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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.12 vom 08.06.2000, Seite 7

FPÖ

Von der Buber- zur Mäderpartei

Die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) ist derzeit die Partei, in der Frauen die größten Aufstiegsmöglichkeiten haben. Susanne Riess-Passer, die sog. "Königskobra", löste Jörg Haider an der Parteispitze ab und stellt seit Anfang Mai den Parteiobmann (sic!) der FPÖ.
Wenn wir die Bilder in den Medien verfolgen, zeigt sich die FPÖ momentan eindeutig als die Partei, in der Frauen die meisten Chancen haben, eine Spitzenposition zu erlangen. Sichtbar wurde es das erste Mal im EU-Wahlkampf 1999, mit einer Frau als Spitzenkandidatin und der Wahl von Susanne Riess-Passer als stellvertretendem Parteiobmann. Damals ernannte Jörg Haider sechs Frauen als seine Stellvertreterinnen.

"Es gibt keine erotische Frau in der Politik"

Was steckt hinter der Frauenoffensive der FPÖ? Drängen im rechten Lager selbstbewusste Frauen nach Spitzenpositionen, rückt auch in den konservativen Kreisen eine neue Generation politischer Frauen nach?
Wirft man einen zweiten Blick auf die politischen Inhalte einerseits und die tatsächlichen Funktionen der Frauen in den Parteigremien andererseits, so sieht die Sache bedeutend weniger feministisch aus.
Haiders Aussagen über Frauen in der Politik, die er während seiner gesamten Karriere lancierte, wurden von ihm - wie vieles andere - nie zurückgenommen. So meinte er noch Mitte der 80er Jahre, dass Politik nichts für Frauen sei, dass er keine erotische Frau in der Politik kenne, und 1995 sagte er über den Feminismus, dass das eine Bewegung sei, die sich selbst totlaufe.
Nun haben die Wahlstrategen ihre frühere Meinung, "die Österreicherinnen wählen alle Jörg Haider, weil er so fesch ist", anscheinend revidiert und erkannt, dass Frauen manchmal sog. Fraueninhalte brauchen, um ihre Stimmen herzugeben. Und die Rechnung ging auf: Trotz kurzfristiger Einbußen - wie etwa unmittelbar nach dem Frauenvolksbegehren - war zwischen 1986 und 1996 eine Verdoppelung des Wählerinnenanteils der FPÖ feststellbar.
Mit Fraueninhalten sind natürlich keine feministischen Inhalte gemeint, das würde dem Selbstverständnis der FPÖ widersprechen. Und so wurden Frauen als neue politische Funktionsträger entdeckt.
Mit derselben atemberaubenden Geschwindigkeit, wie Jörg Haider vom Steireranzug zum Designer-Outfit wechselte, verwandelte sich die Buberpartei in eine moderate Partei mit seriösen Frauen an der Spitze.
Woher kommen nun diese Frauen, die in der FPÖ scheinbar in Windeseile Karriere machen? Was ziehen sie für einen Nutzen aus ihrer politischen Karriere? Sind sie nur austauschbare Marionetten eines patriarchalischen Parteiführers und sind sie sich dessen auch bewusst?
Einen wichtigen Moment in der Lebensplanung freiheitlicher Frauen stellt sicher der Umstand dar, dass es in der FPÖ derzeit am einfachsten ist, eine rasche politische Karriere zu machen. Durch massive Zugewinne an politischen Ämtern in den letzten Jahren, gab es viele Funktionen zu verteilen. Dies gipfelt in der momentanen Regierungsbeteiligung.

Quereinsteigerinnen als Identifikationsfiguren

Quereinsteigerinnen sind gefragt. Der Marsch durch die Institutionen - bei vielen Parteien jahrelang die einzige Chance nach oben zu kommen - ist bei der FPÖ nicht notwendig.
Somit hatte die FPÖ in der österreichischen Parteienlandschaft wieder einmal eine Vorreiterrolle inne: Sind in den traditionellen Parteien SPÖ und ÖVP politische Karrieren nur durch schrittweises Aufsteigen in den innerparteilichen Hierarchien möglich, gibt es jetzt auch Fernsehsprecherinnen und Buchautoren, die die Liebe zur Partei entdecken und sofort in öffentlichkeitswirksame Positionen aufsteigen.
Doch in der FPÖ sind die Hampelmannfunktionen der Frauen als Quereinsteigerinnen noch offensichtlicher. Wenige von ihnen sind sog. Entscheidungsträgerinnen, es geht meist nur um die Darstellung in der Öffentlichkeit.
Die Frauen, die in der FPÖ aktiv werden, würden sich per se niemals als Feministinnen bezeichnen. Sie grenzen sich bewusst von den sog. Emanzen ab und stellen die Wichtigkeit ihres Frauseins in den Mittelpunkt ihres Lebensentwurfs.
So meinte eine FPÖ-Spitzenpolitikerin: "Eine große Gefahr ist dabei, die Weiblichkeit zu verlieren. Es besteht in der Politik oft die Gefahr, dass die Weiblichkeit verloren geht, indem man genauso hart argumentiert wie die Männer. Man muss aufpassen, dass man nicht total männliche Züge bekommt."
So sind sie in einer Partei gelandet, die sie von Anfang an in die Schranken weist und darauf achtet, dass die Frauen an der Parteispitze ihre Weiblichkeit nicht verlieren. Nur jene Frauen haben die Chance in der Partei Karriere zu machen, die von vornherein die traditionelle Geschlechteraufteilung und die konservative Frauenpolitik (= Familienpolitik) mittragen und verkörpern.

