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Die Macht der großen Konzerne dieser Welt wurde beschrieben. Dass sie als
"transnationale" bezeichnet werden, ist bekannt. Der Prozess des aktuellen Kapitalismus als derjenige, in dem so gut wie jeder
Winkel des Planeten Erde den Kapitalverwertungsbedürfnissen unterworfen ist, wurde skizziert. Und es ist in aller Munde, diesen
Vorgang als "Globalisierung" zu bezeichnen.
Dennoch soll hier dem "main stream" widersprochen werden.
Global ist dieser Kapitalismus nur insofern, als seine Tendenzen weltweit vorherrschen. Konkret setzen sich jedoch diese kapitalistischen
Gesetze nicht in einem "globalen", sondern im Rahmen verschiedener Nationalstaaten bzw. im Rahmen von
Wirtschaftsblöcken durch.
"Transnational" sind des weiteren die großen, die Welt
beherrschenden Konzerne "nur" insofern, als sie in aller Herren Länder produzieren lassen, als sich ihre Bosse
grenzüberschreitend bewegen und als "vaterlandslose Gesellen" ihre Geschäfte der Belegschaftsreduzierung, der
Arbeitsintensivierung, sprich: der Profitmaximierung betreiben. Hinsichtlich des Kapitaleigentums der weltgrößten Konzerne
existiert jedoch ein solcher "kapitalistischer Internationalismus" nicht mehr. Das Eigentum an den größten Konzernen
der Welt ist zu 95% insofern "national", als es an einen der neun wirtschaftlich mächtigsten Staaten dieser Welt gebunden und
in einen der drei großen kapitalistischen Wirtschaftsblöcke Nordamerika (NAFTA), Japan und Westeuropa (EU) eingebettet
ist.
Einzelkapital und Nationalstaat
Das einzelne Kapital - eine Firma, ein Unternehmen, ein Konzern - kennt nur ein Prinzip:
größtmöglicher Profit in kürzest möglicher Zeit. Dieses Prinzip wird in der Regel bei Strafe des eigenen
Untergangs exekutiert. Nun gibt es jedoch eine Reihe von Aufgaben, die im Interesse des Kapitals und als Voraussetzungen für die
Exekution des Prinzips Profitmaximierung gegeben sein müssen, die jedoch bei einer direkten Unterwerfung unter dieses Prinzip nicht
realisierbar sind. Beispielsweise erfordert der kapitalistische Verwertungsprozess die Existenz einer guten Infrastruktur (Straßen,
Schienen- und Wasserwege) und entsprechender Kommunikationsstrukturen. Dabei handelt es sich meist um Investitionen, die sich - wenn
überhaupt - nur langfristig rechnen. Ein funktionierender Kapitalismus benötigt ein für seine Interessen ein "gutes"
System von Bildung, Ausbildung und Fortbildung. Dies gilt insbesondere für einen "modernen" Kapitalismus, der für
seinen hochtechnisierten Maschinen- und Computerpark entsprechend geschultes Personal benötigt. Auch diese Voraussetzung für
eine optimale Kapitalverwertung kann dann nur unzureichend "bereitgestellt" werden, wenn allein die kurzfristige
Profitmaximierung zählt. (Und der Ausweg, kurzfristig über eine "Green Card" qualifiziertes Personal, das im Ausland
ausgebildet wurde, anzuwerben, bietet sich nicht immer und stößt auf andere - politische - Widerstände.)
Weiter verlangt das Kapital für seine Verwertung nach der
"inneren Sicherheit". Erforderlich sind Polizei, Militär und Justiz (vulgo: Klassenjustiz), die die Aufrechterhaltung von
"Ruhe und Ordnung" garantieren, damit "ruhig und ordentlich" Profit akkumuliert werden kann. Aber auch hier gilt:
Polizei, Militär und ein Gerichtswesen "rechnen" sich nicht - jedenfalls nicht unmittelbar und kurzfristig.
Schließlich und endlich gibt es das Bedürfnis des Kapitals
nach einer "äußeren Sicherheit": Die eigenen Kapitalanlagen im Ausland sollen gegenüber den Angriffen der
Belegschaften, der Konkurrenz und anderer Staaten geschützt werden. Gegebenenfalls soll es auch möglich sein, dann, wenn die
Mittel der Konkurrenz versagen, mit Gewalt nachzuhelfen, Märkte militärisch zu "öffnen" oder die Zufuhr billiger
Rohstoffe zu "sichern" und zu "verteidigen". Vulgo: Kriege zu führen. Dafür benötigt das Kapital
Militär. Und erneut gilt: Dieses "rechnet" sich nicht kurzfristig. Und nicht jeder große Konzern verfügt über
einen Zugriff auf billiges ausländisches Militär oder einen eigenen militärischen Dienst, wie dies bei Shell in Nigeria der
Fall ist.
