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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.8 vom 14.03.2000, Seite 8

Was ist aus der UÇK geworden?

Der Kommandeur des Kosovo Protection Corps (KPC), Agim Ceku, war der letzte Stabschef der UÇK. Ceku ist "eine der sinnbildlichsten Figuren des Kosovo nach dem Abkommen von Kumanovo und jener neuen kosovarischen ‚Nomenklatura‘, die ihre Macht außerhalb jeder demokratischen Debatte und Kontrolle zu stützen sucht. Ceku machte in den 80er Jahren Karriere in der jugoslawischen Armee, in einer Zeit, in der diese im Kosovo intervenierte und seine albanischen Landsleute unterdrückte." (Notizie Est, Nr.319.)
In den 90er Jahren stellte er sich der Militärmaschine von Tudjman zur Verfügung und war als Oberbefehlshaber von Gospic an der Operation "Sturm" beteiligt, in deren Verlauf mehrere hunderttausend Serben aus Kroatien vertrieben wurden. Ceku verteidigt den kroatischen General und Kriegsverbrecher Tuhomir Blaskic, der vom Haager Tribunal zu 45 Jahren Gefängnis verurteilt wurde, gegen das "ungerechte und parteiische Urteil".
"Ceku kann sich recht weniger Verdienste für die albanische Befreiungsbewegung rühmen; ihr stand er fern bis zum Augenblick, wo die NATO auf den Plan trat. Einen Monat vor dem Ende der Bombardierungen, am 2.Mai 1999, übernahm er das Kommando der UÇK, als die Albaner bereits massenweise von serbischen Streitkräften deportiert worden waren."
Dass er auch vor dem Beginn des NATO-Kriegs schon eine Rolle in der UÇK gespielt hat, gibt er nur widerstrebend zu; einer der Gründe dafür könnte sein, dass er gleichzeitig seine Finger in der FARK stecken hatte, der bewaffneten Truppe um Rugovas Premierminister Bukoshi. In einem Interview mit der kroatischen Zeitung Nacional vom 23.März 2000 rühmt er sich, die Kräfte der UÇK und die Einheiten der FARK, die in Albanien stationiert waren, unter einem einheitlichen Kommando zusammengeführt zu haben.
Für den Aufbau des KPC, dessen Stabschef er ist, möchte er seine Erfahrungen in der kroatischen Armee nutzbar machen - offenkundig schwebt ihm vor, daraus eine Art albanische lokale Ersatzarmee zu machen: "Es ist uns gelungen, eine moderne Organisation zu schaffen, die internationalen Standards entspricht. Wir haben einen Generalstab, der über alle Hilfsdienste und acht Kommandos verfügt: Personal, Aufklärung, Operationen, Logistik, zivil- militärische Beziehungen, Kommandostrukturen, Ausbildung und Übung, Ressourcenverwaltung. Wir haben sechs Zonen und ein operatives und ein territoriales Kommando, ähnlich wie in Kroatien, wo es sechs Armeekorps gibt. [Eine dieser Zonen, das Gebiet um Drenica, die Wiege des albanischen Widerstands und Hochburg der UÇK, hat allerdings ein autonomes Kommando und ein eigenes Hauptquartier zugesprochen bekommen.] Wir haben auch eine Kosovo-Garde, eine Elitetruppe des KPC, die für das gesamte Gebiet des Kosovo zuständig ist…"
Das Verhältnis zwischen der Kosovo-Garde, die 600 Mann zählt, und dem KPC ist jedoch unklar: Auf der einen Seite wird die Garde als eine Einheit des KPC bezeichnet, auf der anderen Seite erklärt Ceku in einem Interview mit der Wochenzeitung Globus: "Die Vorstellung der internationalen Gemeinschaft für alle Länder der Region ist, dass sie eine Armee nach dem Modell der US-amerikanischen Nationalgarde haben sollen. Für die Sicherheit der Region insgesamt werde die NATO zuständig sein; die betroffenen Länder sollen ihr Sicherheitssystem entsprechend den Vorgaben des kollektiven Sicherheitssystems [der NATO] für die Region aufbauen."
Hasim Thaqi, der in der neuen UN-Regierung den politischen UÇK- Flügel vertritt, ist nicht weniger zweideutig: Gegenüber ausländischen Gesprächspartnern favorisiert er das Modell der Nationalgarde, gegenüber den Kosovo-Albanern präsentiert er das KPC als Kern einer künftigen kosovarischen Armee, die natürlich nur von Albanern gestellt würde.


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