Sozialistische Zeitung |
Seit einigen Monaten verhandelt die SPD-Grünen-Regierung mit der CDU-Opposition hinter
verschlossenen Türen über die Zukunft der Renten. Arbeitsminister Walter Riester hatte "zugesagt", dass nach den zwei
Jahren, in denen die Renten nur im Maße der Inflationsrate angepasst werden sollen, im Jahre 2002 zur Nettolohnberechnung
gemäß der bisher gültigen Rentenformel zurückgekehrt werden solle. Das wollen weder die Unternehmer noch die
Grünen oder die CDU so hinnehmen. Diese Gruppen befürchten ein zu starkes Ansteigen der Renten, so dass in zwanzig bis
dreißig Jahren Beiträge von über 23% fällig würden.
Damit wird die nächste Rentenlüge dieser Regierung schon
vorbereitet: Denn selbst wenn es bei der Rückkehr zur "alten Rentenformel" bliebe kann der jeweilige Erhöhungssatz
über eine andere Berechnungsgrundlage des Nettolohns manipuliert werden.
Riester möchte gerne private Vorsorgeaufwendungen in die
Berechnung einbeziehen, was zu einem deutlich niedrigeren Nettolohnanstieg und damit erneut zu weiterhin niedrigeren Rentensteigerungen
führen würde. Weiter besteht die Möglichkeit auf europäische Berechnungsmethoden zurückzugreifen, die
gegenüber der bisherigen innerdeutschen Berechnungsmethode schon im letzten Jahr zu einem geringeren Anstieg der Nettolöhne
führten - ein statistischer Kunstgriff, der den Rentenkassen Milliarden erspart.
Alle neuen Modelle von Altersversorgung müssen daher unter dem
Gesichtspunkt der Kürzung der gesetzlichen Renten beurteilt werden. Hierunter fällt auch das Drängen der Privatwirtschaft
auf eine Altersversicherung über Investmentfonds. Nach amerikanischem Modell sollen die Sozialrenten durch Anteile an Kapitalfonds
ergänzt werden. Wenn sich diese Entwicklung, angeheizt durch die jetzige Spekulation in Aktien, durchsetzen sollte, werden den
zukünftigen RentnerInnen erhöhte Beiträge außerhalb der paritätisch finanzierten Rentenversicherung
aufgebürdet. Zusätzlich erhalten sie niedrigere Renten aus der Sozialversicherung und tragen das Kapitalmarktrisiko.
Alle diese Rentenkürzungen sind in den
"Konsensgesprächen" schon angedacht. Um die Lohn- und Sozialkosten zu drücken, ist der politischen Führung
jedes Mittel recht.
Der mangelnde Widerstand gegen die laufenden Rentenkürzungen hat
Schröder und Co. Mut gemacht, weiter auf diesem Weg zu gehen. Leider nutzen die Gewerkschaften diese Absichten nicht, um
aufzuklären und dagegen zu mobilisieren. Im Gegenteil: wenn es um die zusätzlichen privaten Versicherungsmöglichkeiten
geht, möchten sie mit im Boot sein. Heinz Putzhammer vom DGB-Vorstand erklärt in einem Interview, dass die Gewerkschaften
mitbestimmen müssten, wenn das Geld ihrer Mitglieder angelegt würde. Zusätzliche Altersvorsorge in Fonds, die maximalen
Gewinn vor allem durch den Abbau von Arbeitsplätzen in den Beteiligungsunternehmen erwirtschaften können, soll durch
Mitbestimmung "sozialverträglich" gestaltet werden.
Es ist nicht zu sehen, wie der Shareholder-Kapitalismus eine krisenfeste
Altersversorgung der jetzigen Generation schaffen soll, aber das stört die Verteidiger der neoliberalen Sozialpolitik nicht besonders. Nur
beteiligt wollen sie sein. Aber das wird keine einzige Kürzungsmaßnahme verhindern.