Sozialistische Zeitung |
Die heftigen internationalen Reaktionen auf die Regierungsbildung mit der FPÖ entspringen nicht nur
lauteren antifaschistischen Motiven. Bezeichnenderweise richten sie sich nicht gegen die geplante Regierungspolitik, sondern nur gegen die
Regierungsbeteiligung der FPÖ. Die US-amerikanische Außenministerin Madelaine Albright ging sogar so weit, das
Regierungsprogramm der schwarzblauen Koalition ausdrücklich zu loben.
Was mag aber Konservative wie den spanischen Regierungschef Aznar
oder den französischen Präsidenten Chirac dazu bewogen haben, so vehement gegen die Regierungsbeteiligung der FPÖ zu
protestieren?
Drei wichtige Faktoren spielen dafür eine Rolle. Zum einen haben
die westeuropäischen Konservativen - vor allem unter dem Druck der Wahlerfolge Le Pens in Frankreich - die Entscheidung getroffen,
Koalitionen mit den Rechtsextremisten unter allen Umständen zu unterlassen, um den Zerfall der eigenen konservativen Parteien zu
stoppen. Sie fürchten sonst, Stimmen nach links und nach rechts zu verlieren.
Das zweite Argument ist ökonomischer Art. Das europäische
Kapital hat mit den Maastricht-Verträgen und der Währungsunion seine ökonomischen Wünsche politisch umsetzen
können. Die mehrheitlich sozialdemokratischen Regierungen in der EU schaffen bereitwillig die politischen und sozialen
Rahmenbedingungen, ohne allzu heftige Konfrontationen zu provozieren. Eine unberechenbare FPÖ - und wie oft hat die FPÖ in
den letzten Jahren schon ihre Haltung zur EU geändert! - kann das europäische Kapital im Moment nicht brauchen. Zudem besteht
die reale Gefahr, dass sich die Klassengegensätze dadurch verschärfen, dass der mitgliederstarke und mächtige
Österreichische Gewerkschaftbund nicht mehr in die Regierungspolitik eingebunden ist.
Drittens gibt es natürlich - das darf auf keinen Fall geleugnet werden
- eine historisch bedingte Angst und Abscheu vor dem Rechtsextremismus auch unter Konservativen. Wenn die Person Jörg Haiders
vielfach auch überschätzt und dämonisiert wird, treibt er durch seine Verharmlosung des Nationalsozialismus die
Rechtsentwicklung doch voran, und seine rassistische Hetze trägt zu einer Renaissance faschistischer Politik bei.
Auf diese Sorte internationale Proteste ist jedoch kein Verlass. Erste
Anzeichen gibt es jetzt schon, dass sich die EU-Staaten und die USA ihre Geschäfte mit Österreich nicht verderben lassen wollen
und deshalb die Boykottmaßnahmen gelockert werden.
Deshalb ist es fatal, dass selbst Teile der Widerstandsbewegung wie die
Grünen auf das Jammern der Regierung und der Unternehmer hereinfallen, "ganz Österreich" wäre Schaden
zugefügt worden, und man müsse "gemeinsam" die Irrtümer des Auslands korrigieren. Die Unternehmerpartei
ÖVP hat sich mit ihrer Akzeptanz der Haider-FPÖ die Boykotte und Isolierung selbst eingebrockt, sie soll sie auch
auslöffeln. Selbst wenn die internationalen Reaktionen nicht immer hehren antifaschistischen Motiven entspringen, so nützen sie
doch der Oppositionsbewegung.