Sozialistische Zeitung |
Zwei Tage vor dem 24.Dezember setzte die Wiesbadener Filiale von McDonalds in der Mainzer Straße ihre 66
Angestellten auf die Straße. Ihnen war zum 31.Dezember gekündigt worden. Doch als der Betriebsratsvorsitzende Habtezion Ogbalidet eine Beratung mit
den Betroffenen für den 22.Dezember im Restaurant ansetzte, alarmierte die Geschäftsleitung die Polizei, die sei angeblich
"Hausfriedensbruch".
NGG-Sekretär Jürgen Hinzer nannte es "ein Lehrstück in
Demokratieabbau". Mit Transparenten und Megafon-Durchsagen demonstrierten die Betroffenen daraufhin gegen die "Blitzschließung" ihrer
Filiale.
Vorangegangen war eine heftige Auseinandersetzung mit der Gewerkschaft NGG. Der
Geschäftsführer der Betreiberfirma ANVER GmbH, Gerd Raupeter, der auch bei McDonalds Deutschland als Geschäftsführer
firmiert, behauptete, die Filiale habe Verluste in Höhe von 300.000 DM erlitten. Dem Betriebsrat wurden hierfür jedoch keine Beweise vorgelegt.
Bundesweit gibt es überhaupt nur in 60 der 1000 Buletten-Großbratereien, die
jährlich 5,6 Milliarden DM umsetzen, einen Betriebsrat. Die Wahl von Betriebsräten wird gezielt verhindert. Merkwürdigerweise hatte der
Geschäftsführer des Bundesverbands der Systemgastronomie (BDS), Thomas Heyll, noch im August in einem Schreiben erklärt, das Restaurant
werde in Kürze vollständig renoviert und umgebaut. "Das einst viertbeste McDonalds (von 1000!) soll in Zukunft wieder an seine Erfolge
zum Wohl der Mitarbeiter anschließen."
Jetzt aber behauptete derselbe Herr Heyll, dieses Restaurant habe "die meisten
Kundenbeschwerden", die "höchste Diebstahlquote" und "hohe Ersatzaufwendungen für Sachbeschädigungen durch
Mitarbeiter".
Zugleich aber rutschte Thomas Heyll, den McDonalds mit Verhandlungen über einen
"Interessenausgleich" wegen der beabsichtigten Schließung beauftragt hatte, der eigentliche Grund hierfür raus. Die Belegschaft sei
"unregierbar" geworden, die "Mainzer Straße nicht mehr in den Griff zu kriegen".
Der aktive Betriebsrat, der sich zur Wehr setzte gegen "untertarifliche Bezahlung,
Arbeitszeiten von 0 bis 24 Uhr, befristete Arbeitsverträge der überwiegend ausländischen Angestellten", wie die NGG das
Sündenregister aufzählte, hat der Filiale offenbar nicht gepasst. Die NGG vermutet deshalb nicht zu Unrecht, sie beabsichtigte in Wahrheit, die
"unregierbare Belegschaft" zu feuern, um nach einer gründlichen Renovierung der Filiale eine gefügigere ohne Betriebsrat einzustellen.
Der NGG-Geschäftsführer Peter Artzen kritisierte auf einer Pressekonferenz besonders
die bei McDonalds "oft geübte Praxis, dass gedroht wird, für ausländische Arbeitnehmer keine Arbeitserlaubnis zu beantragen,
sobald sie sich für einen Betriebsrat engagieren. Das weckt natürlich Ängste. Peter Artzen nannte dies schlicht "Rassismus".
Der Betriebsratsvorsitzende Habtezion Ogbalidet musste sich von Thomas Heyll, der für
McDonalds den Interessenausgleich verhandeln soll, sagen lassen: "Wenn ihr nicht zur Einigungsstelle kommt, schiebe ich euch alle ab!"
Als Heyll jedoch erfuhr, dass Habtezion Ogbalidet deutscher Staatsangehöriger ist und nicht
abgeschoben werden kann, entschuldigte er sich damit, dass er "ausgerastet" sei, weil der Betriebsrat für alle Beschäftigten eine
"Millionenabfindung" gefordert habe.
Der Betriebsrat wandte sich jedoch an das Arbeitsgericht, um mit einer einstweiligen
Verfügung die Kündigungen zu untersagen. Es könnten keine Kündigungen ausgesprochen werden, solange noch Verhandlungen über
einen Interessenausgleich in Gange sind. Und er hatte Erfolg!
Die Verhandlungen liefen ins Leere, entschied das Arbeitsgericht, wenn McDonalds seine
Mitarbeiter vorher entlasse. Als Eilbescheid wurde dieses Urteil dem Geschäftsführer der Wiesbadener Filiale, Peter Raupeter, vom Gerichtsvollzieher
zugestellt. Bei Nichtbeachtung droht dem Unternehmen eine Ordnungsstrafe in Höhe von 1,3 Millionen DM. Das sind immerhin 22000 DM je
Beschäftigte(n).
Die Wiesbadener SPD erklärte daraufhin, wer in Deutschland tätig sei, habe sich an den
bestehenden Gesetzen zu orientieren, wozu auch das Betriebsverfassungsgesetz zähle. Es wäre allerdings gar zu schön, wenn auch deutsche
Großkonzerne sich hieran stets halten würden.
Der Gewerkschaftssekretär Jürgen Hinzer fordert, dass die Filiale renoviert und dann
mit dem alten Team weiterbetrieben wird. In der Zwischenzeit könnten die Miarbeiter in anderen McDonalds-Filialen beschäftigt werden.
Jakob Moneta
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