Für diese - und auch andere - Zwecke schuf das Kapital sich
Nationalstaaten bzw. es bedient sich solcher. Während das einzelne Kapital niemals eine Art "Gesamtinteresse" wahrt,
sondern rücksichtlos gegen die Konkurrenz und gegen die "eigene" Belegschaft vorgeht, stellen Staaten, so Friedrich Engels,
eine Art Verkörperung des "ideellen Gesamtkapitalisten" dar. Der Staat ist es, der die oben beschriebenen Aufgaben zur
Sicherstellung der Kapitalakkumulation und zur Reproduktion von Bedingungen, die auch mittel- und langfristig die Kapitalherrschaft absichern,
gewährleistet.
Dabei vollzieht sich dieser Prozess in zweifacher Weise
widersprüchlich. So gibt es keine "verbindlich planende" Instanz des Kapitals oder der bürgerlichen Klasse, die eisern
dafür sorgen würde, dass diese Voraussetzungen immer erfüllt würden. Vielmehr spiegelt sich im
Kapitalverhältnis und im bürgerlichen Staat selbst der innere Widerspruch zwischen dem Prinzip der Profitmaximierung und der
Notwendigkeit längerfristigerer Investitionen zur Aufrechterhaltung der Vorausssetzungen der Kapitalherrschaft wider.
"Lean Production" ist in sich logisch: Kostenreduktion zur
Profitexpansion ist im Einzelunternehmen logisch und sinnvoll. Die Übertragung dieses Prinzips auf den Staat - "lean state",
"schlanker Staat" - heißt jedoch, genau diese notwendigen längerfristigen Investitionen zu untergraben.
Gleichzeitig wirkt jedoch paradoxerweise der Klassenwiderspruch im
Kapitalismus in eine Richtung, mit der diese Voraussetzungen der Profitakkumulation gewährleistet werden. Es war oftmals der Kampf
der Arbeiterklasse und der Gewerkschaften, mit dem erst Lebens- und Arbeitsverhältnisse erreicht wurden, die verhinderten, dass das
Kapitals die Grundlage jeder Ausbeutung, die Existenz einer ausbeutbaren Arbeiterklasse, selbst vernichten würden (u.a. durch
Kinderarbeit und extrem lange Arbeitstage). Es waren Gewerkschaften und Sozialdemokratie, durch deren Kampf es zu einer sozialen
Absicherung der Menschen bei Krankeit und im Alter kam, ohne die die Voraussetzungen zur Ausbeutung und Profitakkumulation ebenfalls
untergraben worden wären.
Das alles heißt in keiner Weise, die Kämpfe z.B. der
Gewerkschaften wären ausschließlich solche, die im Interesse des "idellen Gesamtkapitalisten", des bürgerlichen
Staates erfolgen würden. Wäre das so, dann wäre nicht erklärbar, weswegen jeder Fortschritt auf diesen Gebieten
(bessere Ausbildung, "durchlässigere" Hochschulen) nicht nur vom Einzelkapital, nicht nur von deren Klassenvereinigung
(BDI, BdA, IHK), sondern auch von den Vertretern des bürgerlichen Staates selbst bekämpft wird. Vor allem aber legt eine solche
Sicht die Denunziation nahe, die Kämpfe von Gewerkschaften und anderer sozialer Bewegungen erfolgten schlicht im Interesse des
Gesamtkapitals.
Festzustellen, dass solche Kämpfe einerseits objektiv die
Voraussetzungen zur Profitakkumulation absichern, ist die eine Seite. Die andere jedoch lautet: Jede Verbesserung der sozialen Bedingungen
der Bevölkerung ist nicht nur moralisch gerechtfertigt. Solche Verbesserungen sind, wenn sie durch Kampf erzielt wurden, gerade auch
deshalb wichtig, weil dadurch das Selbstbewusstsein der betroffenen Menschen gestärkt und ihre Fähigkeit, das kapitalistische
System einer kritischen Bilanz zu unterziehen, entwickelt wird.
