Sozialistische Zeitung |
Der Außerordentliche Gewerkschaftstag der IG Medien in Bielefeld stand ganz im Zeichen der Fusion zur
"Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft" ver.di. Dennoch wurde nicht auf allgemeinpolitische Positionsbestimmungen zu aktuellen Fragen
verzichtet.
Ein Antrag des Hauptvorstandes "Gegen rechte Gewalt – für eine humane Gesellschaft –
Solidarität mit den Opfern – Gewerkschaftliches Handeln" rief die Mitglieder der IG Medien und deren Organe auf, "sich in örtlichen
und überregionalen Bündnissen gegen Fremdenfeindlichkeit zu engagieren" sowie "an antirassistischen Bündnissen und
Initiativen zu beteiligen".
Betriebs- und Personalräte sollten "ihre rechtlichen Möglichkeiten in den
Betrieben und Verwaltungen zum Schutz ausländischer Kolleginnen und Kollegen nutzen". Dieser Antrag erhielt die Unterstützung aller
Delegierten des Gewerkschaftstages.
Mit großer Mehrheit wurde ein Antrag zum "Widerstand gegen die Rentenreform"
angenommen. Die Delegierten "lehn[t]en den von der Bundesregierung vorgeschlagenen Rentenkompromiss ab" und forderten den Hauptvorstand
der IG Medien auf, sich für folgende Forderungen einzusetzen:
– Beibehaltung der paritätischen Finanzierung in der gesetzlichen Rentenversicherung;
– Absage an jede Art auch nur teilweiser Privatisierung der Altersvorsorge zu Lasten des Niveaus der
gesetzlichen Rentenversicherung;
– Aufrechterhaltung eines Nettorenteniveaus von rund 68,5% ab dem Jahre 2002; und
– Einbeziehung aller Erwerbstätigen in die gesetzliche Rentenversicherung, also auch der
Beamten und Selbständigen.
Eine Kontroverse entwickelte sich bei den beiden Anträgen aus Baden-Württemberg und
Hessen zum Ausstieg aus dem "Bündnis für Arbeit". Die baden-württembergische Landesvorsitzende Sybille Stamm und der
Hamburger Betriebsrat Martin Dieckmann analysierten die ständige Einflussnahme des "Bündnisses für Arbeit, Ausbildung und
Wettbewerbsfähigkeit" auf die Politik der Gewerkschaften.
Dabei wurde deutlich, dass nicht die abhängig Beschäftigten, Jugendlichen und
Erwerbslosen, sondern vor allem die Unternehmer davon profitierten: in der Tarifrunde 2000 ebenso wie bei der Standortdebatte. Den reichhaltigen
Argumenten zeigte sich Frank Werneke vom geschäftsführenden Hauptvorstand der IG Medien wenig aufgeschlossen. Anhand einiger – im
Verhältnis zu den negativen Auswirkungen eher belanglosen – Beispiele versuchte er nachzuweisen, dass auch Positives im Gespräch zwischen
Unternehmen, Bundesregierung und Gewerkschaften erreicht werden könne.
Das vermochte die Delegierten nicht zu überzeugen. Bei etwa einem halben Dutzend
Gegenstimmen, unter anderen von Detlef Hensche und Frank Werneke, beschlossen sie: "Die IG Medien wird im DGB, in ver.di, in den
Einzelgewerkschaften des DGB und in der Öffentlichkeit für einen sofortigen Ausstieg der Gewerkschaften aus dem Bündnis für
Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit eintreten. Die IG Medien wird sich an Veranstaltungen und Arbeitsgruppen des Bündnisses‚
nicht weiter beteiligen." Das Beschlossene muss jetzt nur noch konsequent umgesetzt werden.
Aus: Impuls – Informationen für Aktive der IG Medien, Bezirk Wiesbaden, Nr.86, 15.09.00.
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