Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.03 vom 31.01.2001, Seite 2

Gewerkschaften höher im Kurs

Im Auftrag des Deutschen Gewerkschaftsbundes DGB wurden von der "polis Gesellschaft für Politik und Sozialforschung mbH" Umfragen über die Beurteilung der Arbeit der Gewerkschaften durchgeführt. Sie ergeben, dass sich das "Image" der Gewerkschaften erstaunlich verbessert hat.
Waren es 1996 nur 30% der Bevölkerung, die angaben, die Arbeit der Gewerkschaften sei sehr gut oder gut, so stieg dieser Anteil im Jahre 2000 auf 48%. 1996 hielten 42% die Arbeit der Gewerkschaften für weniger gut. Im Jahre 2000 waren es nur noch 26%. Während es 1996 noch 11% waren, die sie für schlecht hielten, waren es im Jahre 2000 nur 7%. Keine Meinung dazu hatten 1996 17% und 19% im Jahre 2000.
Unter den Gewerkschaftsmitgliedern hat sich seit 1996 die Zahl derer, die die Arbeit der Gewerkschaften als "gut" bezeichneten, sogar von 45% auf 70% erhöht. Heute können sich 72% der Mitglieder nicht vorstellen, aus der Gewerkschaft auszutreten; vor vier Jahren waren es nur 58%. Die Bindung an die Gewerkschaften ist also stärker geworden.
Allgemein kritisch beurteilt wird das Bündnis für Arbeit. Mit den bisherigen Ergebnissen sind im Westen der Republik nur 27% zufrieden, im Osten gar nur 13%. Es wurde auch danach gefragt, worum sich die Gewerkschaften kümmern sollten. "Verbesserung der Arbeitsbedingungen/Schutz am Arbeitsplatz" hält die Hälfte der befragten Westdeutschen für wichtig. Vor zwei Jahren waren es nur 37%. Ein Zeichen dafür, dass sich die Arbeitsbedingungen verschlechtert haben und die Angst vor Entlassungen steigt.
Dass "Erhalt der Arbeitsplätze/Abbau der Arbeitslosigkeit" im Westen von 66% und im Osten sogar von 71% für die wichtigste Aufgabe gehalten wird, während nur 33% im Westen und 31% im Osten die "Vermeidung von Einkommenseinbußen" als wichtig nennen, weist auf die Neigung hin, Arbeitsplätze auch durch "Opfer" an Einkommen zu erhalten.
Bemerkenswert ist, dass nur 28% im Westen den "Erhalt des Sozialstaats" als Aufgabe sehen, um die sich die Gewerkschaften kümmern sollen, während es im Osten 46% sind. Die Bekämpfung "illegaler Beschäftigung" halten 54% im Westen und 85% im Osten für eine "geeignete" Maßnahme zur Verringerung der Arbeitslosigkeit. 68% im Westen versprechen sich von einer "Senkung der Lohnnebenkosten" eine Verringerung der Arbeitslosigkeit, im Osten sehen dagegen 83% in der "Rente mit 60" eine geeignete Maßnahme gegen Arbeitslosigkeit.
Ein trauriges Zeugnis für das Eindringen neoliberaler Ideologien in die Köpfe ist die Auffassung, dass Gewerkschaften "ohne Vorbedingungen" mit Unternehmen kooperieren sollten. 1998 fanden das noch 73%, inzwischen sind es 78% der Befragten. Dennoch befürworten in den neuen Bundesländern 60% Streiks und 57% die Organisation öffentlicher Demonstrationen als Ausdruck gewerkschaftlicher Macht. Im Westen allerdings befürworten nur 30% Streiks und 44% Demonstrationen.
Ist dies aber nicht auch ein Zeichen dafür, dass dort, wo die Not am größten ist —und das ist der Osten — die Schutzbedürftigkeit durch kampfbereite Gewerkschaften am stärksten ist? Die DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Käfer hat festgestellt, dass sogar in den New Economy-Firmen, die von der jüngsten Börsenfahrt gebeutelt sind, der einsetzende "Leidensdruck" die Beschäftigten nach Schutzmaßnahmen Ausschau halten läßt, auch wenn sie (noch?) nicht automatisch Betriebsräte wählen oder Gewerkschaftsmitglieder werden.
Immerhin kann die IG Metall — im Gegensatz zu den politischen Parteien, die Mitgliederverluste erleiden —, einen Zuwachs von 61489 Mitgliedern verzeichnen (ein Plus von 2,3%), und zwar sowohl bei Arbeitern als auch Angestellten, Frauen und Jugendlichen, wobei die steigenden Beitrittszahlen vor allem den Jugendlichen zu verdanken sind.

Jakob Moneta

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