Ultraimperialismus oder nationalstaatliches
CasinoCapital?
Zu fragen wäre: Ist das heute alles ganz oder weitgehend überholt? Gibt es etwa inzwischen jenen
"Ultraimperialismus", von dem Karl Kautsky am Anfang des 20. Jahrhunderts sagte, dass bei diesem "an die Stelle des
Kampfes der nationalen Finanzkapitale untereinander die gemeinsame Ausbeutung der Welt durch das international verbündete
Finanzkapital" getreten sei?1 Oder gilt, was W.I.Lenin hierzu als Antwort auf Kautsky sagte: "‚Innerimperialistische oder
‚ultraimperialistische Bündnisse sind … in der kapitalistischen Wirklichkeit … notwendigerweise nur ‚Atempausen
zwischen Kriegen … [Solche f]riedliche[n] Bündnisse bereiten Kriege vor und wachsen ihrerseits aus Kriegen hervor, bedingen sich
gegenseitig, erzeugen einen Wechsel der Formen friedlichen und nichtfriedlichen Kampfes auf ein und demselben Boden imperialistischer
Zusammenhänge und Wechselbeziehungen der Weltwirtschaft und der Weltpolitik."2
Besehen wir uns den aktuellen Kapitalismus im Allgemeinen und die
Fusionitis im Besonderen dann lässt sich sagen: Lenin wurde nicht nur durch die Entwicklung zum und im Ersten Weltkrieg Recht
gegeben. Seine Aussage findet auch heute ihre Bestätigung. Wenn es in den 70er und 80er Jahren Ansätze für eine Art
"friedliches Bündnis" eines anscheinend "transnationalen Kapital" gab, dann kam dieses zustande aufgrund
spezifischer Interessen: dem gemeinsamen Ziel, die Regionen, die nicht der direkten Kapitalverwertung unterworfen waren,
zurückzuerobern. Dieses Ziel wurde durch supranationale Zusammenschlüsse wie NATO, Weltbank und IWF und durch
Absprachen im Rahmen der G7-Staaten verfolgt. Spätestens seit dem Zusammenbruch der UdSSR brechen jedoch die alten
Frontstellungen entlang von Nationalstaaten und Blöcken auf. Dies lässt sich deutlich mit dem Prozess der Kapitalzentralisation
belegen.
Generell lässt sich bei einem Blick auf die Liste der
größten Konzerne der Welt feststellen: Diese werden immer einem großen Industriestaat zugeordnet. Im Jahr 1998 hatten 89
der "100 Größten" ihren Sitz in einem der G7-Staaten; die übrigen zehn sind in der Schweiz (4), in den
Niederlanden (2), in Schweden (2), in Korea (1), in Finnland (1) und in Spanien (1) beheimatet.3
Für den aktuellen Fusionsprozess lässt sich das ebenfalls
sagen. So gut wie alle gegenwärtig stattfindenden Zusammenschlüsse haben insofern "nationalen" Charakter, als bei
ihnen ein "nationaler" Konzern ein anderes Unternehmen "anderer Nationalität" übernimmt oder sich zwei
"nationale" Konzerne zusammenschließen. Typisch für die erstgenannte Möglichkeit war der Zusammenschluss
von Daimler und Chrysler. Entgegen der offiziell verbreiteten Ideologie, es handle sich um einen "merger of equals", um das
Zusammengehen gleicher, war von vornherein klar, dass Daimler mehr als 50% des Chrysler-Kapitals übernimmt, dass Bob Eaton nur
zur Beruhigung der US-Belegschaft und der Öffentlichkeit noch zwei Jahre als Staffage neben Schrempp stehen würde. Inzwischen
steht fest: Eaton geht mit der DaimlerChrysler-Hauptversammlung im April 2000. Und in der Topetage des Konzerns wird badisch,
schwäbisch oder ein mehr oder weniger gutes Wirtschaftsenglisch mit süddeutschem Akzent gesprochen. Im Übrigen wusste
man an der Wall Street sofort, dass es sich um einen "takeover", um eine Übernahme, und nicht um eine Fusion handeln
würde: Von vornherein wurde die Chrysler-Aktie aus dem Aktienindex Dow Jones ausgeschlossen und das Begehren des
DaimlerChrysler-Managements, die DaimlerChrysler-Aktie in den Dow Jones zu integrieren, abgelehnt. Die Begründung lautete: In
diesem Aktienindex dürfen keine deutschen Aktien vertreten sein. Das Zusammengehen der Finanzinstitute BNP, Societé
Générale und Paribas auf der französischen und der Deutschen und der Dresdner Bank auf der deutschen Seite sind
Beispiele für die zitierten "nationalen Fusionen".
