Sozialistische Zeitung |
Eine der vielen zivilen Zielscheiben des NATO-Kriegs gegen Jugoslawien war die Automobilfrabrik Zastava
in Kragujevac. Zastava war die größte Automobilfabrik auf dem Balkan; hier wurden der Fiat 128, der Jugo und der Florida
gebaut, aber auch ein Heizkraftwerk betrieben, das den 200000 Einwohnern des Ortes Wärme spendete. Die Bombenangriffe haben alles
in Schutt und Asche gelegt: Montagebänder, die Lackiererei, die Schmiede, das Rechenzentrum, natürlich auch die Therme.
Nach einem Jahr ist ein Teil der Fabrik wiederaufgebaut - eine
Eigeninitiative der Arbeiter, die sich ihren Arbeitsplatz wiederherstellen wollten. Sie rechnen damit, noch in diesem Jahr die Produktion
wieder anlaufen lassen zu können: 20.000 Autos sollen pro Jahr gebaut werden, zwei Drittel für den Eigenbedarf, ein Drittel
für den Export.
Die Arbeiter haben dafür die Mithilfe ihrer Kolleginnen und
Kollegen aus anderen europäischen Ländern erbeten. Delegationen aus Deutschland, Italien, Spanien, Belgien und Frankreich haben
solidarische Grüße und materielle Hilfe übermittelt. Darunter waren auch Arzneimittel und medizinische Geräte, weil
auch das Gesundheitszentrum der Fabrik zielgenau zerstört worden war. Die IG Metall hat eine Drehbank geschenkt. Mit ihrer Hilfe und
der der Comisiones Obreras wurden Dach und Fenster neu gebaut, Montagelinienund eine Lackiererei wieder aufgestellt und Werkstätten
für die Karosserieteile erneuert. Die Stromversorgung konnte teilweise wiederhergestellt werden.
Ironischerweise ist der einzige Teil der Fabrik, den die Bomben nicht
zerstört haben, der, in dem Jagdgewehre hergestellt wurden. Die NATO hatte die Angriffe damals damit gerechtfertigt, hier würden
Kriegswaffen hergestellt. Getroffen wurde aber keine Waffenproduktion, getroffen wurden die Arbeiter, die zu dutzenden verletzt ins
Krankenhaus mußten.
Zwei Drittel der 50.000 Beschäftigten wurden arbeitslos, sie leben
heute von 15 Mark Arbeitslosengeld und Nahrungsmittelgutscheinen im Wert von 20 Mark im Monat. Die anderen haben die Ärmel
hochgekrempelt - und so haben es auch viele ihrer Kollegen in anderen zerstörten Fabriken in Cacak, Belgrad, Krusevac oder in der
Vojvodina getan. Solange die Kriegsfolgen nicht beseitigt sind, wird es eine "Normalisierung" in Jugoslawien kaum geben
können.
Angela Klein