Sozialistische Zeitung

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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.3 vom 03.02.2000, Seite 15

Wenn wilde Jungs resümieren

Beastie Boys, The Sound of Science, Capitol records

Neben Pink Floyds Dark Side of the Moon und Bob Marleys Legend befindet sich Licence to kill von den Beastie Boys nahezu ununterbrochen in Top 10 der Billbord Catalog Album Charts. Also müssten eigentlich alle, die es hören wollen, "Fight for your right to party" bereits in ihrer Sammlung haben. Was bewegt eine Band, die eigentlich von all ihren LPs genügend verkaufte, eine "Best of" zu veröffentlichen? Geldgier? Abschied?
Letzteres ist wohl nicht zu befürchten, wäre auch schade um eine Gruppe, die mit dem Auftritt auf einer drehbaren runden Bühne dem Begriff "Surround sound" eine ganz neue Bedeutung gab. Die Beastie Boys waren es auch, die 1998 als erste in Form von Live-Mitschnitten MP3-Titel zum freien Abruf ins Internet stellten und sich so den Ärger mit US-amerikanischen Plattenindustrie einheimsten. Der Streit mit ihrer Plattenfirma hat im Übrigen dazu geführt, dass die Beastie Boys ihre MP3-Dateien wieder aus dem Netz herausnehmen mussten
Ihre pubertäre Phase, in der sie mit Saufgelagen, mit Konzerten, auf denen halbnackte Frauen in Käfigen neben der Bühne tanzten, und eben mit "Fight for your right" die Partylaune einer ganzen Generation von weißen Mittelstandskids dokumentiert hatten, war wohl gegen 1992 zu Ende. Der Mitbegründer und Bassist der Band, Adam Yauch (auf dessen 17.Geburtstag die Gruppe 1981 ihren ersten öffentlichen Auftritt hatte), fand in diesem Jahr sein Interesse am Buddhismus, und die Band begann sich gegen die chinesische Okkupation Tibets zu engagieren.
Vom Sexismus Mitte der 80er Jahre haben sie sich offiziell erst 1998 verabschiedet, bis dahin hatten sie die Käfige als ironische Beigabe definiert. Während des Reading Festivals, auf dem sie als Headliner spielten, forderten sie Prodigy auf, den Song "Smack my bitch up" nicht zu spielen. Dieses Lied war nicht nur von Feministinnen als Aufforderung zur Gewalt gegen Frauen interpretiert worden. Prodigy kam der Aufforderung nicht nach, die Beasty Boys kritisierten den Song öffentlich auf dem Konzert. Dies führte zu ernsthaften Auseinandersetzungen weit über die Fankreise der beiden Gruppen hinaus.
Selbstverständlich hat sich auch die Musik von David Yauch, Mike Diamond (auch seit 1981 dabei) und Adam Horrowitz (seit 1983) weiterentwickelt. Mit Hardcore und Punkrock hatten sie begonnen, aber durch die Hinzufügung von Raps waren sie bald der Inbegriff des Crossover. Dass sie den Begriff selbst weiterfassen, als er im allgemeinen definiert wird, zeigt The Sound of Science. Auf "Fight for your right" folgt dort mit "Country Mike‘s theme" eins ihrer zwei Countrystücke. Insgesamt springt die CD innerhalb der Zeitlinie der Entwicklung häufig hin und her.
Sie beginnt zwar mit "Beastie Boys” von 1981, damals noch mit Kate Schellenbach am Schlagzeug und John Berry an der Gitarre, hüpft allerdings dann zwischen Stilen hin und her, als wäre Zeit nicht linear. Ob Reggae ("Son of a neckbone") oder Latino-Rhythmen ("Twenty questions"), Vielseitigkeit ist das Programm dieser Produktion.
Die ersten 18 Jahre der Beasty Boys sind so in den 42 Stücken dieser Doppel-CD sehr gut wiedergegeben. Nur, dass "No sleep till Brooklyn” fehlt, ärgert mich, war das doch mein Lieblingsstück auf Licence to kill. Aus den Punkrockern wurde eine der erfolgreichsten Bands der Popgeschichte, hier haben sie einige der Gründe dafür vorgelegt. Wem allerdings die Zusammenstellung auf der CD nicht gefällt, der kann sich auf der Website der Beastie Boys (<www.beastieboys.com>) für 19,95 Dollar seine eigenen 40 Lieblingsstücke der Gruppe zusammenstellen und bekommt die CDs dann zugeschickt.
Wer allerdings auf diese Möglichkeit zurückgreift, muss auf das gut gemachte 80 Seiten starke Booklet verzichten, das der Doppel-CD beiliegt.
DJ Tommy


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