Es gab eine Reihe von Fusionen, die tatsächlich
"gleichberechtigt grenzüberschreitend" angelegt waren, die jedoch exakt daran scheiterten. Das galt für Agfa-Gevaert,
den deutsch-niederländischen Konzern, der an dieser Binationalität scheiterte und inzwischen zum Bayer-Konzern gehört.
Dies traf zu auf den deutsch-niederländischen Stahlkonzern Estel, einen Zusammenschluss von Hoesch (D) und Hogoovens (NL). Dieses
binationale Unternehmen wurde wieder aufgelöst, worauf Hoesch mit Krupp und Krupp/Hoesch mit Thyssen fusionierte - erneut ein
"rein nationales" Zusammengehen - und Hogoovens 1999 von British Steel übernommen wurde. Anfang der 90er Jahre
wollten Renault und Volvo gleichberechtigt zu dem Unternehmen "Revolvo" zusammengehen. Das Projekt scheiterte, weil am Ende
Renault darauf bestand, doch 51% der Gesellschaft kontrollieren zu wollen. Das schweizerisch-schwedische Unternehmen ABB
(Zusammenschluss aus der schwedischen Gruppe Asean und der Schweizer Gesellschaft BBC) hat nach dem 1999 erfolgten Einstieg des
französischen Unternehmens Alstom seinen Charakter verändert. ABB Alstom Power wird faktisch von der französischen
Gesellschaft Alstom kontrolliert. Ende 1999 scheiterte der Zusammenschluss der schwedischen Telekommunikationsgesellschaft Telia mit dem
norwegischen Unternehmen Telenor wegen, wie die Süddeutsche Zeitung schreibt, "nationalistisch gefärbten
Streitigkeiten". Das Unternehmen hatte zwei Monate bestanden und bereits mehr als 100 Millionen Mark in ein neues gemeinsames
Firmengebäude und in eine Beratergruppe zur Findung eines neuen Namens investiert.4
Als Anfang der 90er Jahre der geplante Zusammenschluss der
europäischen Fluggesellschaften KLM, SAS, Swissair und Austrian Airlines scheiterte, formulierte das US-Blatt Business Week die
bemerkenswerten Sätze: "Solche gemeinsamen Zusammenschlüsse sind exakt das, was Westeuropa heute benötigte. Auf
der rein nationalstaatlichen Ebene stößt die Rationalisierung der Industrie an ihre Grenzen … Eine Restrukturierung der
europäischen Industrie, die ohne Rücksicht auf nationalstaatliche europäische Grenzen erfolgte und transnationale
Zusammenschlüsse einschließt, wäre exakt der letzte, entscheidende Schritt hin zu den Produktionseinheiten auf höherer
Stufe, insbesondere im Fall von Industrien mit Überkapazitäten wie bei der Auto- und Luftfahrtindustrie. Es handelt sich jedoch um
einen Schritt, den Europa offensichtlich nicht machen kann."5
Diese Beobachtung trifft zu. Offensichtlich gibt es in Europa kaum einen
Prozess der Herausbildung eines "transnationalen, europäischen Kapitals". Selbst wenn es einen solchen Prozess geben
würde, widerspräche dies nicht meiner These vom "nationalen" Charakter der Fusionitis. In diesem Fall würde
"nur" der neue "Block EU" die bisherigen einzelnen Nationalstaatlichkeiten in der EU ersetzen und damit die nationale
Konkurrenz auf höherer Stufenleiter reproduziert. Stattdessen findet im europäischen Fusionsfieber die Nationalstaatlichkeit ihre
Widerspiegelung. Und hier irrt der zitierte Autor von Business Week in seiner Schlussfolgerung, die lautete: "Doch wenn die
Europäer diesen Schritt nicht vollziehen, dann wird ihre Industrie zur Beute der amerikanischen und der japanischen Konzerne
werden."
