Sozialistische Zeitung |
Am dritten Adventssonntag traf sich erneut die Männerrunde Bündnis für Arbeit im
Bundeskanzleramt. Man musste erwarten, dass für Gerhard Schröder nach seinem Auftritt als "Knecht Ruprecht bei den
Holzmännern" nun kurz vor Weihnachten die Rolle als gabenbringender Weihnachtsmann vorgesehen war.
Zuvor hatte es nicht nach erneuten Einigungen ausgesehen. Die Arbeitgeber
lehnen den vorzeitigen Eintritt in den Ruhestand mit 60 Jahren entschieden ab. Sie fordern die Abschaffung des Weihnachts- und Urlaubsgelds
zur Finanzierung von Rentenansprüchen und weigern sich, Einstellungen im Umfang des vorzeitigen Ruhestands vorzunehmen. Das
Gegenangebot der Gewerkschaften, bei den Tarifverträgen auf längere Laufzeiten und niedrigere Lohnforderungen einzugehen, hat
mit "Bündnis für Wettbewerbsfähigkeit" viel, mit eigenständigen Vorstellungen zum Abbau der
Arbeitslosigkeit nichts zu tun.
Bei den Beratungen am 12.Dezember kam nichts heraus. Der Deal zwischen
Arbeitsminister Walter Riester und dem IG-Metall-Vorsitzenden Klaus Zwickel, die Rente mit 60 parallel auf dem Tarif- und dem
Gesetzeswege anzuschieben, scheint vorerst geplatzt. Die Runde vertagte sich auf den Tag vor Weihnachten - um Schröder doch noch den
Weihnachtsmann spielen zu lassen?
Einen Tag später die Wende von Klaus Zwickel: Nun soll nicht mehr
die Rente mit 60 - auf dem Gewerkschaftstag aus dem Hut gezaubert -, sondern eine deutliche Lohnerhöhung als Tarifforderung für
2000 gelten.
Die Politik des IG-Metall-Vorsitzenden signalisiert: Hier werden die
Mitglieder nur als Manövriermasse begriffen, die jeglichen Schwenk unabhängig von ihren eigenen Forderungen und Absichten
mitmachen sollen. Was spielen dann überhaupt noch die Tarifkommissionen, die gewählten Delegierten, bei der
Entscheidungsfindung für eine Rolle? Trotzdem werden Zwickel und die IG Metall als Hauptfeind der "Bündnis für
Arbeit"-Gespräche aufgebaut.
Auf der anderen Seite schlagen die Arbeitgebervertreter Hundt und Henkel
auf das Rente-mit-60-Modell und auf die IG Metall ein und behaupten, an der Starrheit der IG Metall würden die Bündnis-
Gespräche scheitern. Gleichzeitig lobten sie die Haltung des Vorsitzenden der IG Bergbau, Chemie und Energie, Hubertus Schmoldt. Und
tatsächlich wurde die Runde vom 23. Dezember kurzfristig abgesagt. Sowohl Hundt als auch der DGB-Vorsitzende Dieter Schulte sahen
keinen Sinn mehr darin, sich vor Weihnachten nochmals zu treffen und den Kanzler Weihnachtsmann spielen zu lassen - der Sack war leer.
Das Bündnis für Arbeit, so wie es in diesem Jahr angelegt war,
ist tot - wer wollte es im neuen Jahr wiederbeleben? Schröder und Eichel machten aber klar, auf welcher Seite sie stehen, als ein
wichtiges Detail der neuen Steuerreform am Tag des gescheiterten Bündnisses bekannt gegeben wurde: Gewinne aus
Unternehmensverkäufen sollen in Zukunft steuerfrei bleiben. Das sind weitere Milliarden zugunsten von Banken und Versicherungen.
Sofort antwortete die Börse mit weiteren Kurssteigerungen. Der DAX hat Ende Dezember sein bisheriges Rekordhoch übertroffen.
Schröder hat doch den Weihnachtsmann gespielt, aber für die Beschäftigten in der Metallindustrie oder im Einzelhandel, und
vor allem für Arbeitslose und Rentner war nichts in seinem Sack.
Adam Reuleaux