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Wie sind derzeit die Zustände in der amerikanische
Autoindustrie?
30 Jahre lang, seit die Krise in der Autoindustrie begann, hat die
Automobilarbeitergewerkschaft UAW keine andere Strategie verfolgt, dieser
Krise zu begegnen, als mit Zugeständnissen. Die haben keinen einzigen
Arbeitsplatz gerettet: Vor 30 Jahren waren bei GM noch 485000 Arbeiter
beschäftigt, 2008 noch 62000 und bis 2011/12 sollen es noch 42000 sein
— das heißt: 90% der Jobs wurden gekillt, trotz
Zugeständnisse!
Gründe
für die Arbeitsplatzvernichtung gibt es viele: die technologische
Erneuerung, das Outsourcing der Abteilungen, die enorme Steigerung der
Arbeitshetze, die Verlagerung der Produktion in Billiglohnländer, um
die Konkurrenz zwischen den Beschäftigten zu schüren, z.B. um die
Frage: Wer darf das neue Modell bauen? In den 90er Jahren wurden die
Zulieferer verkauft, dennoch sind sie, wie American Axle, wo ich gearbeitet
habe, völlig von GM abhängig geblieben.
Vor 30
Jahren, nach der ersten großen Weltwirtschaftskrise, übernahmen
US-Autobauer japanische Unternehmensmethoden: Lohngruppen wurden
zusammengelegt, die Arbeit entwertet. In den USA sollten nur die
rentabelsten Kraftfahrzeuge hergestellt werden: die Trucks, die SUVs, die
Luxusklassen; mit jedem einzelnen Fahrzeug dieser Art wurden mindestens
10000 Dollar Gewinn gemacht.
Gleichzeitig haben ausländische Konzerne begonnen, Fabriken in den
USA zu bauen: Das war der dynamische Teil der Autoindustrie in den USA, und
er wurde immer größer. Die Belegschaften, die dort arbeiten, sind
gewerkschaftlich nicht organisiert; sie wurden gut dafür bezahlt, dass
die Gewerkschaft außen vor blieb. Sie bekommen in etwa den gleichen
Lohn wie bei GM, aber keine Krankenversorgung im Rentenalter. Bei Toyota
z.B. gibt es keine Betriebsrente und keine betrieblich gesicherte
Krankenversicherung im Alter. Dafür investieren die Beschäftigten
in Aktien oder Rentenpapiere, und der Unternehmer tut etwas dazu, eine Art
Sparbuch.
Die
Häflte der US-Autoproduktion wird inzwischen von ausländischen
Konzernen hergestellt.
Wie werden Arbeiter in den USA bezahlt?
Bei GM erhalten die Arbeiter einen Grundlohn, der wird an die
Preissteigerungsrate angepasst, das erfolgt automatisch alle drei Monate.
Bei gewerkschaftsfreien oder ausländischen Unternehmen gibt es keine
solche Anpassung. Wenn der Verkauf gut gelaufen ist, bekommen die Arbeiter
außerdem zum Jahresende eine Prämie. Nach 30 Jahren
Betriebszugehörigkeit können sie in Rente gehen.
Zusätzlich zu diesem Nettolohn erhalten sie eine betriebliche
Krankenversicherung, die auch für die Familie gilt — eine
gesetzliche Krankenversorgung gibt es nur für Menschen über 65
(sie deckt allerdings nicht Augen und Zähne). Dazu erhalten sie eine
Betriebsrente (pension) zusätzlich zur gesetzlichen Rente (social
security), letztere sichert aber nur 47% des letzten Lohns. Auch die
gesetzliche Rente steigt jährlich um die Inflationsrate.
Ich bekomme
nach 10 Jahren, die ich für American Axle gearbeitet habe, 1527 Dollar
aus der gesetzlichen Rentenversicherung, plus 580 Dollar aus der
betrieblichen Rentenversicherung. Da ich über 65 bin, komme ich auch
noch in den Genuss einer staatlichen Krankenfürsorge.
Der
Mindestlohn hingegen wir nicht an die Inflation angepasst. Er beträgt
derzeit 8,25 Dollar, gilt aber nicht für Bedienung, Farmer,
Heimarbeiter, Illegale usw.
Die
Hauptforderung an die neue Regierung Obama ist die Aufstockung der
gesetzlichen Sozialversicherung (Gesundheit und Rente), damit die
Beschäftigten nicht mehr von betrieblichen Leistungen abhängen.
nWas
bedeutet bei euch Rettung der Autoindustrie?
Chrysler
will 7 Werke in den USA schließen und stellt dafür eine
großzügige Abfindung in Aussicht: 100000 Dollar zzgl. Geld, um
ein neues Auto zu kaufen. Chrysler hat wie GM Insolvenz nach Kap.11
beantragt und Rettungsgelder der US-Regierung erhalten.
GM will 12
Werke schließen. Die Forschung und Entwicklung soll in Detroit
bleiben; dort sollen auch Prototypen für Kleinwagen hergestellt
werden. Die Hauptproduktion will GM aber nach Mexiko verlagern. So stirbt
noch ein Stück mehr von Detroit, die einstmals eine der reichsten
Städte der USA war. Für diese „Umstrukturierung” hat
GM 17,5 Mrd. Dollar an „Rettungshilfe” erhalten.
Bei GM wie
bei Chrysler war Bedingung für das Rettungspaket der Regierung, dass
die Löhne der Belegschaften auf das Niveau nichtgewerkschaftlich
organisierter Unternehmen fallen. Das bedeutet im Einzelfall: Für alte
Arbeiter bleibt alles beim Alten; neue Arbeiter beginnen mit einem
Einstiegslohn von 14 Dollar (früher: 26 Dollar) pro Stunde, ihre
Betriebsrente wird abgespeckt, und sie haben weniger Urlaub.
Ford hat um
Rettung nicht gebeten, will aber, dass seine Belegschaften dieselben
Konzessionen machen.
Wie wehren sich die Arbeiter?
Das ist sehr unterschiedlich: Bei Chrysler kämpfen sie gegen
Werksschließungen; da gibt es Demos und Unterstützung durch die
lokale Politik. An Betriebsbesetzungen denken die meisten nicht. In den USA
hat es nur eine erfolgreiche Betriebsbesetzung gegeben, das war 2009 bei
Republican Doors + Windows, Chicago. Die Belegschaft bestand aus Afrikanern
und Mexikanern, und sie hatten eine kleine, unabhängige und
kämpferische Gewerkschaft, die sie unterstützte.
Es gibt
Bewegungen für lokale oder regionale Mindestlöhne, gefordert
werden 10—12 Dollar (ohne Krankenversicherung). Einige Städte
haben das bereits angenommen.
Die soziale
Opposition äußert Vorstellungen, wie der Rustbelt, der
Gürtel um Detroit, Cleveland, Flint usw. wieder aufgebaut werden
könnte: mit industrieller Produktion im Bereich des alternativen
Massentransports und alternativer Energie. Doch die Firmen wollen das
nicht, und die Regierung will es auch nicht.
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