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Auf dem Parteitag der SPD in Bochum im März erklärte Ministerpräsident Clement, dass er
die Zahl der Arbeitslosen in den kommenden fünf Jahren von heute 800.000 auf unter 500.000 senken will. In zehn Jahren müsse
die Arbeitslosigkeit in NRW beseitigt und das Ruhrgebiet zur Nr.1 der Regionen gemacht werden. Clement legt die Latte für sich und
seine Partei hoch. Bis 2005 will er die Nettoverschuldung in NRW "auf Null bringen". So will er Kräfte frei setzen, damit
"wir" auch im internationalen Wettbewerb den USA Paroli bieten können.
Aber Clement kann und will die zunehmenden Fusionen, die auch
Auswirkungenauf NRW haben werden, nicht aufhalten. Bisher haben die Giganten bei ihren Fusionen und Rationalisierungsmaßnahmen
Personal abgebaut. Trotz aller Aufbruchstimmung, die jetzt von Wissenschaftlern, Instituten und auch von Wahlkämpfern verbreitet wird,
sind im Revier zehntausende Stellen bedroht.
Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung
(RWI) rechnet bis 2005 im Revier mit dem Verlust von 40.000 Arbeitsplätzen. 10.000 davon entfallen auf den Strombereich sagt RWI-
Präsident Paul Klenner. 30.000 Arbeitsplätze seien durch Rationalisierung bei Banken und Versicherungen sowie im Handel und
am Bau bedroht.
Die Fusion der Energie-Konzerne RWE-VEW wird 3000 bis 3500 Stellen
kosten, sagt der Arbeitsdirektor der RWE-Energie, Manfred Reindel. Ein weiterer großer Zusammenschluss ist angekündigt: VEBA
und Viag, zwei große Elektro- und Chemie-Konzerne mit 200.000 Beschäftigten und 140 Milliarden Umsatz, planen die Fusion. Die
Konzernspitze kündigt eine "Neustrukturierung" an, das Ölgeschäft wird umgebaut. Es heißt, alle kritischen
Personalprobleme seien gelöst. Nur der Personalabbau geht weiter. In Gelsenkirchen werden 100, in Essen 190 und in Bochum 200
Beschäftigte ihren Arbeitsplatz verlieren.
Dem Bochumer Opel-Werk droht nach der Jahreswende ein Verlust von
über 4000 Arbeitsplätzen. Die Ursache liegt in der sogenannten modulen Bauweise. Immer mehr Zulieferer spezialisieren sich auf
komplexe Baugruppen und übernehmen damit Arbeiten, die sonst im Automobilwerk selbst anfallen.
Ständig werden in NRW weitere Betriebsschließungen und
Entlassungen gemeldet. Der Ferienflieger LTU will 1600 Arbeitsplätze streichen, die Mitarbeiter sollen zunächst auf 10% ihres
Gehalts verzichten.
Die Krups-Werke in Solingen, die Haushaltsgeräte herstellen und
zum französischen Moulinex-Konzern gehören, wollen die Produktion aufgeben. Von den 550 Beschäftigten sind 440 Frauen.
Die Betroffenen haben seit dem Bekanntwerden der Schließung eine Mahnwache eingerichtet, die nun schon 46 Tage andauert.
In Hagen hat die Zwiebackfabrik Brandt schon vor Wochen mitgeteilt, dass
der Besitzer die Produktion in eines der neuen Bundesländer verlegen wird und damit etwa 500 Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren.
Die Belegschaft hat sich in einer Urabstimmung für Streik ausgesprochen. Der Besitzer der Zwiebackfabrik hat in Hagen Subventionen
kassiert und für den Neubau einer Fabrik in Ostdeutschland ebenso.
Weil SPD-Wahlkämpfer, aber auch die Grünen in NRW
dauernd davon reden, dass der Mittelstand gefördert werden soll, zählen wir auf, was in NRW sonst noch geschieht:
Das weltweit operierende Textilunternehmen Steilmann - Jahresumsatz 1,5
Milliarden DM - streicht weitere 660 Arbeitsplätze, davon sind am Standort Dülmen 220 Beschäftigte betroffen. Am
Firmensitz in Wattenscheid müssen über 100 Arbeitnehmer ihre Arbeitsplätze räumen.
Die Raab-Karcher-Tankstellentechnik hat nach Angaben der IG Metall
Insolvenzantrag gestellt. Davon sind 600 Stellen in Deutschland berührt. In Wattenscheid sind es 140 Personen.
Willi Scherer