Sozialistische Zeitung |
Es passieren manchmal Dinge, die sind schöner als jede Legende und treffender als die schärfste Analyse. Garantiert noch
frei vom in diesen Zeiten schon mal in Köln wütenden Jeckentum fand jüngst die Jahresversammlung der PDS-Offene Liste statt, auf der die
Abgeordneten aus Stadtrat und Bezirksparlamenten in Köln Rechenschaft vor ihren WählerInnen ablegen sollten und wollten. Dort wurde eine wirklich
nette Kurzform des langen Stückes "Die deutschen KommunistInnen im Parlament" aufgeführt. Wir sind sonst keine Freunde von
Namenswitzen (weil mensch dabei zu schnell "entgleis(s)t"...), aber weil sie hier wie die Faust auf den Polizistenhelm passen, benutzen wir die original
Straßen-, Stadtteil- und Stadtteilvertreternamen: Der PDS-Abgeordnete Weisenstein in der Bezirksvertretung im Kölner Stadtteil Nippes notiert in
seinem Rechenschaftsbericht unter 12/99: "Antrag der PDS auf Beleuchtung des Parkplatzes am ‚Nippeser Tälchen wird angenommen."
Da kommt Freude auf im düsteren Tal und mit Jesus erklären wir: "Ihr seid das
Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein." Im Kommunalwahlkampf hatte die andere Partei mit den drei Buchstaben S,
P und D noch behauptet, für sie bedeute Verkehrspolitik nicht nur Straßenneu- und -ausbau, sondern auch "Politik für den ruhenden
Verkehr". Denen hats die PDS jetzt aber gezeigt.
Es ist in diesen Tagen Mode, die Abgeordneten von heute mit der Anprangerung ihrer Taten von
1973 für die gesellschaftliche Rebellion von 1968 zu bestrafen. Die Masche ist so unlauter wie durchschaubar und beweist nur, dass die gegenwärtige
"Opposition" im Reichstag ein elendes Ensemble von niveau- und stillosen politischen Luschen ist. Bereits 1986 haben die CDU-Kämpen
Bötsch und Seiters im Auftrag ihrer Fraktion eine Kampfbroschüre verbreitet, in der "Die Kader der Grünen" an Hand von 65
Biografien führender Grüner als Abgesandte der ehemaligen K-Gruppen denunziert wurden. Was damals zum Schenkelklopfen animierte schmeckt heute
als Zweitaufguss grad so wie die Damen und Herren Verkünder aussehen.
Wir bleiben deshalb bei der reziproken Methode und werfen den Abgeordneten von damals vor, was
sie aus den politischen Rebellen von heute gemacht haben. Die Parkplatzbeleuchter und Lampenputzer vom Nippeser Tälchen haben bekanntlich
Vorläufer, die ihnen die Loipen von heute gespurt haben. Zum Beispiel die Bunte Liste im Hamburger Stadtteil Eimsbüttel, dem ersten Hort von
Kommunalpolitik der "neuen Linken" nach dem Zweiten Weltkrieg.
Dort stritten einst die Minderheitler des Kommunistischen Bundes und Befürworter von
"professioneller Parlamentsarbeit", zu ihnen gehörten so bekannte Namen wie Ebermann, Trampert und Reents, gegen die Mehrheitler. In einem
Bilanzpapier nach zwei Jahren "Bunte Liste Eimsbüttel", hieß es: "Die Wahl der beiden BuLi-Abgeordneten hat einen
Rattenschwanz weiterer von der BuLi zu besetzenden Posten in diversen Ausschüssen nach sich gezogen die ‚Parlamentsfraktion ist u.W.
derzeit in 8 Ausschüssen, 5 oder 6 Unterausschüssen und 3 Unter-Unterausschüssen vertreten. (Die Ausschussvertreter etc. werden von den BV-
Abgeordneten ernannt.) Ein Blick auf den Terminkalender zeigt, dass an ca. 15 Tagen im Monat (also an jedem zweiten Tag des Monats) irgendein Ausschuss,
Unterausschuss oder die Bezirksversammlung tagt an manchen Tagen finden auch mehrere Termine gleichzeitig statt. Samt einigen Stellvertretern,
‚Referenten und derzeit zwei ‚Fraktionssekretären bringt es die ‚Parlamentsfraktion auf mehr als 30 Personen bei einer
Ausgangsbasis von zwei Abgeordneten!"
Da auch in Köln die Ausgangsbasis ganze zwei Stadtrats- und zweieinhalb
Bezirksvertretungsabgeordnete sind, lassen wir dies kommentarlos als Menetekel aus dem Norden stehen, kündigen aber formlos an, dass wir dafür
sorgen werden, dass die nächste Demonstration gegen irgendein Übel des Kapitalismus in Köln am Parkplatz im Nippeser Tälchen beginnen
wird. Und dann werden wir eigenhändig die Beleuchtung absägen ritze, ratze, mit Geschicke, in den Lampenstiel ne Lücke.
Thies Gleiss
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