Sozialistische Zeitung

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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.13 vom 22.06.2000, Seite 7

ILO gefährdet Mutterschaftsschutz

Die Internationale Arbeitsorganisationen der UNO (ILO), diskutiert derzeit eine partielle Zurücknahme ihrer Konvention über den Mutterschaftsurlaub. Zum Anlass nimmt sie die Tatsache, dass die bestehende Konvention bisher nur von wenigen Ländern ratifiziert worden sei.
Die Konvention über den Mutterschaftsschutz wurde von der ILO 1952 angenommen. Sie enthält folgende Grundsätze:
- das Recht auf einen Mutterschaftsurlaub von mindestens zwölf Wochen;
- das Recht auf ärztliche und Sachleistungen;
- den absoluten Kündigungsschutz während des Mutterschaftsurlaubs.
Im Juni 2000 soll diese Konvention revidiert werden. Die Unternehmer haben dazu Vorschläge vorgelegt, die die Konvention in ihrer Substanz in Frage stellen.
Die Konvention sieht vor, dass "sowohl beschäftigte Frauen in Industriebetrieben, wie auch in nichtindustriellen und landwirtschaftlichen Betrieben, wie auch Hausangestellte" Recht auf Mutterschaftsurlaub haben. Diese Bestimmung soll nun dahingehend verändert werden, dass ein Unterzeichnerstaat "begrenzte Kategorien von Beschäftigten oder Betrieben vom Anwendungsbereich der Konvention ganz oder teilweise ausschließen kann".
Ganze Kategorien von Beschäftigten würden damit kein Recht auf Mutterschaftsurlaub mehr haben!
Dasselbe gilt für die Dauer des Mutterschaftsurlaubs. Die Konvention legt bisher fest: "Die Dauer dieses Urlaubs beträgt mindestens zwölf Wochen … In keinem Fall kann die Dauer des Urlaubs, der nach der Entbindung obligatorisch anfällt … weniger als sechs Wochen betragen." Im neuen Entwurf ist die Dauer nicht mehr fixiert, da heißt es nur: "Der Mutterschafsurlaub muss einen obligatorischen Zeitraum umfassen, dessen Dauer und Verteilung von jedem Unterzeichnerstaat festzulegen ist."
Weiter empfiehlt die neue Regelung: "Soweit möglich müssen Maßnahmen ergriffen werden, dass Frauen den Zeitpunkt, zu dem sie den nicht obligatorischen Teil des Mutterschaftsurlaubs nehmen - vor oder nach der Entbindung - frei wählen können." In Ländern mit hoher Arbeitslosigkeit gerinnt diese Wahlfreiheit zur reinen Fiktion.
Die geplante Revision öffnet die Tore auch für Kündigungen während des Mutterschaftsurlaubs. Die bisherige Konvention legt noch fest: "Es ist illegal, dass ein Unternehmer, der Beschäftigten während des Mutterschaftsurlaubs die Kündigung ausspricht." Im Revisionsentwurf heißt es: "Ein Unternehmer darf einer Frau während der Schwangerschaft nicht kündigen, es sei denn aus Motiven, die mit der Schwangerschaft, der Geburt und ihren Folgen oder der Stillzeit nichts zu tun haben."
Der Mutterschaftsurlaub wird in den verschiedenen Ländern auf sehr unterschiedliche Weise gewährt: In einigen Ländern wie Deutschland beträgt er 14 Wochen und wird mit 100% des letzten Lohns bezahlt; in Frankreich gibt es 16 Wochen und 84% des vorherigen Lohns. In Portugal gibt es 12 Wochen. Die Frauen in der Schweiz oder in Ländern des Südens haben keine Rechte.
Die Revision der Konvention verbessert ihre Lage nicht, sie führt nur zu einer Angleichung der Verhältnisse nach unten.
Der Weltmarsch der Frauen hat sich des Themas angenommen und fordert in einer Aufruf den Erhalt der ILO-Konvention Nr. 103. Seine Forderungen lauten:
Mindestens 16 Wochen Mutterschaftsurlaub; Erhalt des Urlaubs für ausnahmslos alle Kategorien von Beschäftigten, auch für Hausangestellte, Heimarbeiterinnen und Selbständige; Festhalten am absoluten Kündigungsverbot; Beibehaltung fortschrittlicherer Regelungen dort, wo sie vorhanden sind.


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