Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.06 vom 15.03.2001, Seite 4

EU — Südafrika

Proteste gegen Waffendeal

Die südafrikanische Regierung plant das größte Rüstungsgeschäft des Landes aller Zeiten. Die Bestellung umfasst drei U-Boote und vier Fregatten und geht an britische, italienische, schwedische und deutsche Firmen sowie südafrikanische Subunternehmen. Insgesamt handelt es sich um ein Auftragsvolumen von rund 14 Milliarden Mark.
Die Öffentlichkeit in Südafrika befindet sich in heller Aufregung. Eine Allianz aus dreißig Organisationen, darunter der südafrikanische Kirchenrat und der Dachverband der Nichtregierungsorganisationen, hat eine "Koalition gegen Militärausgaben" gegründet und wendet sich gegen das Rüstungsgeschäft, an denen die deutschen Unternehmen Howaldtswerke Deutsche Werft (HDW), Ferrostahl, Thyssen Nordsee Werke, Blohm & Voss und Thyssen Rheinstahl beteiligt sind. Südafrikanische Staatsanwaltschaften und Untersuchungsausschüsse ermitteln zudem wegen Schmiergeldzahlungen und Begünstigung von Firmen bei der Auftragsvergabe.
So befindet sich der ehemalige Verteidigungsminister Joe Modise, der den Waffendeal noch zu seiner Amtszeit eingefädelt hat, heute gemeinsam mit engen Vertrauten in den Geschäftsleitungen begünstigter Firmen.
Schon heute ist der Rüstungsetat Südafrikas dreimal so hoch wie die öffentlichen Ausgaben für das Gesundheitswesen. Der Militärhaushalt von derzeit knapp 3 Milliarden Mark muss beträchtlich steigen, um das neue Rüstungsgeschäft innerhalb der nächsten zehn Jahre finanzieren zu können.
Das anstehende Rüstungsgeschäft übertrifft die jährlichen Militärausgaben aller übrigen Länder Afrikas. Friedenspolitische Organisationen befürchten, dass die "Modernisierung der südafrikanischen Armee Bedrohungsängste in den Nachbarländern" auslösen und zu einem Rüstungswettlauf in der Region führen könnte.
Die südafrikanische Regierung, die dem Engagement ausländischer Investoren große Bedeutung beimisst, setzt bei dem Rüstungsdeal auf sogenannte "Kompensations- und Gegengeschäfte". Unter der Anleitung der Essener Firma Ferrostahl soll ein Spezialstahlwerk an der Ostküste Südafrikas errichtet werden. Das Volumen beläuft sich auf einen Wert von rund 35 Milliarden Mark und soll nach Auskunft der südafrikanischen Regierung 65000 Arbeitsplätze schaffen. Wirtschaftswissenschaftler zweifeln die wirtschaftliche Rationalität jedoch an, die angegebene Zahl von Arbeitsplätzen gilt als unrealistisch. Ferrostahl habe zudem Schwierigkeiten, die zugesagte Investition zu realisieren.
Auf einer Reise von Bundesaussenminister Fischer vor knapp einem Jahr sprachen sich Delegationsteilnehmer gegen das Rüstungsgeschäft aus. Doch Fischer argumentierte, das Geschäft beruhe auf einer souveränen Entscheidung der demokratisch gewählten südafrikanischen Regierung. Sie nicht zu respektieren bedeute, Südafrika zu bevormunden.
"In unseren Augen nutzt das Geschäft nur der europäischen Rüstungsindustrie und nimmt keinerlei Rücksicht auf die sozialen Realitäten Südafrikas", so Thomas Gebauer, Geschäftsführer der deutschen Nichtregierungsorganisation medico international.
Der Verhaltenskodex der Europäischen Union für Waffenexporte verbiete diese, wenn "dadurch die nachhaltige Entwicklung eines Empfängerlandes ernsthaft beeinträchtigt wird". Zudem seien Schmiergeldzahlungen sowohl nach deutschen Gesetzen wie auch nach der Antikorruptionskonvention der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) illegal und damit das ganze Geschäft hinfällig.
Das Internationale Konversionszentrum Bonn, die Gemeinsame Konferenz der Kirchen für Entwicklung und medico international fordern ein sofortiges Moratorium der deutschen Lieferungen.

Gerhard Klas

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