Sozialistische Zeitung |
Zum Jahresende 1999 kam es zu einem Börsenboom, der die Kurse bis an die DAX-Marke von 7000
Punkten brachte. Nach einem kurzen Einbruch am Jahresanfang 2000 stieg der Aktienindex erneut. Im Sommer des letzten Jahres lag der DAX
bei rund 5500 Punkten, das heißt, dass die Anleger innerhalb eines halben Jahres rund 27% Kursgewinne machen konnten. Und selbst
gegenüber dem bisherigen Aktienhöchststand im Sommer 1998 von 6400 Punkten legte der DAX um rund 10% zu.
Dies sind natürlich erfreuliche Nachrichten für Kapital und
Banken. Eine Ursache hatte dieser außergewöhnliche Anstieg zum Jahresende in der Politik der "rot"-grünen
Bundesregierung. Finanzminister Eichel stellte in Berlin die Eckpunkte einer erweiterten Steuerreform vor. Sie soll bis ins Jahr 2005 reichen
und sieht eine weitere Senkung der Steuersätze vor. Insbesondere die Unternehmensbesteuerung, aber auch die Spitzensteuersätze
der Einkommensteuer sollen sinken. Dazu kommt eine kleine Anhebung von Kindergeld und Kinderfreibeträgen, da das
Bundesverfassungsgericht die Besteuerung für Familien als verfassungswidrig hoch beurteilt hatte. Alles in allem wurde von 40
Milliarden Mark Steuererleichterungen gesprochen, bis 2005 sogar von 70 Milliarden.
Einige Tage nach Ankündigung dieses Steuersenkungsprogramms
wurde bekannt, dass im Detail ein besonderes Bonbon für Banken und Unternehmen eingebaut war: die Besteuerung des Verkaufs von
Unternehmen und Unternehmensteilen sollte abgeschafft werden. Diese Ankündigung allein führte zu einem Anstieg der
Bankaktienkurse um mehrere Prozent am folgenden Tag.
Insbesondere die Banken halten über ihre Beteiligungen einen
großen Teil der wichtigsten Industrieunternehmen in Besitz. Ihnen würde durch die angekündigte Maßnahme ein viel
schnelleres Kaufen und Verkaufen ermöglicht. Beteiligungen, Zusammenlegungen, Outsourcing - alles schon gang und gäbe, nun in
Zukunft noch steuerbegünstigt.
Konsequenterweise lobte der Vorstandssprecher der Deutschen Bank, Rolf
Breuer, die Politik Schröders, und auch der BDI-Präsident Olaf Henkel verbarg hinter seiner Mäkelei, es hätte mehr
sein können, nur mühsam die Zufriedenheit mit Eichels "Sparpolitik".
Aber noch eine weitere Ankündigung der Schröder-Eichel-
Regierung ließ die Aktienkurse in die Höhe schießen. Im letzten Jahr wurde die sog. Spekulationsfrist von einem halben auf
ein Jahr verlängert. Das ist die Zeit, innerhalb derer Kursgewinne bei Aktienverkäufen versteuert werden müssen. Dies dient
angeblich der Verhinderung von kurzfristigen Spekulationen. Da das Bankgeheimnis ziemlich gut funktioniert, gab die Regierung an, dass nur 30
Millionen Mark jährlich mit dieser Steuer eingenommen werden. Und weil das ja nur "Peanuts" sind, soll die Steuer in
Zukunft nur noch für die Hälfte der Kursgewinne fällig werden.
Ebenfalls wurden Pläne bekannt, die Dividenden aus Aktien nur noch
zur Hälfte zu besteuern. Dementiert wurde, dass Kurssteigerungen bei Anlagefonds steuerpflichtig werden. Alles dies trägt dazu
bei, die Analge in Spekulationspapieren, also Aktien und ihren Fonds, "attraktiv" zu machen. Es trägt ebenfalls dazu bei, die
Umsteuerung der Rentenpolitik von den Sozialkassen weg in private Anlagen zur Altersvorsorge "populär" zu machen - wird
doch der Anschein erweckt, hier ließe sich nun mehr Geld verdienen.
Im Kern ist es ein Eingehen der Steuerpolitik auf die Shareholder-Value-
Ziele der Unternehmen selber. Wenn man bedenkt, dass zum Beispiel bei der Übernahme Mannesmann durch Vodafone ein Betrag von
weit über 200 Milliarden Mark im Gespräch ist, dass die Mannesmann-Aktionäre mit einem Aktientausch zu über
160% des bisherigen Mannesmann-Aktienwertes gelockt werden, dann ist deutlich zu sehen, dass dies noch gefördert werden soll.
Auf der einen Seite wird ein "Bündnis für Arbeit"
mit den Gewerkschaften gefordert, damit angeblich Arbeitsplätze geschaffen werden. Die Steuerpolitik aber unterstützt genau das
Gegenteil: Casino-Kapitalismus und Arbeitsplatzvernichtung.