Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.03 vom 31.01.2001, Seite 14

Es werde Licht... und es ward Licht

Es passieren manchmal Dinge, die sind schöner als jede Legende und treffender als die schärfste Analyse. Garantiert noch frei vom in diesen Zeiten schon mal in Köln wütenden Jeckentum fand jüngst die Jahresversammlung der PDS-Offene Liste statt, auf der die Abgeordneten aus Stadtrat und Bezirksparlamenten in Köln Rechenschaft vor ihren WählerInnen ablegen sollten und wollten. Dort wurde eine wirklich nette Kurzform des langen Stückes "Die deutschen KommunistInnen im Parlament" aufgeführt. Wir sind sonst keine Freunde von Namenswitzen (weil mensch dabei zu schnell "entgleis(s)t"...), aber weil sie hier wie die Faust auf den Polizistenhelm passen, benutzen wir die original Straßen-, Stadtteil- und Stadtteilvertreternamen: Der PDS-Abgeordnete Weisenstein in der Bezirksvertretung im Kölner Stadtteil Nippes notiert in seinem Rechenschaftsbericht unter 12/99: "Antrag der PDS auf Beleuchtung des Parkplatzes am ‚Nippeser Tälchen‘ wird angenommen."
Da kommt Freude auf im düsteren Tal und mit Jesus erklären wir: "Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein." Im Kommunalwahlkampf hatte die andere Partei mit den drei Buchstaben S, P und D noch behauptet, für sie bedeute Verkehrspolitik nicht nur Straßenneu- und -ausbau, sondern auch "Politik für den ruhenden Verkehr". Denen hat‘s die PDS jetzt aber gezeigt.
Es ist in diesen Tagen Mode, die Abgeordneten von heute mit der Anprangerung ihrer Taten von 1973 für die gesellschaftliche Rebellion von 1968 zu bestrafen. Die Masche ist so unlauter wie durchschaubar und beweist nur, dass die gegenwärtige "Opposition" im Reichstag ein elendes Ensemble von niveau- und stillosen politischen Luschen ist. Bereits 1986 haben die CDU-Kämpen Bötsch und Seiters im Auftrag ihrer Fraktion eine Kampfbroschüre verbreitet, in der "Die Kader der Grünen" an Hand von 65 Biografien führender Grüner als Abgesandte der ehemaligen K-Gruppen denunziert wurden. Was damals zum Schenkelklopfen animierte schmeckt heute als Zweitaufguss grad so wie die Damen und Herren Verkünder aussehen.
Wir bleiben deshalb bei der reziproken Methode und werfen den Abgeordneten von damals vor, was sie aus den politischen Rebellen von heute gemacht haben. Die Parkplatzbeleuchter und Lampenputzer vom Nippeser Tälchen haben bekanntlich Vorläufer, die ihnen die Loipen von heute gespurt haben. Zum Beispiel die Bunte Liste im Hamburger Stadtteil Eimsbüttel, dem ersten Hort von Kommunalpolitik der "neuen Linken" nach dem Zweiten Weltkrieg.
Dort stritten einst die Minderheitler des Kommunistischen Bundes und Befürworter von "professioneller Parlamentsarbeit", zu ihnen gehörten so bekannte Namen wie Ebermann, Trampert und Reents, gegen die Mehrheitler. In einem Bilanzpapier nach zwei Jahren "Bunte Liste — Eimsbüttel", hieß es: "Die Wahl der beiden BuLi-Abgeordneten hat einen Rattenschwanz weiterer von der BuLi zu besetzenden Posten in diversen Ausschüssen nach sich gezogen — die ‚Parlamentsfraktion‘ ist u.W. derzeit in 8 Ausschüssen, 5 oder 6 Unterausschüssen und 3 Unter-Unterausschüssen vertreten. (Die Ausschussvertreter etc. werden von den BV- Abgeordneten ernannt.) Ein Blick auf den Terminkalender zeigt, dass an ca. 15 Tagen im Monat (also an jedem zweiten Tag des Monats) irgendein Ausschuss, Unterausschuss oder die Bezirksversammlung tagt — an manchen Tagen finden auch mehrere Termine gleichzeitig statt. Samt einigen Stellvertretern, ‚Referenten‘ und derzeit zwei ‚Fraktionssekretären‘ bringt es die ‚Parlamentsfraktion‘ auf mehr als 30 Personen — bei einer Ausgangsbasis von zwei Abgeordneten!"
Da auch in Köln die Ausgangsbasis ganze zwei Stadtrats- und zweieinhalb Bezirksvertretungsabgeordnete sind, lassen wir dies kommentarlos als Menetekel aus dem Norden stehen, kündigen aber formlos an, dass wir dafür sorgen werden, dass die nächste Demonstration gegen irgendein Übel des Kapitalismus in Köln am Parkplatz im Nippeser Tälchen beginnen wird. Und dann werden wir eigenhändig die Beleuchtung absägen — ritze, ratze, mit Geschicke, in den Lampenstiel ‘ne Lücke.

Thies Gleiss

Informationen und Meinungen sollten keine Waren sein. Und Geld ist ein Fetisch. Dennoch und ganz praktisch: Die Online-SoZ sieht nur umsonst aus. Wir brauchen Eure Euros.
Spendet steuerlich abzugsfähig!
VsP, Postbank Köln, BLZ 370100 50, Kontonummer 603 95 04


zum Anfang