Sozialistische Zeitung |
Rob Smith und Ray Mighty, die beiden DJs aus Bristol, inzwischen ergänzt um das dritte Mitglied Peter
D. Rose, legten am 30.Januar ihre zweite CD beim K7-Label vor. Diesmal nicht in der Reihe DJ Kicks, sondern als eigenständige
Sammlung neuer Kompositionen. Bereits seit einem guten Jahrzehnt gehören Smith & Mighty zu den Vorreitern des Bristol style, der
mit Bands wie Massive Attack, Tricky, Portishead oder Roni Size eine sehr angesehene Stellung in der internationalen Szene progressiver
Musik hat. Hiphop, Reggae, Soul und vor allem eine tiefe Liebe zum Dub machen die Songs des neuen Albums zu einem Leckerbissen, der sich
scheinbar schwer einordnen lässt.
Die Stimmen bringen weitere Momente von Popmusik in den Mix der drei
hinein. Blues, ja selbst Anleihen bei Gospel und unterkühltem New Wave sind zu hören. Werbezeitungen wie Intro oder Aktiv
packen die Scheibe in Kategorien, die nur dieser einen Produktion vorbehalten sind: "Spektakel" bei Intro wirkt eher hilflos,
"intelligent beats" von Aktiv trifft die Sache wirklich sehr gut.
Die beiden DJs standen, trotz ihres immensen Einflusses auf den
"Sound of Bristol", immer in der zweiten Reihe. Trotz einiger brillanter Maxi Veröffentlichungen und dem herausragenden
Debutalbum Bass Is Maternal sollte ihnen der internationale Erfolg (zunächst) versagt bleiben. Dies änderte sich erst 1998, mit der
Veröffentlichung der von ihnen zusammengestellten Mix-CD in der DJ-Kicks-Serie, die für die beiden einen Durchbruch bedeutete.
Daher wundert es nicht, dass sie diesem Label treu blieben.
Treu blieben Smith & Mighty auch ihren Dub-Wurzeln. Was diese
Platte auszeichnet, ist jedoch die Art und Weise, wie sie in diese Musik die sechs Gastsängerinnen und Sänger einbauen.
Besonders gut gefallen mir Rudy Lee in "No justice", in dem er den Rassismus anklagt, und Alice Perera auf "The way we
feel". Letztere erinnert an Björk, entwickelt aber eine viel größere Tiefe in ihrem Gesang. Aber auch Tammy Pane, Niji
40, L.D. und Kelz sind durchaus stimmgewaltig.
Es ist der Gesang, der dieser Platte den Charakter einer Popmusikscheibe
verleiht. Die Brüche, die von den Beats der elektronischen Musik und den auf den Mischpulten gesammelten Sampels aufgemacht
werden, bekommen so eine Schweißnaht verpasst, die derartig sauber gezogen ist, dass bisweilen die ein oder andere Unebenheit fehlt.
Dass Tammy Payne, Alice Perera oder Rudy Lee ebenfalls alle aus Bristol
stammen, macht zum einen die familiäre Seite dieser Produktion deutlich, aber unterstreicht noch einmal die Qualität der
Musikszene dieser Stadt.
Über zwei Jahre dauerten die Aufnahmen des Albums, wobei die
drei Produzenten immer wieder Teile der Musik austauschten, weiterbearbeiteten und dann mit den anderen zu Gesangsaufnahmen
zusammentrafen. Die daraus resultierende Qualität hebt die Produktion wohltuend aus dem Berg schnell produzierter
Tonbreiproduktionen ab.
Verbunden wird die Musik mit der manchmal etwas naiv anmutenden
Botschaft: Diese Welt ist zu klein für Ungerechtigkeit, Rassismus, Hass und Krieg. Doch ihre Musik als Bindeglied zwischen den Stilen
zeigt immer wieder, dass gerade die Brücke zwischen Kulturen das Spannende ist, das eine solche Aussage ihrer Naivität entledigt
und sie als Überlebensstrategie relevant werden lässt.
DJ Tommy