Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.05 vom 01.03.2001, Seite 2

Israel, die USA und der ‘Schurkenstaat‘ Irak

William Safire, ein Busenfreund von Israels Ministerpräsident Ariel Sharon, ist Mitarbeiter der New York Times. Dort drückte er seine Freude darüber aus, dass Friedensnobelpreisträger Shimon Peres "die Befriedungsbrille von den Augen fiel" und er seine Arbeitspartei in eine "Regierung des nationalen Realismus einbinden will".
Um zu erklären, was Ariel Sharon meint, wenn er sagt, er wolle "wirklich ernsthaft" mit den Palästinensern verhandeln, zitiert ihn Safire so: "Wir müssen einen anderen Weg einschlagen, mit einem anderen Plan, denn Baraks Plan ist gescheitert." Und, so Safire: "Jeder, der von Mister Sharon in einem Hubschrauber über Judäa und Samaria [so nennt er Palästina immer noch] geschleppt wurde, weiß dass er einen besonderen Plan hat. Jahrelang pflegte er Besuchern (einschließlich George W. Bush vor zwei Jahren) auf einer Landkarte zu zeigen, was er unter einem Israel versteht, das verteidigt werden kann trotz eines benachbarten Staates, der im Wesentlichen alle Palästinenser auf etwa die Hälfte der West Bank packt.
Mr. Sharon kann jetzt erfüllen, was er versprochen hat. Seine Strategie im Nahen Osten umfasst einen weiten Bereich gegenseitiger Interessen. Darum befragte ich Sharon bei einem Frühstücksgespräch, einige Tage ehe er die Vorherrschaft über den Tempelberg geltend machte [er besuchte ihn in Begleitung von 1300 israelischen Polizisten], über den Irak. ,Kein rückständiges Volk, aber ein verrücktes Land‘, bemerkte er.
Mit Plutonium aus Russland und ohne die Inspektion der Vereinten Nationen könnten Saddam Husseins Wissenschaftler schon im kommenden Jahr eine Atombombe haben. Das würde sowohl die Strategie der USA als auch die Israels tief berühren. Ich vermute", fährt Safire fort, "dass der ehemalige [israelische] Verteidigungsminister Moshe Arens [dessen Besuch in den USA angesagt war] die globale Verteidigung im Pentagon diskutieren wird. Arafats ,Intifada‘ kann eine Kopfmigräne sein; Saddams Bombe aber wäre eine existenzielle Bedrohung."
All dies wurde bereits am 13.Februar gleichzeitig mit einem Leitartikel über "Anti- Saddam-Taktiken" in der New York Times veröffentlicht. In diesem hieß es: "Im Augenblick zumindest scheinen Luftangriffe, die Saddam Hussein zwingen sollen, Inspektionen [der UNO] wieder zuzulassen, wegen des internationalen Widerstands dagegen unmöglich zu sein."
Genau das aber ist geschehen. Ebenso wie im Kosovokrieg haben die USA sich über die UNO und das Völkerrecht hinweggesetzt. Wer, wann und wie lange ein "Schurkenstaat" ist, bestimmen selbstherrlich die USA. Als Saddam Hussein die iranischen Ayatollahs mit Krieg überzog, galt er den USA als nützlicher Schurke. Nach seinem Angriff auf Kuwait — von dem ihm die befragte Botschafterin der USA in Bagdad zumindest nicht abgeraten hatte — wurde Saddam Hussein als Erzschurke mit dem Golfkrieg heimgesucht. Da aber die USA in der irakischen Opposition keinen ihnen genehmen Partner fanden, blieb der "neue Hitler" — wie ihn verblendete deutsche Linke nannten — an der Macht.
Leidtragend bleibt das Volk des Irak, das durch den Krieg und die verhängten "Strafmaßnahmen" hunderttausende Tote sowie millionenfach Elend, Hunger und Krankheit ertragen muss.
Die SPD-Grüne-Regierung in Berlin, der jetzt nachgewiesen wurde, dass sie durch Lug und Trug, unter Bruch des Grundgesetzes und des Völkerrechts zum erstenmal die Bundesrepublik im Kosovo in einem Krieg an der Seite der USA geführt hat, stellt sich wiederum an die Seite der USA, wenn diese völkerrechtswidrig den Irak bombardieren. Oder ist Außenminister Joschka Fischer durch die gegen ihn gerichteten Angriffe der CDU von den USA, deren Hilfe er sucht, erpressbar geworden?

Jakob Moneta

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