Sozialistische Zeitung |
Vom 12. bis zum 14. September fand der 3. Außerordentliche Gewerkschaftstag der Gewerkschaft Handel, Banken und
Versicherungen (HBV) in Magdeburg statt. Auf dem Gewerkschaftstag beschlossen die Delegierten, grundsätzlich an dem Fusionsprozess zur neuen
"Dienstleistungsgewerkschaft" ver.di festzuhalten, die Entscheidung aber an die Einhaltung von für die HBV wichtigen Positionen zu
binden.
Dies betrifft insbesondere die Frage der Bezirksbildung, die Finanzierung der Ebenen und Fachbereiche
und die Tarifpolitik. Zu diesen Fragen soll es bis spätestens Juni 2000 Ergebnisse geben, die dann auf einem 3. Außerordentlichen
Gewerkschaftstag bilanziert werden sollen. Weiterhin wurde beschlossen, die programmatische Diskussion zu beginnen, die bisher im ver.di-Prozess fehlt.
Im Vorfeld des Gewerkschaftstages war bereits abzusehen, dass die zeitlichen Vorgaben kaum
einzuhalten waren. So gibt es bis heute in mehreren Landesbezirken noch keine Einigung über die Frage der Bezirksbildung. Die ÖTV hat z.B. in
Nordrhein-Westfalen insgesamt 37 Bezirke, die HBV 14. Würden die Strukturen der HBV auf die 37 Bezirke aufgeteilt, so könnten die Bereiche,
die zum Organisationsbereich der HBV gehören, nur noch in wenigen Bezirken ihre Strukturen bilden.
Als Vorgabe für die Bezirksbildung gilt aber, dass mindestens 7 von 13 Fachbereichen in einem
Bezirk ihre Strukturen bilden können. Kurz vor dem Gewerkschaftstag wurde in Nordrhein-Westfalen eine "Diskussionsempfehlung" der
Landesvorsitzenden der 5 Gewerkschaften zur Bezirksbildung den Gremien vorgelegt.
Diese beinhaltet ein Start-Ziel-Modell, nach dem mit 30 bis 33 Bezirken gestartet würde und bis
2007 die Anzahl der Bezirke auf 21 reduziert würde. Diese "Diskussionsempfehlung" stieß aber auf heftige Kritik, so dass
abzuwarten bleibt, wie weit sie Bestand haben wird. Die Punkte Finanzierung und Tarifpolitik sind hingegen für die HBV weitgehend zufriedenstellend
geregelt.
In allen Diskussionen spielte die Situation in der ÖTV eine erhebliche Rolle. Nach den
Turbulenzen, die es dort während der Sommermonate gegeben hat, muss damit gerechnet werden, dass in der ÖTV die erforderliche Mehrheit von
80% der Delegierten für die Auflösung nicht erreicht wird. Dies galt es bei der Entscheidungsfindung der HBV zu berücksichtigen.
So wurde von den fünf beteiligten Gewerkschaften ein Vier-plus-eins-Modell entwickelt. Dies
sieht vor, dass im Fall des Nichterreichens der erforderlichen Mehrheit diese Gewerkschaft einen Kooperationsvertrag mit ver.di abschließt. Ziel eines
solchen Vertrages soll es sein, diese Gewerkschaft eng an ver.di zu binden und möglichst schnell doch noch in ver.di aufzunehmen. Ob aber diese
Option für die ÖTV in Frage kommt, wird sich auf dem Gewerkschaftstag Anfang November in Leipzig herausstellen.
Aufgrund dieser Lage ist der Gewerkschaftstag der HBV unterbrochen worden, und wird erst nach dem
Gewerkschaftstag der ÖTV wieder zusammentreten, um sich mit dem Stand der ver.di-Entwicklung zu befassen.
So wurde auf dem Gewerkschaftstag noch 10 Jahre vereinigte HBV Ost und West gefeiert. Nach einem
Referat von Rudolf Hickel von der Memorandum-Gruppe zum Thema "10 Jahre Aufbau Ost" eröffnete Gerhard Bosch die programmatische
Debatte zu den Herausforderungen für eine Dienstleistungsgewerkschaft. Zur Rentenreform der Bundesregierung wurde ein eindeutig ablehnender
Antrag einstimmig angenommen, und zur Beteiligung an den Herbstaktionen aufgerufen.
Als Ergebnis bleibt festzuhalten, dass auch für die HBV die Vereinigung zu ver.di noch nicht
beschlossene Sache ist. Da werden die Ergebnisse des Gewerkschaftstages der ÖTV sicherlich ausschlaggebend sein. Weiterhin bleibt festzuhalten, dass
die HBV sich mit ihren Positionen in den verschiedenen Anträgen und im programmatischen Grundlagenpapier weiterhin wohltuend von den
Konsenspositionen anderer Gewerkschaften unterscheidet.
Helmut Born
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