Sozialistische Zeitung |
Ani Difranco hatte ihre Bühnenkarriere bereits lange begonnen, als sie mit 20, das war 1990, ihre eigene
Plattenfirma (Righteous Babe Records) gründete und Dirty Linnen veröffentlichte - ein Tape, mit ausschließlich eigenen
Liedern. Bis heute hat sie nichts von ihrer rebellischen Art verloren, obwohl sie aufgrund ihres Erfolgs mittlerweile bestimmt diverse
Angebote von großen Firmen bekommen hat.
Ihr Label bringt inzwischen nicht nur ihre Produktionen heraus, sondern ist
so erfolgreich, dass es auch anderen als Vorbild von Unabhängigkeit gilt. Righteous Babe Records ist auch nicht nur ein Label von
"Feministinnen zwischen 20 und 30", wie Ani Difranco sagt. So war dann auch die erste Veröffentlichung auf Righteous Babe
Records, die nicht von ihr selbst stammte, die des 61-jährigen Folk Sängers U.Utah Phillips. Dennoch ist es ihre Riot Grrrl-
Attitüde, die ihr Image prägt, von der Web-Seite (www.anidifranco.net), bis ins ruhigste ihrer Lieder.
In Europa wird ihre neue Platte To the teeth vom englischen Label Cooking
Vinyl vertrieben, das zum selben Netzwerk von Independent-Labels gehört, wie auch Righteous Babe Records.
Ihren sehr eigenen Stil, den man als an Jazz angelegte moderne Folkmusik
bezeichnen könnte - sie selber wehrt sich gegen jede Schublade -, hat sie seit 1996 (Dilate) fortgeführt. Ihre akustische Gitarre und
ihre Stimme dominieren die Musik. Die Gitarre, mal gezupft, aber in erster Linie als Rhythmus- und Melodieinstrument gleichzeitig eingesetzt,
und der Gesang stehen in der Tradition aufmüpfiger Folksängerinnen. Obwohl sie auch mal zur elektrischen Gitarre greift, um an
Hendrix Gitarrenspiel zu erinnern.
Auf dem aktuellen Album verwendet sie Samples und Elemente
elektronischer Musik, aber nicht um die Zuordnung noch schwieriger zu machen, sondern um damit zu überraschen, wie diese Elemente
sich einfügen lassen und wie sie Aussagen unterstreichen können. Überhaupt liegt im Unterstreichen von Aussagen eine
hervorragende Qualität von To the teeth. Dies gilt auch für die einzige Schwäche des Albums. So beschwört sie in
"Wish I may": "This song could never be long enough.”
Dies scheint ihr Motto für die meisten der Lieder auf dieser Scheibe
zu sein und so gibt es unheimlich lange Ausklänge. Manchmal passt das, wie beim Titelsong, häufig aber wäre kürzer
besser gewesen. Diese Schwäche nimmt sich in der Waagschale allerdings gering aus, gegenüber den Stärken dieser auch
handwerklich hervorragenden Produktion. Wenn sie, wie im Titelsong nur von Bass und Gitarre begleitet singt: "Open fire on Hollywood,
open fire on MTV…", ist sie glaubwürdiger, als wenn eine Punk-Band den gleichen Text herauskotzen würde.
In ihrer Musik findet sich auch nicht die Spur einer
rückwärtsgewandten Sozialromantik, wie bspw. bei den Hooters mit "Bring the music back", sondern sie steht für
die Angriffslustigkeit einer Musikerin, die bereit ist, sich dem Big Business zu widersetzen. Dabei betont Ani Difranco immer wieder, dass
Leben, Kunst und Politik für sie zusammengehören. Deutlich wird dies bei Liedern wie "Hello Birmingham", in dem sie
die militanten christlichen Abtreibungsgegner aufs Korn nimmt, oder im Titelsong, der sich um den waffenstrotzenden US-Alltag dreht.
DJ Tommy