Sozialistische Zeitung |
Während am 14.März die Aufsichtsräte von Deutscher und Dresdner Bank in Frankfurt dem
Zusammenschluss der Banken zustimmten, regte sich bei den MitarbeiterInnen der Banken und den Gewerkschaften kaum Protest. Nur etwa 250
Angestellte der Dresdner Bank folgten einem Protestaufruf der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) und der Deutschen
Angestelltengewerkschaft (DAG) und demonstrierten vor der Zentrale der Dresdner Bank in Frankfurt gegen den geplanten Stellenabbau. Die
beiden Banken hatten angekündigt, weltweit etwa 16000 Stellen abbauen zu wollen. Nach Aussagen der HBV sind nur 10 bis 20% der
Bankangestellten gewerkschaftlich organisiert.
Die HBV und die DAG erwarten jetzt von den Vorständen der
Banken die Aufnahme von Tarifverhandlungen, um die Interessen der ArbeitnehmerInnen abzusichern. Mit einem
"Fusionstarifvertrag" wollen sie vor allem betriebsbedingte Kündigungen verhindern und den Stellenabbau
"sozialverträglich" gestalten. Erreichen will die HBV dies mit Arbeitszeitverkürzungen auf 35 Wochenstunden, mehr
Teilzeitstellen und einer Qualifizierungsoffensive für alle Beschäftigten. Zusätzlich soll eine Gesellschaft zur
Personalentwicklung und -qualifizierung eingerichtet werden. HBV und DAG wollen außerdem Regelungen erreichen, mit denen die
Arbeit der betriebsverfassungsrechtlichen Gremien in der Übergangszeit und nach dem Zusammenschluss sichergestellt würden.
Eine politische Bewertung des Zusammenschlusses blieb allerdings nahezu
gänzlich aus. Die HBV-Vorsitzende Margret Mönig-Raane beschränkte ihre Kritik daher auch auf die Nachteile, die
für die Beschäftigten entstehen würden: "Wenn die Vorstände verbindlich beschäftigungssichernden
Maßnahmen zustimmen und damit Kündigungen ausschließen, dann könnte die Fusion in einem anderen Licht bewertet
werden", so die Gewerkschafterin. Auch der Gesamtbetriebsrat der Dresdner Bank wendet sich nach Aussagen des Vorsitzenden des
Gesamtbetriebsrats, Peter Haimerl, "nicht grundsätzlich" gegen die Fusionspläne.
Weitergehende Forderungen, als "sozialverträglichen
Stellenabbau" gebe es bei der Gewerkschaftsführung sowieso nicht, so Helmut Born, Gesamtbetriebsrat eines
Einzelhandelsunternehmens. Die Wahrscheinlichkeit für den erfolgreichen Abschluss eines "Fusionstarifvertrags"
schätzt er jedoch hoch ein, da die Forderungen der Gewerkschaften nur das enthielten, was Deutsche-Bank-Chef Breuer bereits im
Vorfeld angeboten habe. So bewertet Klaus Funk, der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats der Deutschen Bank, die Gemeinsame
Erklärung der beiden Vorstände, in der eine "Rahmenbetriebsvereinbarung" angeboten wird, die alle Elemente der
Personalplanung nutzen soll, als "Schritt in die richtige Richtung".
Ein weiterer Grund sei, dass HBV und DAG Unstimmigkeiten vor dem
Hintergrund von ver.di nicht in der Öffentlichkeit austragen wollten. Die wegfallenden 16000 Arbeitsplätze seien jedoch
keinesfalls das Ende des Stellenabbaus, so Born. Spätestens im nächsten Jahr werde der Abbau von Arbeitsplätzen
weitergehen, prognostiziert er. Die neue Bank wolle sich ganz auf wohlhabende Privat- und Firmenkunden konzentrieren und das
"Kleinkundengeschäft", für das ein Großteil des Personals benötigt wird, an andere Banken abgeben.
Anders gelagert sind die Gründe, aus denen sich der Jüdische
Weltkongress (WJC) gegen den Zusammenschluss der zwei Großbanken aussprach. Beide Banken sind auch an dem
Entschädigungsfonds für ehemalige NS-ZwangsarbeiterInnen beteiligt. Nach dem Willen der deutschen UnterhändlerInnen
sollen die Ansprüche auf nicht ausgezahlte Versicherungspolicen ebenfalls mit diesem Fonds abgegolten sein. Streit gab es über die
Frage, ob der Fonds nur für Versicherungspolicen von ZwangsarbeiterInnen aufkommt, die in Deutschland abgeschlossen wurden, oder
auch für die von Tochterunternehmen. Außerdem möchte der WJC die Rolle der Allianz-Versicherung - einer der
Hauptgewinner der Fusion - kritisch beleuchtet sehen.
Patrick Hagen