Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.03 vom 31.01.2001, Seite 15

Alaska.de

Regie und Drehbuch: Esther Gronenborn; mit Jana Pallaske, Frank Droese, Toni Blume u.a. (Kinostart: 25.Januar 2001.)

Die 16-jährige Sabine (Jana Pallaske) zieht von ihrer Mutter zu ihrem Vater, der in einer Hochhaussiedlung am Rand von Berlin lebt. In welcher Umgebung sie vorher gewohnt hat, sieht der Zuschauer nicht. Zumindest gelingt es Sabine, sich schnell in der neuen Umgebung zurecht zu finden. Bereits bei ihrer Ankunft am S-Bahnhof trifft sie Eddi (Frank Droese) eine schicksalhafte Begegnung.
Etwa zur gleichen Zeit, als Sabine in ihrer neuen Heimat eintrifft, wird Micha (Toni Blume) auf Bewährung aus dem Jugendknast entlassen. Micha ist Eddis bester Freund. Die Konstellation "naives bürgerliches Mädchen gerät unter kleinkriminelle Ghettokids" ist der Ausgangspunkt des Films.
Doch es bleibt nicht bei der Kleinkriminalität. Ein Jugendlicher wird getötet. Micha und Eddi sind in die Tat verstrickt, Sabine ist Zeugin. Die beiden Jungen wissen nicht, wie sie mit der für sie "gefährlich" gewordenen Sabine umgehen sollen. Zunächst versucht Eddi es, indem er eine Liebesbeziehung zu Sabine aufbaut, bei der nie so richtig klar wird, ob er wirklich verliebt ist oder aus Opportunismus nur so tut. Micha will das Problem gewaltsam lösen und am Ende gibt es eine weitere tote Person, mit deren Tod auf Grund des Filmverlaufs niemand rechnen konnte.
Der Film arbeitet mit einigen ungewöhnlichen Perspektiven und lehnt sich in einigen Szenen an den Stil der dänischen Dogma-Gruppe an, indem er mit absichtlich verwackelten oder unscharfen Handkameraaufnahmen arbeitet. Die jugendlichen DarstellerInnen agieren in einigen Szenen zwar etwas hölzern, insgesamt aber überzeugend. Der Film versucht, eine möglichst authentische Atmosphäre herzustellen.
Inhaltlich ist der Film erfreulich unpädagogisch. Die Jugendlichen werden in ihrer eigenen Welt gezeigt. Die Erwachsenen kommen nur am Rand vor. Sie können entweder keinen Einfluss nehmen — wie die Eltern — oder sie nerven — wie die LehrerInnen und die Polizei. Dabei wird aber auch vermieden, die Welt der Jugendlichen zu idealisieren. Diese Welt ist geprägt durch eine Mischung aus Alltagsproblemen, Gewalt und der Suche nach Zuneigung, Freundschaft und Liebe. Politik spielt für diese Kids keine Rolle. So wird das — auch bei Alt-Linken — verbreitete Klischee, dass "die Jugend von heute" sowieso rechtsradikal ist, glücklicherweise auch nicht bedient.
Insgesamt ist der Film als relativ gelungener Versuch anzusehen, einen Milieustudie über die Situation von Jugendlichen zu machen, der darüber hinaus auch noch spannend ist. Der Film kommt zwar nicht an vergleichbare Werke aus anderen Ländern heran wie bspw. den französischen Film "Hass". Auch umschifft er nicht alle Klischees. So wird vor allem durch den Soundtrack ein wenig das Gefühl von "Ghettoromantik" hervorgerufen. Ansonsten ist der Film aber erfreulich nüchtern und um Realismus bemüht. Dadurch wird die "typisch deutsche" Betroffenheitsschwere zwar vermieden, ein bisschen mehr Humor hätte dem Film aber trotzdem gut getan.

Andreas Bodden

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