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Die vorbereitenden Gipfel zur Klimakonferenz
in Kopenhagen (7.—18.Dezember), die das 2012 auslaufende Kyoto-
Abkommen verlängern soll, sind alle ergebnislos verlaufen, nur durch
ein Wunder könnte in Kopenhagen noch etwas herumkommen.
Das
Protokoll von Kyoto aus dem Jahr 1997 hatte für einen Zeitraum von 15
Jahren relativ präzise, auch quantitative, Ziel zur Reduzierung der
CO2-Emissionen festgelegt. Die USA haben das Protokoll nicht unterzeichnet.
Auch jetzt verkündet die Regierung Obama, dass sie keine
Verpflichtungen eingehen kann, solange der Senat nicht ein entsprechendes
Gesetz verabschiedet hat. Sie schlägt vor, den „juristisch-
politischen Rahmen”, des Abkommens neu auszuhandeln.
Wenn dieser
Vorschlag angenommen wird, kann man begraben, was bislang erreicht wurde.
Die Gruppe der 77 plus China hat sich strikt gegen die Abkehr vom
bisherigen Pfad ausgesprochen. Die EU-Staaten sind sauer auf die USA aber
zugleich überzeugt, dass ein Weltklimaabkommen ohne die USA wenig wert
ist, deshalb sind sie bereit nachzugeben und einen Kompromiss mit den USA
zu suchen, um die Konferenz zu retten. Obamas Spielraum ist jedoch sehr
begrenzt.
Es ist
nicht das erste Mal, dass die USA die internationale Gemeinschaft
blockieren. Der Hauptgrund dafür liegt darin, dass die
übergroße Mehrheit der Eliten und der öffentlichen Meinung
in den USA kulturell und politisch unfähig ist, eine Änderung
ihres Lebensstils auch nur zu denken. Der „American way of
life” ist für sie nicht verhandelbar. Dies gilt umso mehr, als
der Ausweg aus der Krise (die vor allem die USA zu verantworten haben) und
ein wirksamer Kampf gegen die Erderwärmung (für die sie
ebenfalls, historisch gesehen, in erster Linie verantwortlich sind)
über Maßnahmen und Instrumente führt, die zugleich ein
„grünes Wachstum” und einen runderneuerten liberalen
Kapitalismus fördern und die politische und technologische
Führungsrolle der USA bekräftigen, nicht schwächen.
Wenn die
USA heute auch das Haupthindernis auf dem Weg nach Kopenhagen sind, so wird
doch der Glaube an eine neue Wachstumsphase des „grünen
Kapitalismus” von den anderen großen Akteuren der Welt geteilt:
EU, China, Indien, Russland, Brasilien... Jedes „große”
Land schaut auf ein Abkommen auch mit dem Gedanken, aus dem Kampf gegen den
Klimawandel die größten wirtschaftlichen Vorteile zu ziehen. Die
Verantwortung für ein Scheitern in Kopenhagen ist also gut verteilt.
Kopenhagen wird das Ziel verfehlen, die CO2-Emissionen soweit zu
reduzieren, dass die globale durchschnittliche Temperatursteigerung bis
2100 2°C nicht übersteigt. Seit Jahren zeigen die Arbeiten des IPCC,
dass ein solches Ziel eine Senkung der CO2-Emissionen bis 2050 um 60% (im
Verhältnis zu 1990) impliziert. 80% von diesen Senkungen gehen auf das
Konto der sog. entwickelten Länder.
Das
Kyotoprotokoll hat den reichen Ländern aufgegeben, ihre CO2-Emissionen
bis 2020 um 35—40% zu senken (im Verhältnis zu 1990). In der
Logik der Herrschenden ist die Senkung der Emissionen der
Schlüsselfaktor im Kampf gegen den Klimawandel; er entscheidet
darüber, wer gewinnt (und „siegt") und wer zahlt (also
„verliert").
China,
Indien und Brasilien weigern sich deshalb, sich auf eine konkretes Niveau
der Reduzierung festzulegen, wenn die Industrieländer nicht mit gutem
Beispiel vorangehen. Die USA werden sich weigern, konkrete quantitative
Ziele zu unterschreiben, die EU ist bereit, bis zu 30% ihrer Emissionen bis
2020 zu reduzieren, allerdings unter der Bedingung, dass die anderen das
auch tun (insbesondere die USA).
Dabei zeigt
die jüngste Studie des World Resources Institute aus den USA, dass
für die reichen Länder, wenn sie den CO2-Ausstoß auf 450 ppm
und den Temperaturanstieg auf maximal 2°C beschränken wollen (im
Vergleich zu dem Niveau vor der industriellen Revolution), selbst die
maximalen Ziele von Kyoto nicht ausreichen werden, diese müssen um
mindestens 10% angehoben werden.
Die
vorrangig vorgesehenen Maßnahmen für die CO2-Reduzierung sind
marktgesteuert: ein Emissionsmarkt, ein Finanzierungsmarkt, ein Markt
für die neuen Technologien, ein Markt der „Kohleprojekte”
Die Marktmechanismen sind weit von einer optimierenden Selbstregulierung
entfernt, sie fördern im Gegenteil den ungleichen, ungerechten und
unvernünftigen Zugang zu den verfügbaren Ressourcen, weil dies
den kurzfristigen Interessen großer Konzerne und lokaler wie
internationaler Oligarchien entspricht. Das ist auch auf dem
Erdölmarkt passiert, der vom Weltmarktpreis für Erdöl
„reguliert” wird; mit dem CO2-Emissionsmarkt wird dasselbe
passieren.
