Sozialistische Zeitung |
Die noch brüchige neue CDU-Fraktionsführung behandelte ihn wie eine heiße Kartoffel:
Für den Raum in der Konrad-Adenauer-Stiftung, in dem er seine Pressekonferenz abhielt, musste er Miete zahlen und das CDU-Logo
durfte seinen Auftritt zu seinem Ärger nicht schmücken - aber die Pressevertreter waren zahlreich erschienen, seine Botschaft zu
verkünden: Binnen weniger Wochen habe er zwischen 6 und 7 Millionen DM eingesammelt. Damit wolle er der CDU den Schaden
ersetzen, der durch die (selbstredend unvorhergesehene) Aufdeckung seines "persönlichen Fonds" entstanden sei, in den
"gute Freunde" allein zwischen 1993 und 1998 2,1 Millionen Mark gespendet hatten und dessen Guthaben er gleich einem
Landesfürsten nach eigenem Gusto und ohne Verbuchung verteilte. Er zeigte nicht einen Hauch von Schuldbewusstsein, denn für
Feudalherren sind Gesetze nicht gemacht. Und warum auch - was Kohl verteilte, konnte für die CDU und Deutschland nur gut und
nützlich sein. Bekanntlich habe er nie den eigenen Vorteil, sondern immer nur den "des Landes" im Auge gehabt. Schade nur,
dass das Parlament so wenig weise Gesetze gemacht habe.
Die Veranstaltung führte wieder einmal die Methode des kohlschen
Systems vor Augen: Nicht über die Strafgelder jammern, sondern das Geld auftreiben und den Skandal aussitzen, in der Hoffnung, dass
bis zum Sommer alles verraucht ist. Während Friedrich Merz über eine Haushaltslücke der Union in der
Größenordnung von 100 Millionen Mark jammerte und Angela Merkel die leise Hoffnung aussprach, ein Gang vor den Kadi
könnte Thierses Rückforderung von 41 Millionen Mark vielleicht doch noch erheblich vermindern, telefonierten Helmut und
Hannelore in der Republik herum und machten reichlich Geld locker: Kirch sprang gleich mit einem Milliönchen bei, und sogar der
WAZ-Gesellschafter Schumann mit SPD-Parteibuch schob mal schnell 800 Tausender rüber. Auch andere Medienmogule (Springer,
Pro7) steuerten ihre Scherflein bei. Kohl demonstrierte mit seiner Aktion in aller Deutlichkeit, dass er die Riege der möglichen
NachfolgekandidatInnen nur für Waschlappen und Weicheier hält, die den Zusammenhalt der Union und das Beziehungsgeflecht zur
Wirtschaft nicht erfolgreich zu managen vermögen.
In ihrer Rede vor 1200 Parteimitgliedern in Kaiserslautern verlautete die
unerklärte Kandidatin für den Parteivorsitz und Hoffnungsträgerin der "Basis", Angela Merkel mit Blick auf den
"Alten": "Wir müssen von unten nach oben diskutieren. Es ist wichtig, dass die Meinung der Basis klar ist - nicht wie in
der Regierungszeit." Die Junge Union kritisierte gar die "Entscheidungsfindung in kleinen Zirkeln, zu Krönungsmessen
ritualisierte Parteitage und fehlende Einbeziehung der Mitgliedschaft". So viel Offenheit und "Basisdemokratie" könnte
Kohl und Anhang einen gehörigen Schrecken einjagen, wüsste er nicht, dass eine über lange Jahrzehnte autoritär
geführte Partei, die die verschiedenen Interessen von Industrie, Handwerk, Bauern, Beamten, Selbständigen, Intellektuellen und
Hausfrauen unter einen Hut kriegen muss, schwere Einbrüche riskiert, wenn sich die Diskussion über unterschiedliche
Politikkonzepte erst einmal Bahn bricht. Die kohlsche Methode des Aussitzens war seine Art, Ansätze einer möglichen
Politisierung in (und außerhalb) der Partei versanden zu lassen.