Ein solcher Prozess ist in Westeuropa nur bedingt zu beobachten - bspw.
könnte der Einstieg von General Motors bei Fiat in diese Richtung weisen. Hier gibt es jedoch auch Gegenreaktionen. So war der
Aufkauf von Rover durch BMW ein Akt, mit dem das japanische Kpital aus der europäischen Autoindustrie "herausgebissen"
wurde - bis dahin war Honda an Rover beteiligt. Wenn BMW jetzt Rover fallen lässt, dann ist das nur logisch, da Rover ins Nichts
fällt. Hier findet derselbe Prozess statt, der sich fünf Jahre zuvor in der EU-Flugzeugindustrie absopielte: Daimler kaufte das
niederländische Unternehmen Fokker auf, damit die ausländische Konkurrenz aus der EU-Flugzeugindustrie herausghalten
würde. Bald darauf ließ Daimler Fokker ins Nichts fallen.
Was in Europa stattfindet ist ein Prozess der Kapitalzentralisation, bei dem
die stärkste Ökonomie, die deutsche, den Versuch unternimmt, die EU-Ökonomie zu dominieren. Die 20 größten
westeuropäischen Unternehmen vereinigten 1998 einen Umsatz von knapp 1000 Milliarden Euro auf sich. Unter ihnen befanden sich acht
deutsche Konzerne, die 442 Mrd. Euro auf sich vereinten, was 46% des gesamten Umsatzes dieser 20 Größten entsprach. Die
nächststärkste "nationale Kapitalgruppe" war die britische, die es mit drei Konzernen - darunter allerdings zwei
britisch-niederländische - auf 177 Mrd. Euro oder 18% brachten. Die drittstärkste Kapitalgruppe war die französische mit
fünf Konzernen, die es auf 164 Mrd. Euro brachte. In dieser Gruppe gibt es nur einen einzigen italienischen Konzern, Fiat, dessen Umsatz
4,7% dieser 20 größten EU-Konzerne ausmacht. Wenn man eine entsprechende Rechnung für die 200 größten
EU-Konzerne aufstellt, ergibt es ein vergleichbares Ergebnis.6 Zehn Jahre früher war diese deutsche Dominanz noch weit weniger
ausgeprägt. Und heute, im Jahr 2000, ist sie aufgrund neuer deutsch dominierter Zusammenschlüsse noch ausgeprägter.
Um das strategische Ziel einer deutschen EU-Dominanz abzusichern, geht
das deutsche Kapital taktische Bündnisse ein und praktiziert ebensolche Rücksichtnahmen - z.B. durch eine fortgesetzte, wenn auch
zunehmend brüchiger werdende deutsch-französische Zusammenarbeit und mit wenigen exemplarischen gemeinsamen Projekten
wie dem weitgehend gleichberechtigten Zusammengehen von DaimlerChysler-Dasa und Aerospatiale-Matra im Flugzeugbau und
Rüstungsbereich.
Unter diesen Bedingungen sind zwei Dinge vorhersehbar: Zum einen, dass
dieser Prozess der Kapitalzentralisation in Europa noch zu heftigen Konflikten und zu einer Zerreißprobe für die EU - und damit
auch für den Euro - führen wird. Eben weil es keine gemeinsame Kapitalbasis für dieses Europa gibt, weil die
Nationalstaatlichkeit in Europa weiterexistiert und weil es neben einem ökonomisch überlegenen Deutschland zwei
Atommächte, Frankreich und Großbritannien gibt.
Zum anderen haben bei diesem Wettrennen die USA die Nase vorn: In
ihrem Block NAFTA gibt es keine ernsthafte Kapitalkonkurrenz: Kanada wird weitgehend von den US-Konzernen beherrscht und das dritte
NAFTA-Land Mexiko wird derzeit von den US-Konzernen überrollt.
Winfried Wolf
Anmerkungen:
1. Karl Kautsky. In: Die Neue Zeit, 30.4.1915.
2. W.I.Lenin: Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapialismus. In: Werke, Bd.22, Berlin 1971, S.301.
3. Nach: "Die 100 größten Unternehmen", in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6.7.1999. Die Angaben differieren
von den zuvor angeführten zur Stärke der "200 Größten", da Le Monde Diplomatique sich auf das Jahr
1995 bezog (vor der Asienkrise; daher waren dort mehr südkoreanische Konzerne vertreten) und darüber hinaus eine andere
Statistiksystematik heranzog.
4. Süddeutsche Zeitung, 17.12.1999.
5. Business Week, 27.12.1993.
6. Berechnet nach: Die 500 größten westeuropäischen Industrie- und Dienstleistungsunternehmen", in:
Wirtschaftswoche, 12.8.1999.
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