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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.7 vom 30.03.2000, Seite 4

Bankenfusion

Nicht grundsätzlich dagegen

Während am 14.März die Aufsichtsräte von Deutscher und Dresdner Bank in Frankfurt dem Zusammenschluss der Banken zustimmten, regte sich bei den MitarbeiterInnen der Banken und den Gewerkschaften kaum Protest. Nur etwa 250 Angestellte der Dresdner Bank folgten einem Protestaufruf der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) und der Deutschen Angestelltengewerkschaft (DAG) und demonstrierten vor der Zentrale der Dresdner Bank in Frankfurt gegen den geplanten Stellenabbau. Die beiden Banken hatten angekündigt, weltweit etwa 16000 Stellen abbauen zu wollen. Nach Aussagen der HBV sind nur 10 bis 20% der Bankangestellten gewerkschaftlich organisiert.
Die HBV und die DAG erwarten jetzt von den Vorständen der Banken die Aufnahme von Tarifverhandlungen, um die Interessen der ArbeitnehmerInnen abzusichern. Mit einem "Fusionstarifvertrag" wollen sie vor allem betriebsbedingte Kündigungen verhindern und den Stellenabbau "sozialverträglich" gestalten. Erreichen will die HBV dies mit Arbeitszeitverkürzungen auf 35 Wochenstunden, mehr Teilzeitstellen und einer Qualifizierungsoffensive für alle Beschäftigten. Zusätzlich soll eine Gesellschaft zur Personalentwicklung und -qualifizierung eingerichtet werden. HBV und DAG wollen außerdem Regelungen erreichen, mit denen die Arbeit der betriebsverfassungsrechtlichen Gremien in der Übergangszeit und nach dem Zusammenschluss sichergestellt würden.
Eine politische Bewertung des Zusammenschlusses blieb allerdings nahezu gänzlich aus. Die HBV-Vorsitzende Margret Mönig-Raane beschränkte ihre Kritik daher auch auf die Nachteile, die für die Beschäftigten entstehen würden: "Wenn die Vorstände verbindlich beschäftigungssichernden Maßnahmen zustimmen und damit Kündigungen ausschließen, dann könnte die Fusion in einem anderen Licht bewertet werden", so die Gewerkschafterin. Auch der Gesamtbetriebsrat der Dresdner Bank wendet sich nach Aussagen des Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrats, Peter Haimerl, "nicht grundsätzlich" gegen die Fusionspläne.
Weitergehende Forderungen, als "sozialverträglichen Stellenabbau" gebe es bei der Gewerkschaftsführung sowieso nicht, so Helmut Born, Gesamtbetriebsrat eines Einzelhandelsunternehmens. Die Wahrscheinlichkeit für den erfolgreichen Abschluss eines "Fusionstarifvertrags" schätzt er jedoch hoch ein, da die Forderungen der Gewerkschaften nur das enthielten, was Deutsche-Bank-Chef Breuer bereits im Vorfeld angeboten habe. So bewertet Klaus Funk, der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats der Deutschen Bank, die Gemeinsame Erklärung der beiden Vorstände, in der eine "Rahmenbetriebsvereinbarung" angeboten wird, die alle Elemente der Personalplanung nutzen soll, als "Schritt in die richtige Richtung".
Ein weiterer Grund sei, dass HBV und DAG Unstimmigkeiten vor dem Hintergrund von ver.di nicht in der Öffentlichkeit austragen wollten. Die wegfallenden 16000 Arbeitsplätze seien jedoch keinesfalls das Ende des Stellenabbaus, so Born. Spätestens im nächsten Jahr werde der Abbau von Arbeitsplätzen weitergehen, prognostiziert er. Die neue Bank wolle sich ganz auf wohlhabende Privat- und Firmenkunden konzentrieren und das "Kleinkundengeschäft", für das ein Großteil des Personals benötigt wird, an andere Banken abgeben.
Anders gelagert sind die Gründe, aus denen sich der Jüdische Weltkongress (WJC) gegen den Zusammenschluss der zwei Großbanken aussprach. Beide Banken sind auch an dem Entschädigungsfonds für ehemalige NS-ZwangsarbeiterInnen beteiligt. Nach dem Willen der deutschen UnterhändlerInnen sollen die Ansprüche auf nicht ausgezahlte Versicherungspolicen ebenfalls mit diesem Fonds abgegolten sein. Streit gab es über die Frage, ob der Fonds nur für Versicherungspolicen von ZwangsarbeiterInnen aufkommt, die in Deutschland abgeschlossen wurden, oder auch für die von Tochterunternehmen. Außerdem möchte der WJC die Rolle der Allianz-Versicherung - einer der Hauptgewinner der Fusion - kritisch beleuchtet sehen.
Patrick Hagen


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