Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.23 vom 09.11.2000, Seite 6

Erwerbslosenparlament Mecklenburg-Vorpommern

Gegen Einführung von Niedriglohn

Am 3.November traf sich zum dritten Mal seit zweijährigen Bestehen das Erwerbslosenparlament in Mecklenburg-Vorpommern. Über die Ergebnisse des Treffens, an dem 160 Delegierte teilnahmen, sprach Gerhard Klas mit Christian Köpcke, dem stellvertretenden Vorsitzenden des Arbeitslosenverbands in Mecklenburg-Vorpommern.

Gibt es mittlerweile eine gesellschaftliche Anerkennung des Erwerbslosenparlaments, die sich auch in formalen Rechten gegenüber politischen Entscheidungsträgern niederschlägt?

Wir haben die aktive Teilnahme am Bündnis für Arbeit auf Landesebene eingefordert. Das Erwerbslosenparlament setzt sich aus mehreren Vereinen und Verbänden unter Mitwirkung des DGB zusammen. Auf dieser Ebene arbeiten wir im Bündnis für Arbeit mit.

Die IG Medien sind aus dem bundesweiten Bündnis für Arbeit und Wettbewerbsfähigkeit mit der Begründung ausgestiegen, dass dieses Bündnis die Rechte von Lohnabhängigen nicht stärken würde. Wie ist die Einschätzung des Erwerbslosenparlaments in Mecklenburg-Vorpommern?

Hier im Land gibt es eine andere Situation. Alleine schon die Bereitschaft der Regierungskoalition, sich an Veranstaltungen wie dem Erwerbslosenparlament zu beteiligen — bis auf die CDU waren alle Parteien vertreten — ist ein Zeichen dafür. Der Landesarbeitsminister — Helmut Holter von der PDS — hat zu den Forderungen des Erwerbslosenparlaments Stellung genommen. Im öffentlich geförderten Beschäftigungssektor und bei den gemeinwohlorientierten Arbeitsplätzen hat sich einiges — aber noch nicht genug — getan. Der Landesvorsitzende des Arbeitslosenverbands Mecklenburg-Vorpommern hat den soge. dritten Arbeitsmarkt als einzigen Wachstumssektor bezeichnet. Deshalb müsse gemeinsam mit den Verantwortungsträgern in der Regierung an seinem Ausbau gearbeitet werden.

Ist der Öffentlich Geförderte Beschäftigungssektor auch gleichzeitig ein Einfallstor für Niedriglöhne?

Nein, bisher nicht. Allerdings müssen wir im Rahmen u.a. der ABM darauf achten, dass der Abstand zu den Tariflöhnen nicht größer wird. Aber grundsätzlich wollen wir ganz eindeutig keinen Einstieg in den Niedriglohnsektor, egal, ob er "Mainzer Modell" oder anders heißt. Wir sind strikt dagegen und haben deutlich signalisiert, dass wir uns mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen wehren müssen. Konkrete Projekte des dritten Sektors sind bei den freien Trägern der Wohlfahrtspflege und im Schulsozialbereich angesiedelt. Der Arbeitsminister hat alle Träger aufgefordert, Anträge für neue Projekte einzureichen. Dann wäre er bereit, über die möglichen Rahmenbedingungen mit den Antragstellern zu sprechen.

Das Erwerbslosenparlament misst die Regierung in Mecklenburg-Vorpommern an der Anzahl der tatsächlich geschaffenen, existenzsichernden, tariflich und sozial abgesicherten Arbeitsplätzen. Wie ist das Resultat nach zwei Jahren SPD-PDS Regierungskoalition?

Ministerpräsident Harald Ringstorff hat zwischenzeitlich einen Schlenker Richtung Wirtschaft gemacht, den wir natürlich nicht gutgeheißen haben. Doch durch die Politik der PDS im Landtag wird es in Zukunft weiterhin zu einer stabilen Zusammenarbeit mit dem Erwerbslosenparlament kommen. Die PDS hatte vor ihrem Regierungsantritt angekündigt, 5000 Arbeitsplätze im öffentlich geförderten Beschäftigungssektor zu schaffen. Dieses Ziel schien allerdings bald nach der Wahl in Vergessenheit zu geraten. Das Erwerbslosenparlament hat dann dafür gesorgt, dass es nicht ganz in der Versenkung verschwindet. Es gilt jetzt, auf dem erreichten Stand von Arbeitsplätzen aufzubauen und gleichzeitig auf die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung zu achten, damit kein Niedriglohnsektor eingeführt wird.

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