpunkte des Widerstands abzustecken. Die Bandbreite der
Arbeitsgruppen, die einzelne Themen vertieften, ging über die Abwehr
von Entlassungen, die Möglichkeiten einer Kampagne für eine
radikale Arbeitszeitverkürzung, die Abwehr von Mietsteigerungen, die
Begleitung von Erwerbslosen zu den Argen, den Bildungsstreik und die
finanzielle Ausblutung der Kommunen bis hin zu dem, was als der
wahrscheinlich härteste Angriff gewertet wurde: die Aufhebung der
paritätischen Finanzierung des Gesundheitswesen, die einen
ähnlichen Paradigmenwechsel im Sozialsystem bewirken werde, wie 2004
die Agenda 2010.
Nach der
Demonstration am 28.3. hatte das Bündnis beschlossen, die eigene Basis
zu verbreitern durch die Bildung örtlicher Krisenbündnisse. Das
ist an 27 Orten quer durch die Republik geschehen. Am 17.9. fand ein
bundesweiter Aktionstag dieser Bündnisse statt, der jedoch mit
Ausnahme von Stuttgart, wo er hauptsächlich von der Gewerkschaft
Ver.di getragen wurde, nur eine schwache Beteiligung erfuhr. Für die
örtlichen Antikrisenbündnisse hat sich daraus noch kein Schwung
ergeben.
Nun gab es
in den letzten Monaten vor der Wahl eine Art Stillhalteabkommen der
Unternehmen, die, wie die Financial Times berichtet hatte, die Wahl einer
bürgerlichen Regierung nicht gefährden wollten. Dennoch wurden,
schleichend sozusagen, 3,2 Millionen Menschen seit Oktober 2008 in die
Arbeitslosigkeit entlassen. Nach der Wahl ist die Schonzeit vorbei und der
Unternehmerverband hat mit seiner Forderung nach einer Nullrunde im
nächsten Jahr den Ton angeschlagen.
Die lokalen
Bündnisse setzen ihre Arbeit fort und werden versuchen, stärker
in die Breite zu gehen. Bei den meisten besteht dabei das Problem, dass sie
eher noch als Dach für verschiedene, bereits bestehende Initiativen
und Aktionsfelder herhalten, als dass alle an einem gemeinsamen,
übergreifenden Thema arbeiten.
Es gab auf
der Konferenz eine längere Debatte, ob ein solches Thema nicht die
Gesundheitsreform sein sollte, da sie doch alle trifft und sicherlich auf
Widerstand stoßen wird. Dieser Vorschlag stieß noch auf
große Zurückhaltung, insbesondere Vertreter größerer
Organisationen wollten sich davon nicht binden lassen.
Andererseits ist das bisherige Modell zu starr und riskiert, sich
totzulaufen: Auf Bundesebene gibt es nämlich neben den örtlichen
Bündissen nur die Verabredung zu Demonstrationen. Auf diesen gibt es
meist auch keine inhaltliche Zuspitzung, sondern es werden Forderungen zu
dem Themenkatalog vorgetragen, der in der Plattform des Bündnisses
enthalten ist. Das Bündnis kann aber keine bundesweite Bewegung
entwickeln, wenn es zwischen den Demonstrationen praktisch auf Bundesebene
nicht arbeitet. Die örtlichen Proteste finden dann auch keine
überregionale Verlängerung. Die Erfahrungen der
Montagsdemonstrationen sollten an dieser Stelle noch einmal in Erinnerung
gerufen werden: Die Wiederholung wöchentlicher Demonstrationen, ohne
Strategie, wie die Basis verbreitert oder die Regierung sichtbar in die
Mangel genommen werden kann, ist im Sande verlaufen.
Die
Strukturen des Bündnisses sind allerdings noch sehr rudimentär:
Eine Kampagnenstruktur mit einem Büro und einem Minimum an
Finanzmitteln gibt es nicht, sollte aber auch nicht für alle Zeiten
ausgeschlossen sein. Als Kompromiss wurde eine Veranstaltungsreihe zu den
Angriffen auf das Gesundheitssystem beschlossen; Referenten und Materialien
werden auf die Webseite gestellt.
Die
Konferenz hat sich verständigt, dass es am 20.März 2010 parallel
zur Tagung des Europäischen Rats eine regionale Demonstration in
Stuttgart und womöglich auch eine in Nordrhein-Westfalen geben soll.
Die beiden Bundesländer sind von der Krise der Metall- und
Stahlindustrie am stärksten betroffen. Am 12.Juni soll es bundesweit
in mehreren Städten eine Demonstration geben.
Am 17.April
2010 tritt die Aktionskonferenz erneut zusammen.
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