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Die Ankündigung von Bundeskanzler Schröder, bis zu 30000 Green Cards an
Informationstechnologie-Experten aus Osteuropa und Indien zu genehmigen, verursacht eher ungewohnte Koalitionen. Während die
Arbeitgeber- und Unternehmerverbände sich hinter Schröder stellten und seinen Vorschlag auch auf andere Branchen ausweiten
wollten, waren sich CDU und Gewerkschaften in ihrer Ablehnung einig. Der IG-Metall-Vorsitzende Zwickel forderte Schröder auf,
seinen Vorschlag zurückzunehmen. Er befürchtet, dass wenn "man den Entwicklungsländern die besten Köpfe
wegkauft", diese "als Exportmärkte für uns" ausfielen.
Während DGB-Chef Schulte "nur" verlangte, die
Initiative zu befristen, ließ die IG Metall verlautbaren, sie sei dagegen, "die Grenze zu öffnen, ohne das inländische
Potenzial zu fördern". Ebenso wird das Bundesarbeitsministerium in der Welt zitiert: "Ohne dass ein konkreter Bedarf
festgestellt wird, werden wir die Bedingungen des deutschen Arbeitserlaubnisrechts nicht einfach über Bord werfen." Dies
könne man angesichts von vier Millionen Arbeitslosen nicht zulassen, so Arbeitsminister Walter Riester.
Der Vorsitzende der Deutschen Angestelltengewerkschaft (DAG), Roland
Issen lehnt den Vorschlag ebenfalls ab, da er befürchtet, "dieses Beispiel könne in anderen Wirtschaftsbereichen Schule
machen". Diese Befürchtung teilt er mit Karin Benz-Overhage, die im IG-Metall-Vorstand für Bildungsfragen zuständig
ist. Sie konstatiert, dass es auch andere Branchen gebe, in denen ein akuter Fachkräftemangel herrsche. "Für diese Branchen
darf das keine Weichenstellung sein" (Financial Times Deutschland).
Bayerns Innenminister Günther Beckstein erklärte, eine Green-Card würde zu einer "Dauereinwanderung" mit
Familiennachzug führen. In Wahrheit ginge es nicht nur um 30000 Computerexperten, so der nordrhein-westfälische CDU-
Vorsitzende Jürgen Rüttgers, sondern um rund 120000 AusländerInnen, da es ein "Menschenrecht" sei, wenn
diese ihre Familien mitbringen würden. Er bezeichnet es als "völlig unverantwortlich" diese dann nach wenigen Jahren
wieder wegzuschicken. Gleichzeitig verteidigte er den Slogan "Kinder statt Inder" mit dem die nordrhein-westfälische CDU
gegen die Anwerbung von ausländischen Computerexperten wirbt und bezeichnete eine Einwanderungswelle von "indischen
Hindus" als "weiteren Schritt zu einer multikulturellen Gesellschaft", die er für nicht richtig halte.
Gewerkschaften, Bundesregierung und Arbeitgeberverbände haben
sich mittlerweile weitgehend über die Einführung der Green Card geeinigt. Demnach werden zunächst 10000
ausländische Fachkräfte eine auf fünf Jahre befristet Arbeitserlaubnis ohne Anspruch auf Familiennachzug erhalten. Nach
einem Jahr soll über die Vergabe von weiteren 10000 Green Cards entschieden werden. Der Status der angeworbenen Fachkräfte
würde damit noch weit hinter den der Gastarbeiter zurückfallen, für die seit der Ölkrise 1973 ein Anwerbestopp
gilt.
Patrick Hagen