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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.12 vom 08.06.2000, Seite 4

Fiat-Zastava

Aus eigener Kraft wiederhergestellt

Eine der vielen zivilen Zielscheiben des NATO-Kriegs gegen Jugoslawien war die Automobilfrabrik Zastava in Kragujevac. Zastava war die größte Automobilfabrik auf dem Balkan; hier wurden der Fiat 128, der Jugo und der Florida gebaut, aber auch ein Heizkraftwerk betrieben, das den 200000 Einwohnern des Ortes Wärme spendete. Die Bombenangriffe haben alles in Schutt und Asche gelegt: Montagebänder, die Lackiererei, die Schmiede, das Rechenzentrum, natürlich auch die Therme.
Nach einem Jahr ist ein Teil der Fabrik wiederaufgebaut - eine Eigeninitiative der Arbeiter, die sich ihren Arbeitsplatz wiederherstellen wollten. Sie rechnen damit, noch in diesem Jahr die Produktion wieder anlaufen lassen zu können: 20.000 Autos sollen pro Jahr gebaut werden, zwei Drittel für den Eigenbedarf, ein Drittel für den Export.
Die Arbeiter haben dafür die Mithilfe ihrer Kolleginnen und Kollegen aus anderen europäischen Ländern erbeten. Delegationen aus Deutschland, Italien, Spanien, Belgien und Frankreich haben solidarische Grüße und materielle Hilfe übermittelt. Darunter waren auch Arzneimittel und medizinische Geräte, weil auch das Gesundheitszentrum der Fabrik zielgenau zerstört worden war. Die IG Metall hat eine Drehbank geschenkt. Mit ihrer Hilfe und der der Comisiones Obreras wurden Dach und Fenster neu gebaut, Montagelinienund eine Lackiererei wieder aufgestellt und Werkstätten für die Karosserieteile erneuert. Die Stromversorgung konnte teilweise wiederhergestellt werden.
Ironischerweise ist der einzige Teil der Fabrik, den die Bomben nicht zerstört haben, der, in dem Jagdgewehre hergestellt wurden. Die NATO hatte die Angriffe damals damit gerechtfertigt, hier würden Kriegswaffen hergestellt. Getroffen wurde aber keine Waffenproduktion, getroffen wurden die Arbeiter, die zu dutzenden verletzt ins Krankenhaus mußten.
Zwei Drittel der 50.000 Beschäftigten wurden arbeitslos, sie leben heute von 15 Mark Arbeitslosengeld und Nahrungsmittelgutscheinen im Wert von 20 Mark im Monat. Die anderen haben die Ärmel hochgekrempelt - und so haben es auch viele ihrer Kollegen in anderen zerstörten Fabriken in Cacak, Belgrad, Krusevac oder in der Vojvodina getan. Solange die Kriegsfolgen nicht beseitigt sind, wird es eine "Normalisierung" in Jugoslawien kaum geben können.

Angela Klein


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