Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.20 vom 28.09.2000, Seite 5

HBV und ver.di

Warten auf die ÖTV

Vom 12. bis zum 14. September fand der 3. Außerordentliche Gewerkschaftstag der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) in Magdeburg statt. Auf dem Gewerkschaftstag beschlossen die Delegierten, grundsätzlich an dem Fusionsprozess zur neuen "Dienstleistungsgewerkschaft" ver.di festzuhalten, die Entscheidung aber an die Einhaltung von für die HBV wichtigen Positionen zu binden.
Dies betrifft insbesondere die Frage der Bezirksbildung, die Finanzierung der Ebenen und Fachbereiche und die Tarifpolitik. Zu diesen Fragen soll es bis spätestens Juni 2000 Ergebnisse geben, die dann auf einem 3. Außerordentlichen Gewerkschaftstag bilanziert werden sollen. Weiterhin wurde beschlossen, die programmatische Diskussion zu beginnen, die bisher im ver.di-Prozess fehlt.
Im Vorfeld des Gewerkschaftstages war bereits abzusehen, dass die zeitlichen Vorgaben kaum einzuhalten waren. So gibt es bis heute in mehreren Landesbezirken noch keine Einigung über die Frage der Bezirksbildung. Die ÖTV hat z.B. in Nordrhein-Westfalen insgesamt 37 Bezirke, die HBV 14. Würden die Strukturen der HBV auf die 37 Bezirke aufgeteilt, so könnten die Bereiche, die zum Organisationsbereich der HBV gehören, nur noch in wenigen Bezirken ihre Strukturen bilden.
Als Vorgabe für die Bezirksbildung gilt aber, dass mindestens 7 von 13 Fachbereichen in einem Bezirk ihre Strukturen bilden können. Kurz vor dem Gewerkschaftstag wurde in Nordrhein-Westfalen eine "Diskussionsempfehlung" der Landesvorsitzenden der 5 Gewerkschaften zur Bezirksbildung den Gremien vorgelegt.
Diese beinhaltet ein Start-Ziel-Modell, nach dem mit 30 bis 33 Bezirken gestartet würde und bis 2007 die Anzahl der Bezirke auf 21 reduziert würde. Diese "Diskussionsempfehlung" stieß aber auf heftige Kritik, so dass abzuwarten bleibt, wie weit sie Bestand haben wird. Die Punkte Finanzierung und Tarifpolitik sind hingegen für die HBV weitgehend zufriedenstellend geregelt.
In allen Diskussionen spielte die Situation in der ÖTV eine erhebliche Rolle. Nach den Turbulenzen, die es dort während der Sommermonate gegeben hat, muss damit gerechnet werden, dass in der ÖTV die erforderliche Mehrheit von 80% der Delegierten für die Auflösung nicht erreicht wird. Dies galt es bei der Entscheidungsfindung der HBV zu berücksichtigen.
So wurde von den fünf beteiligten Gewerkschaften ein Vier-plus-eins-Modell entwickelt. Dies sieht vor, dass im Fall des Nichterreichens der erforderlichen Mehrheit diese Gewerkschaft einen Kooperationsvertrag mit ver.di abschließt. Ziel eines solchen Vertrages soll es sein, diese Gewerkschaft eng an ver.di zu binden und möglichst schnell doch noch in ver.di aufzunehmen. Ob aber diese Option für die ÖTV in Frage kommt, wird sich auf dem Gewerkschaftstag Anfang November in Leipzig herausstellen.
Aufgrund dieser Lage ist der Gewerkschaftstag der HBV unterbrochen worden, und wird erst nach dem Gewerkschaftstag der ÖTV wieder zusammentreten, um sich mit dem Stand der ver.di-Entwicklung zu befassen.
So wurde auf dem Gewerkschaftstag noch 10 Jahre vereinigte HBV Ost und West gefeiert. Nach einem Referat von Rudolf Hickel von der Memorandum-Gruppe zum Thema "10 Jahre Aufbau Ost" eröffnete Gerhard Bosch die programmatische Debatte zu den Herausforderungen für eine Dienstleistungsgewerkschaft. Zur Rentenreform der Bundesregierung wurde ein eindeutig ablehnender Antrag einstimmig angenommen, und zur Beteiligung an den Herbstaktionen aufgerufen.
Als Ergebnis bleibt festzuhalten, dass auch für die HBV die Vereinigung zu ver.di noch nicht beschlossene Sache ist. Da werden die Ergebnisse des Gewerkschaftstages der ÖTV sicherlich ausschlaggebend sein. Weiterhin bleibt festzuhalten, dass die HBV sich mit ihren Positionen in den verschiedenen Anträgen und im programmatischen Grundlagenpapier weiterhin wohltuend von den Konsenspositionen anderer Gewerkschaften unterscheidet.

Helmut Born

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