Sozialistische Zeitung |
Manchmal gibt es Glanzstücke der in Eigenwerbung verpackten Konkurrenzbeobachtung: So fragt z.B. die
Wochenzeitung Jungle World angesichts der jüngsten Werbekampagne des Medienwettbewerbers, "wieso es … eine antifaschistische Aktion
sein soll, die junge Welt zu abonnieren"? Die Tageszeitung wäre schließlich alles andere als antifaschistisch.
Ihr Autor Werner Pirker schreibe Antifaschismus nur noch in Anführungsstrichen, verfolge eine
"verkürzte Kapitalismuskritik", übersehe die Verantwortung der "SED mit ihrer rassistischen Ausländerpolitik"
für die heutigen Nazihorden und werfe den Antirassisten vor, mit ihrer "ständigen Denunziation deutscher Rassisten" nichts zur
Veränderung der Verhältnisse beizutragen.
Schließlich stehe Pirker nicht allein, sondern betreibe dies alles "mit Unterstützern
von der DKP und der Kommunistischen Plattform" der PDS. Und als Fazit: "Weil also auch in dieser vermeintlich linken Zeitung die
völkisch-deutsche Schicksalsgemeinschaft ihr Zuhause hat und der Rassismus auf einen natürlichen Reflex gegen den Krisenkapitalismus
reduziert wird, findet die junge Welt ihre Leser und vielleicht ihre künftigen ‚3000 Abos gegen Rechts durchaus auch in
rechtsextremen Kreisen."
Nehmen wir mal zu seinen Gunsten an, der Autor der Jungle World, Fabian Lembke, hat an der Anti-
Nazi-Demo am 7.Oktober in Berlin teilgenommen. Dann hätte er nicht nur LeserInnen wie auch MacherInnen der jungen Welt auf der richtigen Seite
sehen können. Ihm wäre vor allem das Leitmotto nicht entgangen: "Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen".
Ein bisschen wackelig formuliert, denn eine "Meinung" ist der Faschismus leider auch,
aber immerhin so deutlich, dass auch im antinationalen Dschungel klar werden müsste, dass eine "verkürzte Kapitalismuskritik"
noch kein Programm des Faschismus ausmacht.
Und eine in der Redaktionsstube festgelegte Definition von "Antifaschismus" mag zwar
den Versuch starten, die antifaschistische Bewegung nach Gut und Böse zu sortieren, wird aber weder bei Einheit noch bei Klarheit, sondern nur in
Dummheit enden.
Es gibt sicherlich originellere und in der praktischen Konsequenz fatalere Anläufe,
"Rot" mit "Schwarzbraun" gleichzusetzen. Und nicht jeder Fabian hat gleich einen Streik in Berliner Verkehrsbetrieben parat, so wie
nicht jeder Lembke gleich ein Schwarzbuch des Kommunismus auspackt.
Dafür hat die Jungle World aber, lang lebe die oral history, einen "Einzigen
Zeugen". "Auf Nachfrage per E-mail" auf was für einen Unfug, wenns denn stimmt, die Jungrechercheure im heutigen
Medienzeitalter auch kommen hätte sich der "Chef" des Kampfbunds Deutscher Sozialisten (KDS), Michael Koth, bei der Jungle
World gemeldet, und die junge Welt außerordentlich für ihren stramm deutschen Antiimperialismus und ausgewogene Artikel zum Dritten Reich
gelobt, die Jungle World stattdessen als "wirkliches Zeckenblatt" verteufelt.
Dieser Michael Koth wäre kein "harmloser (was sicherlich richtig ist) Spinner". Ob
das letztere Etikett nicht doch angemessen ist, würden wir gern noch einmal diskutieren. Der Knabe hat in den letzten Jahren Nazi-Größen
assistiert, die "Partei der Arbeit Deutschlands" und die Gesellschaft zum Studium der Dschutsche-Lehren (besser bekannt als Kim-Il-Sung-Ideen)
gegründet. Er war früher in der DDR-stalinistischen SEW, später in der maostalinistischen "KPD", machte beim
Nationalkomitee Freie DDR und beim Komitee "Freiheit für Erich Mielke" sowie im Freundeskreis der Ernst-Thälmann-
Gedenkstätte Ziegenhals mit.
Nun wird er auf einer ganzen Zeitungsseite von Jungle World unter ein Zeugenschutzprogramm
genommen. Ist das ein läppischer Wettbewerb zwischen zwei linken Kleinzeitungen wirklich wert, oder ist da jemandem beim Auf- und Abstieg von
Abozahlen nur schwindelig geworden?
Thies Gleiss
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