Sozialistische Zeitung |
Schlechtes Wetter - gutes Programm - gute Stimmung - gutes Essen. So ungefähr hieß es auf
manchen Postkarten des Verfassers. Und in der Tat, so lässt sich die Woche der Sommerschule in Niederösterreich auf einen
Nenner bringen, die Ende Juli stattgefunden hat und von der Sozialistischen Alternative (SOAL - österreichischen Sektion der
IV.Internationale) mit anderen Gruppierungen aus Deutschland und der Schweiz organisiert worden ist.
Zum Auftakt referierte Paul B. Kleiser über die
Privatisierungsoffensive im Zeichen des Neoliberalismus und die Antworten der Linken. Es gab viel Bedarf an Vertiefung und genauerer
Einschätzung, bspw. der Krise der sozialstaatlichen Einrichtungen, unserer Argumentation zu Verstaatlichung bzw. Sozialisierung bzw.
dezentralen gemeinwirtschaftlichen Unternehmungen.
Es schlossen sich ein Beitrag über Elemente einer sozialistischen
Utopie, genauer gesagt: einer bedürfnisorientierten, nichtkapitalistischen Ökonomie in Schriften von Ernest Mandel und Daniel
Singer, sowie ein Referat über Rätebewegung und Rätedemokratie, ausgehend von dem ersten geschichtlichen Auftreten von
Arbeiterräten in der russischen Revolution von 1905, an.
In Arbeitsgruppen wurde die Fragestellung der Gestalt und
Möglichkeit von Räten heute bzw. nach neuen revolutionären Umbrüchen und den Umrissen einer befreiten
Gesellschaft vertieft. Eine Kollegin, die in der Deutsch-Schweizer Frauengewerkschaft mitarbeitet, ging auf die Frage ein, was von der
Frauenbewegung der 70er Jahre und ihren Utopien geblieben ist, und löste eine kontroverse Debatte aus.
Den freien Tag nutzte etwa die Hälfte der Teilnehmenden, um nach
Wien zu fahren und abends an dem "Donnerstag-Wandertag" der Widerstandsbewegung gegen Schwarz-Blau teilzunehmen. Die
Bedeutung der ÖVP-FPÖ-Regierung, der Protestbewegung und des gewerkschaftlichen Aktionstags von Ende Juni wurden auf dem
Seminar ausführlich diskutiert.
Am Abschluss der kanppen Woche standen einige Kurzbeiträge
über politische Projekte in einigen Ländern Europas (Bündnis von LCR und LO in Frankreich zu den EU-Wahlen, getrenntes
Antreten zu den Kommunalwahlen 2001; ÖDP Türkei; Bündnisprojekt der radikalen Linken in Schottland, Ansätze
hierfür in London usw.; Linksblock in Portugal) sowie die Auswertung auf dem Programm, das Putzen nicht zu vergessen…
Etwa 25 waren wir - die meisten aus Wien, einige aus Graz und Innsbruck,
drei aus verschiedenen Städten der Schweiz, fünf aus der BRD (davon zwei Mitglieder des Revolutionär-Sozialistischen
Bundes [RSB], drei der VSP). Nur an den ersten Tagen konnte eine Genossin der australischen Democratic Socialist Party (DSP) teilnehmen,
die aus Österreich stammt.
An einem Abend berichtete sie über die australische Linke und
über die Solidarität mit den Volksbewegungen in Indonesien und Osttimor; über den UN-Einsatz, die Massaker und die
Losungen der Linken zu in dieser Situation gab es eine heftige Debatte.
Zu der guten Stimmung trug nicht unerheblich das ausgezeichnete Essen bei,
meistens vom Organisationssekretär der SOAL selber zubereitet.
Für das nächste Jahr ist eine umfassende Auseinandersetzung
mit dem Themenbereich Feminismus/Marxismus (als Theorien) und Frauenbefreiungsbewegung-sozialistische Bewegung ins Auge gefasst.
Außerdem soll es eine organisierte Kinderbetreuung geben.
Friedrich Dorn