Sozialistische Zeitung |
Das Verhältnis der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD) zur
Welthandelsorganisation (WTO) ist ähnlich dem des UN-Sicherheitsrats zum Verteidigungsbündnis NATO. In der UNCTAD
dürfen vor allem diejenigen zu Wort kommen, die in der WTO nichts zu sagen haben. Kritische Anmerkungen wie die des philippinischen
Präsidenten Joseph Ejercito Estrada, die internationalen Finanzinstitutionen sollten von "ihren traditionellen
Austeritätsprogrammen ablassen und sich mehr in Richtung auf soziale Sicherheitsnetze hin orientieren", verhallen in der UNCTAD
zwar nicht ungehört, bleiben aber anders als die Vorstöße der Industrienationen in der WTO wirkungslos.
Wirtschaftsexperten, Gewerkschafter und Politiker vor allem aus der
Dritten Welt waren nach Bangkok gekommen, um im "Parlament der Globalisierung", wie es der amtierende Generalsekretär
Rubens Ricupero nennt, eben über die Probleme derselben zu diskutieren. Insgesamt waren 4000 aus 190 Ländern bei der
UNCTAD-Konferenz in der thailändischen Hauptstadt, die damit weitaus repräsentativer war als die jüngste Ministerrunde
der WTO im US-amerikanischen Seattle. Nur aus Europa und den USA waren weder Präsidenten noch Minister anwesend. Die
Mächtigen der Welt zollten der Konferenz ihre Geringschätzung, indem sie wie die USA den Funktionär eines
Entwicklungshilfewerkes zum Delegationschef ernannten oder wie die deutsche Regierung den Verwaltungsbeamten Günter Altenburg aus
dem Außenministerium entsandten. Die hatten wie Altenburg nichts Besseres zu tun, als ein Lippenbekenntnis zu den "legitimen
Forderungen" der Dritten Welt abzugeben, um direkt im Anschluss ihre "Integration in die globale Wirtschaft" zu propagieren.
Diese Doppelfunktion der UNCTAD - Spielwiese für Kritiker und
Podium für die Fürsprecher der kapitalistischen Globalisierung - nutzte auch der noch amtierende Chef des Internationalen
Währungsfonds (IWF), Michel Camdessus. Er sprach sich in seiner letzten offiziellen Rede für eine Reduzierung des
Waffenhandels aus. Erst gegen Ende seiner Rede ließ er die Katze aus dem Sack: Die in Seattle gescheiterten Verhandlungen der WTO
über die weitere Liberalisierung des Welthandels müssten rasch wieder aufgenommen werden. Die Torte, die er zuvor von einem
belgischen Globalisierungsgegner mit Wucht ins Gesicht geschleudert bekam, kommentierte ein Bekennerschreiben der
"Zuckerbäcker ohne Grenzen" als "eine leichte und süße Unannehmlichkeit im Vergleich zu den enormen
Leiden, die der IWF unter der Camdessus Führung der südlichen Erdhälfte zugefügt hat".