Sozialistische Zeitung |
Das Netzwerk sei so alt wie neue Bundesregierung, bemerkte Andreas Bachmann auf der dritten Konferenz der Initiative zur
Vernetzung der Gewerkschaftslinken. "Damals haben einige noch Hoffnung auf einen Politikwechsel gehabt", und der sei zum Teil auch
eingetreten nur in eine Richtung, die man nicht gewollt hätte, resümierte Bachmann, einer der Organisatoren der Konferenz, am letzten
Oktoberwochenende an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main.
Neben der Tarifpolitik, prekären Beschäftigungsverhältnissen und der Neufassung
des Betriebsverfassungsgesetzes beschäftigten sich die mehr als 150 Besucherinnen und Besucher der Konferenz vor allem mit der Rentenpolitik der
Bundesregierung.
An den Rentenplänen des Arbeitsministers Walter Riester werde deutlich, dass die neue
Bundesregierung anstrebe, weitergehende Projekte zum Umbau des Sozialstaats auf Kosten der Beschäftigten durchzusetzen als ihre
Vorgängerin, erklärten mehrere Teilnehmende.
Wer eine materielle Absicherung des Lebens im Alter anstrebe, dürfe nicht die paritätisch
finanzierte Altersvorsorge antasten, erklärte Irmgard Meyer vom Hauptvorstand der IG BAU, die auf der Konferenz das alternative Rentenkonzept ihrer
Gewerkschaft vorstellte.
Mehrere Teilnehmende warnten vor Plänen der Unternehmerverbände, im Anschluss an
die Demontage der Altersversorgung ebenfalls aus der paritätischen Finanzierung der Krankenversicherung auszusteigen.
"Solange sich die Gewerkschaften einbinden lassen, wird es keine Veränderung der
Politik geben", so Martin Künkler von der Koordinierungsstelle der gewerkschaftlichen Erwerbslosengruppen. Das "Bündnis
für Arbeit und Wettbewerbsfähigkeit" sei kein neutrales Gremium, unter anderem seien dort für vier Bundesländer
Modellversuche zur Einführung eines Niedriglohnsektors beschlossen worden. Auf Künklers Appell, das "Bündnis" zu
verlassen, reagierte die Mehrheit der Gewerkschafter mit lautem Beifall.
Die Abschlusserklärung nahm dieses Anliegen auf und empfiehlt eine Orientierung an dem
Beschluss des jüngsten IG Medien Gewerkschaftstags, das Bündnis mit Regierung und Unternehmern zu verlassen.
Während die Teilnehmenden über Finanzierungsmodelle alternativer Rentenkonzepte
keine Einigkeit erzielen konnten, erteilten sie der geplanten Senkung des Rentenniveaus und der Privatisierung der Altersvorsorge eine klare Absage.
Begrüßt wurde eine Initiative von Gewerkschaftern der IG Metall aus Baden-
Württemberg, die nach einer Aufklärungskampagne in den Betrieben nun "raus auf die Straße" wollen. Geplant ist eine
überbetriebliche Demonstration in Stuttgart gegen die "Rentendemontage". Die am Aktionstag im Oktober durchgeführten
Saalveranstaltungen gegen die Riesterschen Rentenpläne reichten nicht aus, sie dienten allenfalls zum "Dampf ablassen".
Auch Sabine Leidig, DGB-Kreisvorsitzende in Karlsruhe, sprach sich für "Aktionen auf
der Straße aus". Vorsichtig reagierten die Teilnehmer allerdings auf Vorschläge für eine bundesweite Großdemonstration in
Berlin. Damit diese ein Erfolg werde, müsse zuvor eine "intensive Informationskampagne" in Betrieben und auf kommunaler Ebene
geführt werden, so Leidig.
Helmut Schauer vom IG-Metall-Vorstand wandte sich gegen eine bundesweite
Großdemonstration und setzt stattdessen auf eine breit angelegte Unterschriftensammlung in den Betrieben, die nach dem Vorbild in Stuttgart in
regionale Mobilisierungen münden soll.
Damit der mit der Unterschriftensammlung verbundene Aufruf gegen die Rentenpläne der
Bundesregierung nicht nur als "Papiertiger" wahrgenommen werde, sollten "regionale Netzwerke linker Gewerkschafter" aufgebaut
werden, die auch Gegner der "rot-grünen" Rentenreform außerhalb der Gewerkschaften einbeziehen sollen, so der Hamburger HBV-
Betriebsrat Bachmann.
In ihrer Abschlusserklärung spricht sich die Konferenz ausserdem für die
Einführung einer "garantierten Mindestsicherung weit über dem Sozialhilfeniveau", gegen eine Ausweitung des
Niedriglohnsbereichs und Zwangsarbeit sowie eine Aufhebung des Arbeitsverbots für Flüchtlinge und des Asylbewerberleistungsgesetzes aus.
Gerhard Klas
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