Der
Wassermarkt in Kalifornien war auch nicht wirksamer: Vor über 20
Jahren hat Kalifornien einen Wassermarkt eingeführt, um angesichts der
immer größeren Nachfrage mit der Wasserknappheit fertig zu
werden. Doch der Wassermarkt hat nicht nur kein Problem gelöst, seine
perversen Mechanismen haben die Trockenheit noch verschärft, das
amerikanische Bundesland hat nun den „Wassernotstand”
ausgerufen.
Lösungen, die sich in erster Linie auf technologische Innovationen
der Privatunternehmen, einen neuen grünen Wettbewerb und neue
Profitmöglichkeiten konzentrieren — wie sie im vergangenen Mai
der Copenhagen Call vorschlug, ein Aufruf von etwa tausend Wirtschafts- und
Finanzführern — können die Logik von Herrschaft und
Überleben der Stärksten nur verschärfen.
Die Verhandlungen in Kopenhagen berühren die wesentlichen Fragen
des Lebens auf dem Planeten gar nicht: das Recht auf Leben für alle
seine Bewohner. Sie konzentrieren sich auf Fragen der Energie des
Übergangs von der fossilen Wirtschaft auf eine Post-
Erdölwirtschaft. Es geht z.B. darum, was die SUVs ersetzen kann, von
denen 40 Millionen in den USA allein soviel Energie verbrauchen wie 1,6
Milliarden Menschen.
Das
absehbare Scheitern des Gipfels muss vor allem Basisbewegungen und -
organisationen ermuntern, für ein wirkliches Weltabkommen über
die Zukunft der Menschheit und des Leben auf der Erde zu kämpfen. Es
ist nicht gesagt, dass das Scheitern von Kopenhagen die Mächtigen
weiser machen wird. Im Gegenteil, die Gefahr ist groß, dass die Lage
der Menschheit und der Zustand des Planeten sich weiter verschlechtern.
Neue Grundsätze, Regeln, Institutionen und Lebensformen müssen
entwickelt werden — die Anerkennung des Rechts auf Wasser, saubere
Luft, Sonne, Land und Wissen als grundlegende öffentliche Güter
für alle Menschen auf der Erde, die nicht vermarktet werden
können.
Ein Grund,
warum ein Konsens über Klimastrategien zwischen den reichen
Ländern und den Schwellenländern schwierig ist, ist die dazu
erforderliche die technologische Innovation und der Transfer von Wissen und
Technologie an die Länder des Südens. Solange die USA und die EU
sich weigern, wie zuletzt am 12.Juni in Bonn, das Regime der geistigen
Eigentumsrechte zu reformieren und den Zugang der Schwellenländer und
Entwicklungsländer zu neuen Erkenntnissen und Technologien zu
erleichtern, damit sie ihre Produktionsweise im Sinne der Nachhaltigkeit
umstellen, werden die Länder des Südens in Kopenhagen kein
Abkommen unterzeichnen. Wissen muss wieder ein Gemeingut der Menschheit
werden; der Kampf gegen die Erderwärmung muss mit öffentlichen
oder genossenschaftlichen Finanzen vorangetrieben werden, die
Produktionsweise und die Konsumgewohnheiten radikal verändert werden.
Es wird kein weltweites Abkommen über die Zukunft der Menschheit
geben, wenn das Tempo und die Akteure des Wandels vom privaten
Finanzkapital abhängen. Die Bürger, die Basisgemeinden, die
lokalen und regionalen Kollektive müssen für ein
öffentliches Finanzsystem auf allen Ebenen kämpfen. Es
gebührt den örtlichen Sparkassen, mit ausschließlich
öffentlichen Geldern den neue Entwicklungspfad vor Ort zu finanzieren.
Neue Steuern müssen die öffentlichen Kassen füttern, eine
CO2-Steuer also, kein CO2-Markt.
Der
internationalen Bewegungsfreiheit des Kapitals und der Unabhängigkeit
der Zentralbanken muss ein Ende gesetzt werden. Das Wirken der
internationalen Investmentsfonds in den Sektoren Wasser, Nahrung und
Gesundheit müssen von Grund auf überprüft werden; neue
Formen politischer Institutionen, eine „Regierung des
Zusammenlebens” müssen entwickelt werden, um eine Teilhabe der
Bürger auch auf nationaler und transnationaler Ebene zu
ermöglichen.
Wichtig ist
auch, dass es ein Klimaabkommen gibt, auch wenn die USA nicht mitmachen.
Vielleicht darf man Obama nicht weiter in Schwierigkeiten bringen, aber man
darf auch nicht akzeptieren, dass die Zukunft des Planeten von der
permanenten Erpressung durch eine imperiale Minderheit abhängt. Die
USA sollen sich, entsprechend der Regeln der friedlichen
Konfliktlösung zwischen Staaten, von den Verhandlungen in Kopenhagen
zurückziehen und bessere Bedingungen abwarten. Das Abkommen von Kyoto
hat gezeigt, dass Fortschritte auch ohne die USA möglich sind.
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