Trittbrettfahrerinnen der Frauenbewegung

So kann man die aktiven FPÖ- Politikerinnen wohl durchaus als "Trittbrettfahrerinnen der Frauenbewegung" bezeichnen: Die positiven Errungenschaften der Frauenpolitik der vergangenen Jahrzehnte werden wie selbstverständlich übernommen, schließlich profitieren sie davon, zugleich wird permanent gegen frauenpolitische Forderungen gewettert.
In diesem Sinne repräsentieren die FPÖ-Frauen keineswegs eine aufgeklärte und moderne Gruppe von Frauenpolitikerinnen, sondern sie tragen vielmehr zum Niedergang der österreichischen Frauenbewegung und -politik bei. Manche gehen in der Definition sogar noch weiter: Susanne Riess-Passer bspw. ist eine typische Karrierefrau, die jegliche progressive Frauenpolitik für sich ablehnt. Manche sprechen in diesem Zusammenhang von "feministischem Faschismus", weil sie Frauenthemen aufnehmen und für sich die Emanzipation entdeckt haben.
Dennoch ist das Konzept der FPÖ, mit dieser Taktik mehr Stimmen von Frauen zu erhalten, bisher aufgegangen. Die Gründe liegen sicher in der Unzufriedenheit vieler Frauen mit den bisherigen Regierungsparteien SPÖ und ÖVP. Die von ihnen geschnürten Sparpakete der letzten Jahre und nicht eingehaltene Wahlversprechen, "Beruf und Familie dürfen kein Widerspruch sein", waren für viele doppelt belastete Frauen Grund genug, der Koalition kein Vertrauen mehr zu schenken.
Dagegen bot die FPÖ als einzige Partei frauenentlastende Lösungen an. Wenn für Frauen der Zugang zum Arbeitsmarkt immer schwerer und die soziale Lage existenzbedrohend wird, wirken Lösungen wie Erziehungsgeld für alle, Kinderbetreuungsscheck, Familiensplitting usw. befreiend und erleichternd. Dass damit die Frauen auf dem Arbeitsmarkt noch weiter zurückgedrängt werden, ist für viele, die ohnehin keine Chance auf einen Job haben, ein nebensächliches Problem.
Es ist wohl noch zu früh, um nach vier Monaten Regierungsbeteiligung der FPÖ konkrete Auswirkungen auf die Frauenpolitik zu festzumachen.
Klar ist, dass die neue Regierung keine Zeit verloren hat, um eine Errungenschaften der österreichischen Frauenbewegung innerhalb kürzester Zeit zu zerschlagen: Das in den 70er Jahren eingerichtete sog. "Frauenministerium", ein eigenes Staatssekretariat für Frauenfragen (und dezidiert nicht Familienfragen) wurde sofort nach Regierungsantritt aufgelöst. Susanne Riess-Passer, Vizekanzlerin von Österreich und Parteiobmann der FPÖ, meinte in einem Interview dazu:
"Nicht die Existenz eines Frauenministeriums ist entscheidend, sondern das, was eine Regierung tut, um die Lebenssituation von Frauen zu verbessern. Das Frauenministerium vergangener Tage hatte weder Kompetenzen und Budget und war nicht mehr als ein Feigenblatt für eine sozialistische Frauenpolitik, die gleichzeitig zugeschaut hat, dass die Einkommensdifferenz zwischen Männern und Frauen immer noch mehr als 30% beträgt."
Es ist absehbar, dass die neue Regierung keine Zeit verlieren wird, um anderen frauenspezifischen Einrichtungen den Geldhahn zuzudrehen. Und ein Frauenhaus oder spezielle Mädchenförderungen ohne Geld können auch nicht richtig arbeiten und dann kann man sie ja auch schließen.
Wie sie z.B. die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen überwinden will, bleibt sie uns leider schuldig, aber dass man dazu eine politische Stelle braucht, die Frauen unterstützt, ist in der Logik von Frau Riess-Passer völlig absurd.
Sie ist eine Verfechterin der Theorie: "Jeder ist seines Glückes Schmied", und meint dementsprechend zur Frage der Benachteiligung von Frauen in Politik und Gesellschaft: "Ich glaube, dass dies in erster Linie etwas ist, was Frauen selbst in die Hand nehmen müssen." Jawohl.

Anita Miele


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